Bülent Ceylans Comedy live im Autokino (plus Fotogalerie)
Hupen statt klatschen: Mit zwei Auftritten von Bülent Ceylan begann in Viernheim das "Car Watch Festival"

Von Stefan Otto
Viernheim. Allerorten eröffnen Autokinos. Die kurzfristig, jedoch mit großem Aufwand eingerichteten Spielstätten erhalten die Ausgehkultur auch in Zeiten von Corona aufrecht. In Viernheim eröffnet am vergangenen Wochenende das ambitionierte "Car Watch Festival" mit gleich zwei ausverkauften Auftritten des Mannheimer Comedians Bülent Ceylan.
"Open hAir" heißt das kurzerhand auf die Beine gestellte Programm, das Ceylan auf einem öden Parkplatz des Rhein-Neckar-Zentrums insgesamt sechs Mal spielen wird. Und natürlich, wie immer, öffnet der Metal-Comedian in der schwarzen Lederjacke gleich zu Beginn der Show sein langes Haar, lässt es wirbeln, wehen und fliegen. So frei wie sein schwarz glänzender Schopf sollten auch die Menschen in aller Welt möglichst bald wieder sein, wünscht er sich. Frei von lebensbedrohlichen Viren, den Ängsten, die sie auslösen, und all den Einschränkungen, die sie erfordern. "Das ist die Hoffnung, die wir nie verlieren dürfen, dass wir uns wieder so frei bewegen können, wie wir das wollen!".
Nachdem seine im Januar erfolgreich gestartete Tour "Luschtobjekt" Mitte März unterbrochen und alle geplanten Termine vorerst in den Spätsommer und bis ins Jahr 2021 verlegt werden mussten, zeigt Ceylan sich äußerst dankbar angesichts der Möglichkeit, nun überhaupt wieder auftreten zu können. Noch nach Worms, Baden-Baden oder Rottenburg am Neckar wird diese "Open hAir"-Tour ihn führen, die je nach Corona-Lage noch um weitere Auftrittsorte ergänzt werden könnte. "Leute, ich freu’ mich auch, dass ich mal rauskomme und wieder ein bissel spielen kann", erklärt er und ergänzt im Dialekt: "Was ä kronki Nummer!".
Ein wenig wie Beethoven in seinen letzten Jahren fühle er sich angesichts der Autos, die jetzt vor ihm stehen. "Da war er taub und hat trotzdem Musik gemacht", vergleicht der musikalische Comedian, der vor ungewohnter Kulisse kaum Gelächter und Beifall zu hören vermag, weil ihm das Publikum hinter den Windschutzscheiben verborgen bleibt. Doch Ceylan kann sich auf seine mittlerweile 22-jährige Bühnenerfahrung verlassen, weiß genau, an welchen Stellen normalerweise gelacht wird, und bekommt zudem Rückmeldung in Form regelrechter Hupkonzerte, die für den gewohnten Applaus stehen. Immer wieder werden von den Zuschauern die akustischen Signale, dazu Lichthupen und Warnblinker eingesetzt, um zu demonstrieren, dass die Show gefällt. Geradezu surreal wirkt diese Szenerie, beinahe wie in den "Cars"-Kino-Animationsfilmen, in denen Autos das Sagen haben, während die Menschen keine Rolle spielen.
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Die 225 Fahrzeuge, die den 10.000 Quadratmeter großen Parkplatz füllen, stehen versetzt. Die allermeisten Insassen, bis auf jene in den Autos ganz vorne, sehen den Star des Abends dennoch nur auf der Kinoleinwand und hören ihn lediglich übers Radio. Dabei steht er gleich rechts daneben, auf einer vergleichsweise kleinen, minimalistisch ausgestatteten Bühne, auf die die Kameras ausgerichtet sind. Live ist das schon, aber ein echtes Live-Erlebnis vermag diese Form der Präsentation nicht zu ersetzen.
Ceylan spielt exakt zwei Stunden ohne Pause überwiegend Teile seines aktuellen "Luschtobjekt"-Programms. "Luschtobjekt, nicht Lutschobjekt", wie er betont, "denn dann wäre ich ja in aller Munde". Dem Thema gemäß kommt er dabei kaum eine Minute ohne sexuelle Anspielungen aus. Doch Ceylan hat sein Publikum voll im Griff, wenn er in die Rollen schlüpft, die man mit ihm verbindet: den Hausmeister "Mompfreed" Bockenauer mit "Bumbewasserzong", den einsamen Harald, Türkenproll Hasan oder die kieksende Mannheimer Pelzhändlerin Anneliese.
Seine Mitwirkung in der letztjährigen TV-Musikshow "The Masked Singer" habe sein Leben verändert, erklärt der 44-Jährige. "Die Leute wollen jetzt, dass ich auch singe." Und so stimmt der "Monnemer Türk" in "Verne" plötzlich Franz Schuberts "Winterreise" an, dann "Atemlos" von Helene Fischer, Cat Stevens, System of a Down oder Metallica und beweist, dass man im Autokino doch Stimmung machen kann.

























































