Corona macht Haushalt zur Makulatur
Gemeinderat verabschiedet "eng auf Kante genähtes" Zahlenwerk - Weitere Einsparungen beschlossen

Hardheim. (jam) "Nicht nur die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass uns aufgrund von Corona fest eingeplante Gelder im Haushalt fehlen werden", leitete Bürgermeister Volker Rohm am Montag die mehrfach verschobene Verabschiedung des Haushalts der Gemeinde ein. Zwar sind die Haushaltsplanungen aufgrund der Corona-Krise inzwischen Makulatur, wie Kämmerer Bernd Schretzmann betonte.
Dennoch war es wichtig, dass der Gemeinderat am Montag der Verabschiedung des Zahlenwerks zustimmte: Nur so bleibt die Gemeinde handlungsfähig und kann Zuweisungen des Landes abgreifen. Bis wann die vollen Auswirkungen der Corona-Krise zu beziffern sind, steht ohnehin noch in den Sternen.
Für Hardheim verschärft die Pandemie die ohnehin schon schwierige finanzielle Lage in einem Jahr, in dem ein Rückgang bei der Gewerbesteuer, die Systematik des Finanzausgleichs und die Erhöhung der Kreisumlage aufgrund der Schieflage der Neckar-Odenwald-Kliniken die Gemeinde gleichermaßen treffen. "Der Haushalt war bereits eng auf Kante genäht", so Rohm. Weil die Pandemie nun für die Hardheimer Unternehmen Einbußen bedeute, bekomme die Gemeinde diese Einschnitte im Haushalt zusätzlich deutlich zu spüren, prognostiziert der Bürgermeister.
Hintergrund
> Michael Messerer (CDU): "Niemand kann wissen, wie sich der andauernde Lockdown auf die heimische Wirtschaft auswirken wird", warnte Michael Messerer. Außerdem kritisierte er die mangelnde Unterstützung der großen Politik bei der Finanzierung kleiner Krankenhausstandorte.
> Michael Messerer (CDU): "Niemand kann wissen, wie sich der andauernde Lockdown auf die heimische Wirtschaft auswirken wird", warnte Michael Messerer. Außerdem kritisierte er die mangelnde Unterstützung der großen Politik bei der Finanzierung kleiner Krankenhausstandorte. "Vielleicht führt ja die Corona-Krise in diesem Punkt zu einem Umdenken", so seine Hoffnung. Nach einem Blick auf das Zahlenwerk des Haushalts stellte er fest: "Diese Zahlen zeigen, dass die Gemeinde im laufenden Jahr nur die dringlichsten Vorhaben umsetzen kann."
> Stefan Wolfmüller (SPD): "Zu den wichtigsten und größten Ausgaben zählen zweifelsohne diese für die Feuerwehr und unser Krankenhaus", sagte Stefan Wolfmüller für die SPD-Bürgerliste. Er freute sich, dass die Prognose für die kommenden zwei Jahre ein positives Gesamtergebnis zeige, verwies aber ebenso auf die neue "Normalsituation" während der Pandemie. "Die Auswirkungen sind für jeden Einzelnen mehr oder minder spürbar, aber die auf Wirtschaft auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene sind noch lange nicht absehbar."
> Torsten Reinhart (Freie Wähler): "Die Ausgabenseite enthält Investitionen, die notwendig sind oder sich aus den Vorjahren bereits angestaut haben, aber auch Ausgaben, die sich nicht vermeiden lassen", teilte Torsten Reinhart bei seiner Haushaltsrede für die Freien Wähler mit. Zusätzlich rechne er mit weiteren ungeplanten Ausgaben. Den Lückenschluss am Erftalradweg wertete Reinhart als weitere Attraktivitätssteigerung der Gemeinde.
> Einstimmige Verabschiedung: Die drei Gemeinderatsfraktionen stimmten dem vorliegenden Haushaltsplan am Montag zu. jam
Das ohnehin schon fragile Zahlenwerk hatte den Gemeinderat bereits vor der Krise in Nachberatungen gezwungen, die unter anderem zum Plan führten, die Hebesätze für die Grundsteuer deutlich zu erhöhen. Weil nun aber manchen Einwohnern Hardheims aufgrund der Pandemie Gehaltseinbußen oder sogar Arbeitslosigkeit drohen, hat sich das Gremium auf zunächst inoffiziellem Weg dazu entschlossen, die Erhöhung moderater zu gestalten. Damit entlastet die Gemeinde ihre Einwohner, muss aber auf Einnahmen in Höhe von rund 47.000 Euro verzichten, die dringend benötigt wären.
Dieses Geld soll nun an anderer Stelle eingespart werden: So soll zum Beispiel der Bauhof die Rampe am Notausgang der Walter-Hohmann-Sporthalle provisorisch reparieren, damit die Gemeinde die Kosten für eine Betonsanierung – immerhin 10.000 Euro – spart. Der gleiche Betrag ist zwar weiterhin für die geplante Kneipp-Anlage an der "Rakete" veranschlagt, die Gemeinde will ihre tatsächlichen Kosten aber deutlich drücken.
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Möglich wird das, weil viele heimische Unternehmen sowie Vereine und Privatpersonen ihr ehrenamtliches Engagement zugesagt haben. Ganze 20.000 Euro spart die Verwaltung, indem sie einen Antrag der Kirchengemeinde – zumindest vorerst – streicht. Diese hatte den Wunsch geäußert, für den katholischen Kindergarten ein Wasserspielgerät anzuschaffen und eine Toranlage anzubringen.
Nicht gerüttelt wird dagegen an den Haushaltsmitteln, die für die Feuerwehrabteilung Erfeld eingestellt sind. Für 80.000 Euro lässt die Gemeinde dort die Überfahrt zum Gerätehaus sanieren, die Heizung ertüchtigen und bereitet außerdem alles für die Integration der Kameraden aus Bretzingen vor, deren Abteilung sich am 30. November aufgelöst hat.

Als weitere "dicke Brocken" auf der Ausgabenseite stehen der Wiederaufbau der eingestürzten Friedhofsmauer in Erfeld (knapp 87.000 Euro), die Sanierung des Erftalhallendachs (78.000 Euro), die weiteren Arbeiten am Walter-Hohmann-Schulzentrum (173.000 Euro), der Lückenschluss des Radwegs im Erftal (105.000 Euro) sowie vor allem der Erwerb mehrerer Feuerwehrfahrzeuge für die Einsatzabteilungen Hardheimer Höhe, Gerichtstetten und Erfeld (knapp 500.000 Euro). Einige Projekte davon erstrecken sich über mehrere Haushaltsjahre.
Der "Schnitzweg" lässt Emotionen hochkochen - Inoffizieller Trampelpfad künftig nicht mehr begehbar
Weil der geplante Neubau eines Wohnhauses in der Steingasse am Erfapark den sogenannten "Schnitzweg" gefährdet, hat ein Hardheimer Bürger seinem Ärger in einer Ausschusssitzung am Montag Luft gemacht. Der Bewohner der Gartenstraße unterbrach mehrmals ohne Rederecht die Sitzung, bis Bürgermeister Volker Rohm als Hausherr den Mann schließlich der Erftalhalle verwies. Der Bauantrag selbst, den Bernhard Popp vom Bauamt dem Bau- und Umlegungsausschuss vorgestellt hatte, erhielt im neunköpfigen Gremium einstimmig grünes Licht.

Zuvor hatte Bürgermeister Rohm eingeräumt, dass der "Schnitzweg" – ein Trampelpfad durch die Gartengrundstücke zwischen Garten- und Steingasse – mit dem Bau des Wohnhauses nicht mehr begehbar ist. Daraufhin forderte der Zuhörer Klaus Sauer, der sich als "Sprachrohr der Anwohner" bezeichnete, in der Ausschusssitzung angehört zu werden, was Rohm mit Verweis auf die Geschäftsordnung für den Gemeinderat ablehnte.
Dort heißt es: "Den Vortrag im Gemeinderat hat der Vorsitzende. Er kann den Vortrag einem Beamten oder Angestellten der Gemeinde oder anderen Personen übertragen." Für Ausschusssitzungen ist ein solches Rederecht für Zuhörer nicht vorgesehen, im Gemeinderat gibt es dafür die Einwohnerfragestunde.
Nachdem Sauer die Sitzung noch zwei weitere Male unterbrochen und den Bürgermeister schließlich sogar der Lüge bezichtigt hatte, machte Rohm von seinem Hausrecht Gebrauch und forderte ihn auf, den Saal zu verlassen. Rohm zufolge hatte der Bürger bereits vor der Sitzung im Rathaus angekündigt, eine Unterschriftenaktion zu starten, um den "Schnitzweg" zu bewahren. Dabei habe Sauer behauptet, dass täglich rund 100 Leute diesen Weg nutzen.
Der stellvertretende Bauamtsleiter Bernhard Popp erklärte dem Gremium, dass auf keinem der betroffenen Grundstücke an der Steingasse ein Wegerecht eingetragen sei. Geht es nach den Plänen des Bürgermeisters, dann soll das auch so bleiben: "Nach der Vergrößerung des Erfaparks sollen die Gartengrundstücke, von denen drei Viertel gar nicht erschlossen sind, als innerörtliches Baugebiet ausgewiesen werden."
Um den Einwohnern, die den "Schnitzweg" bislang zum Beispiel für ihren Einkauf im Norma-Markt benutzt haben, entgegenzukommen, legte Popp eine Alternative vor. Er stellte in Aussicht, dass die Gemeinde benachbarte Grundstücke in der Steingasse pachten könne, um dort einen provisorischen Weg einzurichten. Der erforderliche Umweg aufgrund des Wohnhausneubaus bliebe damit überschaubar.



