Heidelberger Firma startet Tests mit Krebs-Medikament
Dietmar Hopps Biotech-Firma Apogenix will Krebs-Medikament an akut erkrankten Covid-19-Patienten testen

Von Matthias Kros
Heidelberg. Auch wenn die Entwicklung von Impfstoffen gegen das neue Coronavirus auf Hochtouren läuft, ist es doch unwahrscheinlich, dass diese schon in Kürze massenhaft verabreicht werden können. Deshalb richten sich momentan die Hoffnungen darauf, dass es schneller gelingen könnte, Medikamente zur Behandlung schwer kranker Covid-19-Patienten zu finden. Weltweit wird derzeit laut einer Erhebung des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) in Wien an 155 verschiedenen Arzneien geforscht. Eine vielversprechende Idee dabei ist, dass man Medikamente nutzen könnte, die eigentlich für andere Erkrankungen entwickelt wurden.
Einen solchen Ansatz verfolgt derzeit auch das Heidelberger Biotechnologie-Unternehmen Apogenix AG: "Wir arbeiten mit Hochdruck an der Vorbereitung klinischer Studien", erklärt Thomas Höger, Vorstandschef der Firma, die zu den Beteiligungen der Dievini Hopp BioTech Holding GmbH zählt, und damit mehrheitlich dem SAP-Mitgründer Dietmar Hopp gehört. Dievini machte erst kürzlich Schlagzeilen als Haupteigentümerin der Tübinger CureVac AG, die aussichtsreiche Forschung an einem Corona-Impfstoff betreibt und dabei sogar mit 80 Millionen Euro an EU-Mitteln unterstützt wird.
Apogenix’ Waffe im Kampf gegen Corona heißt "Asunercept" und ist eigentlich zur Behandlung von Krebspatienten gedacht. Bereits seit 2006 forschen die knapp 50 Mitarbeiter des Heidelberger Unternehmens an diesem Medikament, das auf den Schutz und eine Aktivierung des körpereigenen Immunsystems zielt, erklärt Höger. "Das ist bei Krebserkrankungen sehr wichtig, funktioniert aber auch gegen Viren".
Deshalb verspreche man sich damit nun auch, die Heilungschancen für akut an Covid-19 erkrankten Patienten zu steigern. Diese litten in der Regel an einer Lungenentzündung und einem massiv verschlechterten Blutbild. "Asunercept" habe sich bei bisherigen klinischen Studien bei Krebs-Patienten als wirksam und zugleich gut verträglich erwiesen, so Höger. Das Medikament könne somit die unter Umständen tödlich verlaufenden Komplikationen bei diesen Patienten im Zusammenhang mit Corona entscheidend abmildern, hofft der Vorstandschef.
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Entsprechende Tests an Corona-Patienten sollten bereits in Kürze zunächst an österreichischen Klinken beginnen. Dazu habe man bereits die obligatorischen Unterlagen zusammengestellt und rechne "in den nächsten Tagen mit einer Genehmigung der zuständigen Behörden und der Ethik-Kommissionen der Kliniken". Spätestens im Juni wolle man dann damit beginnen, Patienten zu rekrutieren, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung in den Krankenhäusern aufgenommen wurden. Das geschehe natürlich auf freiwilliger Basis.
Weitere Länder mit hohen Coronavirus-Sterberaten wie Spanien oder Italien könnten dann rasch folgen. Auch in Deutschland seien Tests geplant. So erhofft sich Höger ausreichend Daten darüber, was die Substanz gegen die Erkrankung genau ausrichten kann. Darauf aufbauend plane man dann eine Diskussion über eine mögliche Zulassung bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA und der US-Arzneimittelbehörde FDA. Vorteil sei dabei, dass man aufgrund der langen Zeit, in der Apogenix bereits an "Asunercept" forsche, zahlreiche Aufgabenstellungen schon im Wesentlichen abgearbeitet habe, beispielsweise den Herstellungsprozess, so der Unternehmenschef. Zudem seien die Behörden unter dem Druck der fortschreitenden Pandemie bereit, viele Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Doch erst wenn "Asunercept" seine Wirksamkeit bei Covid-19 Patienten gezeigt habe, könne man verlässliche Aussagen über einen möglichen Zulassungszeitpunkt treffen, so Höger.