Die Bürgermeisterwahl wird durchgezogen
Unsicherheit wegen der Corona-Pandemie gab den Ausschlag - Gemeinderat diskutierte auf einer Notsitzung über die Verschiebung

Von Friedemann Orths
Neckarbischofsheim. Jetzt also doch: Die anstehende Bürgermeisterwahl am 10. Mai findet trotz Corona-Pandemie statt. In einer eilig einberaumten Notgemeinderatssitzung beschloss das Gremium am gestrigen Donnerstag, die Wahl nicht zu verschieben beziehungsweise sie nicht abzusagen und die Bürgermeisterstelle nicht neu auszuschreiben. Vorausgegangen war ein Antrag der Fraktion "Aktive Liste" (AL), die die Wahl gerne auf ein späteres Datum verlegt hätte.
Noch am vergangenen Dienstagmittag war die Gemeinde laut Kämmerin Marion Adams, die die Wahl organisiert, davon ausgegangen, dass der Urnengang stattfinden muss. Am Abend verschickte das Innenministerium Baden-Württemberg dann jedoch ein Schreiben, dass die Entscheidung, ob Wahlen stattfinden können, den Gemeinden obliegt. Also stellte die Aktive Liste den Antrag, und es kam zur Notsitzung in der Aula der Grundschule.
Gerold Rossel leitete als stellvertretender Bürgermeister die Sitzung, die amtierende Bürgermeisterin Tanja Grether verfolgte das Geschehen von den Zuschauerplätzen, da sie als Bewerberin befangen ist. Dort saß auch ihr Gegenkandidat Harry Hack – in sicherem Abstand. Rossel erläuterte, dass man dem Gesundheitsamt ein Konzept vorlegen müsse, sollte man die Wahl nicht verschieben. Aus diesem soll hervorgehen, wie die Sicherheit der Urnengänger und Wahlhelfer gewährleistet werden kann. Es stehe auch schon "auf ziemlich festen Füßen". Für ihn gebe es nur einen Grund, die Wahl zu verschieben: den Infektionsschutz. Die beiden Bewerber hätten die gleichen Chancen und könnten auch anders als mit Veranstaltungen für sich Werbung machen, fand Rossel.
Zuvor wurde noch über einen zweiten Antrag der Aktiven Liste abgestimmt: Die Fraktion wollte geheim abstimmen lassen, ob die Wahl verschoben werden soll. Dieser wurde aber mit neun zu fünf Stimmen, bei zwei Enthaltungen, abgelehnt.
Auch interessant
Hans Peter Jelinek (Freie Wähler/SPD) startete dann die Diskussion. Er wollte wissen, was passiere, sollte die Wahl abgesagt werden: Grether wäre zunächst weiter im Amt, allerdings für maximal drei Monate, wusste Adams. Was danach passieren würde, sollte man bis dahin nicht neu gewählt haben, wüsste auch die Rechtsaufsicht nicht. Dass eine Wahl mehrmals verschoben würde, habe es noch nicht gegeben, sagte Rossel. Ein neuer Wahltermin wäre dann frühestens Mitte Oktober, da die Ausschreibung des Bürgermeisterpostens zwei Monate dauere, erklärte Adams. Ob sich die Corona-Situation bis dahin entspannt oder gar verschärft, wisse niemand.
Stefan Rödler (AL) war der Meinung, dass man ohne Verschiebung so tue, "als ob nix ist", dies sei das "falsche Zeichen". Zudem könne man Kosten für ein Gesundheitskonzept sparen. Das koste nur "Hirnschmalz und Arbeit", erwiderte Adams. Höhere Kosten habe man auch bei einer Verschiebung. Rödler argumentierte, dass man bei einer Verschiebung keine Nachteile habe. Michael Krieger (FW/SPD) fand eine Kandidatenvorstellung für die Bürger wichtig, er erinnerte an die Veranstaltung vor der vergangenen Wahl, da sei das Gymnasium proppenvoll gewesen, weshalb er sich für eine Verschiebung aussprach: "Ich bin für einen fairen Wahlkampf."
Andreas Bender (FW/SPD) verwies auf andere Probleme, die er aufgrund der Corona-Krise habe und befand zur Wahl: "Durchziehen!" Jelinek sagte, er habe vor der Sitzung für eine Verschiebung stimmen wollen. Nun sei ihm das "Prinzip Hoffnung", dass in ein paar Monaten alles besser liefe, "zu wenig". Wenn man ein Konzept für die Wahl am 10. Mai erstelle und die Bürger zur Briefwahl motivieren könne, sei er gegen die Verschiebung. Ruven Dotterer (CDU) sagte, er wisse aus eigener Erfahrung, wie viel Arbeit die Organisation einer Wahl für eine Verwaltung bedeute, weshalb er sich ebenfalls gegen eine Verschiebung aussprach. Heike Jacobs (CDU) meinte, dass die Pandemie "gerade erst im Aufkommen" sei: "Das wird uns noch gewaltig treffen." Es sei nicht sicher, ob die Wahl dann überhaupt noch im Oktober stattfinden kann. Sie war "definitiv nicht für Verschieben".
Zehn Stadträte stimmten schließlich gegen eine Verschiebung, sechs dafür. Anschließend wollte Thomas Seidelmann (AL) wissen, wie es jetzt weitergehe, damit eine Vorstellung beider Kandidaten möglich sei. Hier wurde laut über Online-Videos nachgedacht, und man könne den Bürgern anbieten, schriftlich Fragen an die Kandidaten zu stellen. Die Stadträte können jetzt Vorschläge an die Verwaltung richten; genaueres soll aber bei einer weiteren Sitzung, die noch in diesem Monat stattfinden könnte, entschieden werden.



