Abstimmung im Gemeinderat

Das Heidelberger Ankunftszentrum kommt wohl nach Wieblingen

Mehrheit im Fachausschuss für Standort Wolfsgärten – Heftige Debatte zwischen Grünen und "Linken" – Gäulschlag kein Thema mehr

05.03.2020 UPDATE: 10.03.2020 21:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden
Derzeit sieht alles danach aus, als würde auf den Wolfsgärten am Rand von Wieblingen das neue Ankunftszentrum gebaut. Der Stadtentwicklungsausschuss stimmte nun dafür, der Gemeinderat befasst sich am 26. März mit dem Thema. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Das Thema beschäftigt Heidelberg schon seit einigen Jahren. Doch nun bahnt sich tatsächlich eine Entscheidung im Streit um die Zukunft des Ankunftszentrums für Geflüchtete an. Im Stadtentwicklungsausschuss (Seva) des Gemeinderates stimmte am Mittwoch eine Mehrheit der Mitglieder dafür, dass die Landeseinrichtung in die Wolfsgärten bei Wieblingen zieht. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die Abstimmung im Gemeinderat am 26. März ähnlich ausgehen wird.

Dass die Debatte bald ein Ende finden dürfte, liegt vor allem an den Grünen. Die waren nämlich bislang immer skeptisch gegenüber einer Verlagerung auf die Wolfsgärten, beziehungsweise hielten sich in den vergangenen Monaten sehr zurück mit Aussagen dazu. Doch nun hat sich die größte Gemeinderatsfraktion auf eine Position festgelegt: "Wir glauben, dass auf den Wolfsgärten ohne Probleme ein menschenwürdiges Ankunftszentrum entstehen kann", erklärte Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo. Wichtig sei dafür jedoch eine zeitgemäße Architektur und eine gute Anbindung an den Nahverkehr. Für seine Fraktion sei es ein wichtiges Ziel, Patrick-Henry-Village (PHV) zum innovativen Stadtteil zu entwickeln. Und nach Rücksprache mit Experten sei man zum Schluss gekommen, "dass es nicht möglich ist, das Ankunftszentrum dort zu belassen".

Dadurch, dass auch die CDU-Fraktion fast geschlossen – ein Stadtrat will sich enthalten – sowie die "Heidelberger" und bis auf Simone Schenk die FDP-Räte für die Wolfsgärten stimmen wollen, dürfte der Vorschlag im Gemeinderat eine Mehrheit erhalten. Im Seva reichte es für einen knappen Vorsprung von neun Ja- zu sieben Nein-Stimmen.

Dass die Grünen bei diesem Thema ihre Ansicht geändert und mit den "bürgerlichen" Gruppierungen gestimmt haben, führte zu einer heftigen Debatte im Ausschuss. Kritik kam vor allem von "Linken", Bunten Linken, SPD und Grün-Alternativer Liste (GAL). Deren Stadträte sprachen sich auch am gestrigen Donnerstag wieder dafür aus, das Ankunftszentrum für Geflüchtete auf PHV zu belassen und in den dort entstehenden Stadtteil zu integrieren: "Eine Stadt der Zukunft muss auch Geflüchtete mit einplanen", forderte etwa SPD-Rat Sören Michelsburg. "Alle, die dort arbeiten, sagen, es ist ideal für sie und die Geflüchteten", fügte Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) hinzu.

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Die Fraktion der "Linken" lehnt den Standort jedoch strikt ab, dieser sei zu abgelegen und schlicht ungeeignet. "Die Wolfsgärten sind eingekeilt zwischen Autobahn und Bahntrasse und mehr für eine Autobahn-Raststätte geeignet – ein freundliches Willkommen geht anders", so die Fraktionsvorsitzende Sahra Mirow in einer Stellungnahme. Fraktionskollegin Zara Kiziltas ergänzt: "Daher setzen wir uns für eine Lösung ein, die das Ankunftszentrum auf dem PHV-Gelände belässt."

Fraktionskollege Bernd Zieger wirft zudem ein, dass bei den Wolfsgärten eine Kompensation der landwirtschaftlichen Flächen stattfinden soll. "Warum soll das nicht auch beim Gäulschlag gehen, was ja einen Kompromiss darstellen könnte?" Enttäuscht zeigt er sich vom Abstimmungsverhalten der Grünen: "Wir hoffen sehr, dass alle Parteien ihre Position bei der endgültigen Abstimmung im Gemeinderat am 26. März noch einmal überdenken."

Und vor allem "Linken"-Rätin Sahra Mirow arbeitete sich an den Grünen ab: "Hier hat ein Bruch stattgefunden." Während die "alte" Grünen-Fraktion vor den Wahlen im Mai 2019 noch gegen den "inhumanen Standort" Wolfsgärten gewesen sei, sehe es nun anders aus. "Und es ist richtig schlimm, dass dieser Standort jetzt wieder da ist."

Den Vorwurf, dass seiner Partei die humane Unterbringung der Geflüchteten nicht wichtig sei, wollte wiederum Cofie-Nunoo nicht auf sich sitzen lassen: "An unserer Einstellung zur Willkommenskultur hat sich überhaupt nichts geändert." Diese Argumentation sei eine "Instrumentalisierung von Geflüchteten". Seine Fraktion sei schlicht "so seriös, dass wir hier eine Lösung finden wollen". Und die gebe es nun mal nur auf den Wolfsgärten. Denn auf PHV verhindere man die Stadtentwicklung und der Gäulschlag sei größer und wertvoller für Landwirtschaft und Umwelt als das Wieblinger Areal.

Ohnehin spielte der Gäulschlag im Südwesten Kirchheims keine Rolle in der Debatte – und wird es wohl auch im Gemeinderat nicht mehr tun.

Update: Dienstag, 10. März 2020, 21 Uhr

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