Nach 29:29 gegen Lemgo in der Krise
In der SAP Arena reicht es gegen nur zu einem Unentschieden - Kohlbacher: "Gegen so einen Gegner müssen wir gewinnen"

Von Daniel Hund
Mannheim. Achterbahn fahren auf irgendeiner Kirmes? Momentan ist es dafür vielleicht noch einen Tick zu kalt. Am Donnerstag gab es aber eine wollig warme Alternative: die SAP Arena. Dort waren Adrenalin-Junkies bestens aufgehoben. Denn das, was die Rhein-Neckar Löwen im "Ufo" boten, war Gefühlschaos pur. Hinten gelegen, aufgeholt, geführt und doch nicht belohnt. Vor 6086 Zuschauern reichte es gegen den TBV Lemgo nur zu einem ernüchternden 29:29 (14:18). "Das ist schon sehr bitter denn gegen so einen Gegner müssen wir einfach gewinnen", sagte Löwen-Kreismann Jannik Kohlbacher, "wir zeigen momentan leider zu oft zwei Gesichter."
Personell läuft’s nach wie vor nicht rund bei den Löwen. Neben den beiden Langzeitverletzten Jesper Nielsen und Steffen Fäth fehlte auch Rückraum-Mann Romain Lagarde erneut. Und gerade einen wie ihn könnte Trainer Kristjan Andresson gut gebrauchen. Einen, der auch mal trifft, wenn es nicht so läuft, wenn Tore aus der zweiten Reihe gefragt sind.
Diesen Part sollte gestern die Dänen-Connection übernehmen: Mads Mensah Larsen und Niclas Kirkelokke begannen auf den Halbpositionen im Rückraum. Und Mensah schenkte den Gästen auch sofort mal einen ein: 1:0 (1.), Jubelstürme auf den Rängen. Die Lust darauf, endlich mal wieder eine gelbe Handball-Gala zu erleben, sie war spürbar. Doch absetzen war nicht, der Außenseiter hielt dagegen, wollte das eigentlich Unmögliche erneut möglich machen. Eben so wie im Hinspiel, als die Löwen in der Arena Lemgo einen rabenschwarzen Abend erlebten und mit 25:30 untergingen.
6:6 stand es gestern nach zwölf Minuten. Lemgo spielte es clever, nahm sich bei den eigenen Angriffen viel Zeit. Der Plan: Tempo verschleppen, die Badener bloß nicht ins Rollen kommen lassen.
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— Rhein-Neckar Löwen (@RNLoewen) February 20, 2020
Das Hauptproblem der Andresson-Sieben: Am gegnerischen Kreis fehlten im Positionsangriff einmal mehr die Ideen. Vieles war zu durchschaubar, zu leicht zu verteidigen für Lemgo, das von Minute zu Minute selbstbewusster wurde. Und wenn man sich dann doch mal etwas absetzen konnte, ging es ruckzuck wieder in die andere Richtung. So drehte Lemgo ein 6:9 (15.) in ein 13:12 (24.), führte plötzlich selbst. Andresson reagierte: Kopfschüttelnd bat er zur Auszeit. Eine schnelle Lösung sollte her – wie schon so oft in dieser Saison. Aber auch diesmal wurde sie nicht gefunden. Im Gegenteil: Es kam noch schlimmer, noch deprimierender, noch unglaublicher. So stiefelten die Löwen doch tatsächlich mit einem 14:18-Rückstand in die Kabine, begleitet von Pfiffen, von lauten Buh-Rufen.
Es musste also mal wieder eine Aufholjagd her. Wohlgemerkt gegen Lemgo, nicht gegen Kiel oder irgendein anderes Liga-Schwergewicht. Mithelfen sollte nun auch ein gewisser Uwe Gensheimer, Publikumsliebling und emotionaler Leader in einem, der zuletzt krankheitsbedingt gefehlt hatte. "Gensel" war es dann auch, der wieder die erste Führung besorgte: Die fiel spät, es war das 24:23 in der 48. Minute. Möglich machte sie aber auch ein Schwede. Nämlich Mikael Appelgren, der Löwen-Hexer. Reihenweise krallte sich "Apfel" die Bälle.
Als Gensheimer das 26:24 (53.) nachlegte, war das Happy End zum Greifen nahe. Doch es blieb aus, wieder einmal. Und auch wenn es schwer fällt, das, was sich da rings um die Löwen abspielt, kann man nur noch mit einem Wort beschreiben: Krise. Oliver Roggisch, der Sportliche Leiter, sieht es ähnlich, umschreibt es aber anders: "Das ist bitter, das tut weh, da kommen wir jetzt nur zusammen raus."
Weiter geht es für die Löwen am Sonntag im EHF-Pokal bei Liberbank Cuenca.
Stenogramm: 3:3, 6:4, 9:6, 9:9, 12:13, 14:18 (Halbzeit), 17:18, 20:22, 22:23, 24:23, 26:24, 27:27, 29:28, 29:29 (Endstand).
Löwen: Schmid 5/2, Gensheimer 3, Kirkelokke 1, Tollbring 2, Mensah Larsen 8, Groetzki 2, Petersson 2, Gislason 1, Kohlbacher 5.
Lemgo: Elisson 10/5, Kogut 1, Carlsbogard 9, Theuerkauf 4, Schagen 2, Cederholm 2, Klimek 1.



