Kirchheimer Kulturdenkmal

"Villa Kettenmann" wurde abgerissen

Bau in der Hardtstraße 42 dem Erdboden gleich gemacht - Stadträte zuletzt 2018 informiert - Firma brauche den Platz, um zukunftsfähig zu werden

14.02.2020 UPDATE: 18.02.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden
In der Denkmaltopografie hat die Villa Kettenmann einen eigenen Eintrag samt diesem Foto. Foto: zg

Von Anica Edinger

Heidelberg-Kirchheim. Sie war Kulturdenkmal, wurde als eines der wichtigsten Gebäude in ganz Kirchheim gehandelt, lag den Bürgern dort ebenso am Herzen wie den Stadträten und Bezirksbeiräten, die noch 2014 eine Initiative zum Erhalt und zur Rettung gründeten. Jetzt sind die Tage der "Villa Kettenmann" in der Kirchheimer Hardtstraße 42 gezählt. In den letzten Tagen wurde das Gebäude, das im Jahr 1904 von Zimmermeister Philipp Kettenmann gebaut wurde, komplett abgerissen.

Grünen-Stadtrat Felix Grädler machte in der letzten Gemeinderatssitzung Oberbürgermeister Eckart Würzner darauf aufmerksam. Was denn da der Sachstand sei, wollte Grädler wissen. Würzner wusste keine Antwort, versicherte aber, sich schlau zu machen.

Tatsächlich erklärte jetzt ein Stadtsprecher auf RNZ-Anfrage: "Das Thema Hardtstraße 42 dreht schon seit Jahren durch den Gemeinderat. Die Firma Rossmanith hat für ihren Betrieb Erweiterungsbedarf und möchte eine Produktionshalle auf dem östlichen Betriebsgelände errichten. Damit verbunden ist der Abbruch des Kulturdenkmals ,Hardtstraße 42‘, der zwischenzeitlich erfolgt ist."

Die Heidelberger Firma "Rossmanith Fenster + Fassade" befindet sich im Langgarten 8 – einer Parallelstraße zur Hardtstraße. Sie ist Eigentümerin des Gebäudes und meldete schon vor einigen Jahren an, expandieren zu wollen, um "zukunftsfähig zu werden". Allerdings würde der Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes auf dem Betriebsgelände "eine notwendige Erweiterung des Betriebes wesentlich erschweren".

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In Kooperation mit dem Landesdenkmalamt habe man das Ansinnen der Firma also in einem "langwierigen Verfahren", so der Stadtsprecher, geprüft – und letztlich dem Abbruch zustimmen müssen. "Das Genehmigungsverfahren und die Baustellenplanung ist nun soweit fortgeschritten, dass mit dem Neubau in Kürze begonnen werden kann", heißt es aus dem Rathaus.

Die städtischen Gremien seien zu dem ganzen Vorgang mehrfach – nämlich seit 2014 – unterrichtet worden. Zuletzt wollte die ehemalige SPD-Stadträtin Irmtraut Spinnler, die im Jahr 2014 eine der Initiatorinnen zur Rettung der Villa Kettenmann war, am 28. Juni 2018 in der Fragezeit des Gemeinderats wissen: "Wie ist nun der Sachstand des Wohnhauses Villa Kettenmann? Welche Auflagen wurden dem Besitzer erteilt? Wann ist mit einer Sanierung des Denkmals zu rechnen?" Schon damals machte die Stadtverwaltung den Gemeinderäten nicht viel Hoffnung auf Chancen, das Kulturdenkmal zu erhalten.

Man müsse alle Belange in Kombination betrachten: Also den kulturhistorischen Wert des Denkmals, die Wirtschaftlichkeit und im Falle der "Villa Kettenmann" eben auch "betriebliche Belange des mittelständischen Betriebes", antwortete die Stadt der Stadträtin Spinner schriftlich.

Diese Prüfung habe ergeben, dass die "Villa Kettenmann" kulturhistorisch nicht von besonderem Wert sei. "Die Verwaltung geht nach Prüfung momentan davon aus, dass in diesem Einzelfall das betriebliche Interesse das öffentliche Interesse am Erhalt des Gebäudes überwiegt. Das Landesamt für Denkmalpflege hat in Aussicht gestellt, das Benehmen zu diesem Vorgehen zu erteilen", heißt es deshalb 2018 in der Antwort der Verwaltung.

In der Denkmaltopografie der Bundesrepublik, in der Ausgabe "Stadtkreis Heidelberg", haben die Landesdenkmalpfleger die Villa noch als landschaftsprägend beschrieben. Das im Wohnhausbau um 1900 häufig anzutreffende ornamentale Zierfachwerk habe es dem Bauherrn gestattet, die "Handwerkskunst seines Zimmerbetriebs anschaulich zu machen". Entsprechend dem Zeitgeschmack würden der Eckerker und ein flacher Risalit zur Straßenfront dem ansonsten eher blockhaften Baukörper einen "pittoresken Akzent" verleihen.

Ort des Geschehens

Dementsprechend bedauernswert findet auch Stadtrat Grädler, der in Kirchheim aufgewachsen ist, den Abriss. Zumal die Stadträte seit 2018 über diesen Vorgang überhaupt nicht mehr informiert worden seien.

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