Sanierung der Salierbrücke

Die Behörde erklärt und der Saal lacht

Emotionale Bürger-Info zur verlängerten Sanierung der Salierbrücke

31.01.2020 UPDATE: 01.02.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden
Die Ampel an der Salierbrücke steht noch bis Frühjahr 2022 auf Rot. Foto: Gerold

Von Harald Berlinghof

Speyer/Hockenheim. Rund 350 interessierte Bürger sind zu einer Informationsveranstaltung des Regierungspräsidiums Karlsruhe (RP) in die Speyrer Stadthalle gekommen. Es geht um die Sanierung der Salierbrücke, die rund ein Jahr länger, also bis ins Frühjahr 2022 dauern wird. Ihre kritischen Fragen drehen sich um angeblich unzureichende Vorplanungen und um fehlende Fachkräfte, um aus Sicht der Bürger zu wenige Arbeiter auf der Baustelle und um den Neubau einer Brücke. Die Atmosphäre ist angespannt. Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder (CDU) legt gleich in ihrer Begrüßung los.

Hintergrund

Die rund 600 Meter lange Salierbrücke verbindet bei Speyer die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Täglich überqueren auf ihr mehr als 20 000 Fahrzeuge den Rhein. Auf Resten einer Eisenbahnbrücke war die etwa 10 Meter hohe und 14 Meter breite

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Die rund 600 Meter lange Salierbrücke verbindet bei Speyer die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Täglich überqueren auf ihr mehr als 20 000 Fahrzeuge den Rhein. Auf Resten einer Eisenbahnbrücke war die etwa 10 Meter hohe und 14 Meter breite Verbindung 1954/55 errichtet worden. Der Name stammt vom Adelsgeschlecht der Salier, die im 10. bis 12. Jahrhundert auch um Speyer siedelten. Zur Fahrbahnsanierung war die Brücke im Sommer 1977 komplett gesperrt worden. Nun ist eine umfassende Sanierung nötig. Baulich besteht sie aus zwei Elementen mit unterschiedlichem Tragwerk: der Strombrücke aus Stahl und der Vorlandbrücke aus Beton. (dpa)

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"Ich habe großes Verständnis dafür, dass Ihr Hauptinteresse in einer schnellen Beendigung der Sanierungsmaßnahme der Salierbrücke liegt. Ich habe jedoch kein Verständnis dafür, wenn Mitarbeiter meines Hauses und die vor Ort tätigen Bauarbeiter neben den erschwerten Arbeitsbedingungen im Freien auch noch teilweise persönlichen und diffamierenden Verbalattacken ausgesetzt sind. Ich bitte deshalb um einen fairen Umgang miteinander." Den Werkzeugkoffer eines Arbeiters habe sogar jemand in den Rhein geworfen. Als bei diesem Detail im Saal Gelächter laut wird, ergänzt die Regierungspräsidentin: "Ich kann darüber überhaupt nicht lachen".

Warum man nicht einfach eine neue Brücke neben der bisherigen gebaut habe, will ein Bürger wissen. "Dann wäre uns die Sperrung doch erspart geblieben", glaubt der Besucher. "Nein, eben nicht", reagiert Michael Lumpp, Leiter des Baureferats Nord im RP.

Die Planungen einer neuen Brücke mit neuen Auffahrtrampen auf beiden Seiten der Brücke, mit Aufnahme in den sogenannten vordringlichen Bedarf beim Bundesverkehrsministerium und der notwendigen Öffentlichkeitsbeteiligung würden rund 20 Jahre dauern, betont er. In dieser Zeit hätte man die Salierbrücke aus statischen Gründen zunehmend entlasten müssen. Mit allen notwendigen Einschränkungen. Bis hin zur Komplettsperrung.

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Hintergrund

Speyer. (hab) Die Städte Speyer und Hockenheim sowie die umliegenden Gemeinden haben unter der Sanierung der Salierbrücke auch wirtschaftlich zu leiden. Der Schaden ist für Unternehmen und Geschäfte aber unterschiedlich hoch.

Bei den Umsatzrückgängen reiche das

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Speyer. (hab) Die Städte Speyer und Hockenheim sowie die umliegenden Gemeinden haben unter der Sanierung der Salierbrücke auch wirtschaftlich zu leiden. Der Schaden ist für Unternehmen und Geschäfte aber unterschiedlich hoch.

Bei den Umsatzrückgängen reiche das Spektrum von "gar kein Rückgang" bis zu "erheblichem Rückgang", erklärt man bei der IHK-Pfalz. Besonders betroffen seien demnach Händler, deren Kundschaft teilweise auf der jeweils anderen Rheinseite lebt. In Hockenheim sollen 250 Unternehmen aus dem Gewerbegebiet Talhaus von der Brückensperrung betroffen sein. 5800 Einpendler kommen täglich nach Hockenheim zur Arbeit, 7200 Auspendler verlassen die Rennstadt, um an ihren Arbeitsort zu gelangen. In Speyer sollen einzelne Geschäfte und Unternehmen mit Umsatzeinbußen von bis zu 25 Prozent zu kämpfen haben, wie die Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) erklärt. Es soll Einzelhändler in Speyer geben, die mit Rabattaktionen Kunden aus Baden-Württemberg zu einer Fahrt über den Rhein animieren möchten.

Zusätzlich finanzieren Speyer und die betroffenen Gemeinden auf baden-württembergischer Seite den Shuttle-Bus, der über die Brücke fahren darf und Pendler sowie Schüler transportiert. "Die Verlängerung der Sanierung bedeutet für uns als Stadt auch eine einjährige Verlängerung dieser finanziellen Belastung. Wir fordern deshalb beide Länder auf, uns in dieser Sache zu unterstützen", so Seiler. Auch ein zeitlich optimiertes Shuttle-Angebot erfordere zusätzliches Geld. Bei der für die Brückensanierung verantwortlichen Behörde gibt man sich an dieser Stelle allerdings zugeknöpft: "Die Kosten für den Shuttle-Bus haben die betroffenen Kommunen übernommen. Dafür sind wir nicht zuständig", so die Karlsruher Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder (CDU).

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Auch die Kosten für eine solche neue Brücke sprechen für die Sanierung. Auch wenn diese durch die Verzögerungen wohl mindestens um ein Drittel teurer und jetzt mit rund 16,7 Millionen Euro kalkuliert werde, wie Lumpp sagt. Eine neue Brücke würde dagegen Kosten im dreistelligen Millionenbereich verursachen.

Trotzdem, so Walter Katzik, Referatsleiter Ingenieurbau im RP, müsse man sich Gedanken darüber machen, denn die Salierbrücke werde auch nach der Sanierung nur noch eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren haben. Es wäre daher aus seiner Sicht sinnvoll, die Planungen für eine neue Rheinbrücke bald in die Wege zu leiten. "Das ist aber primär eine politische Entscheidung", betont er.

Der Fund von PCB einen Monat nach Beginn der Sanierung sei völlig überraschend gekommen. Man habe die Bausubstanz auf alle möglichen Stoffe in der Vorplanungsphase untersuchen lassen, aber nicht auf PCB, weil das in keiner einzigen Brücke, die man in den letzten Jahrzehnten saniert habe, vorgekommen sei.

Auch der Vorwurf aus dem Publikum, dass man nicht intensiv genug nach hoch qualifizierten Schweißern gesucht habe, will Katzik nicht auf sich sitzen lassen: "Wir und die Mitarbeiter des Generalunternehmers BWT Rhein-Neckar haben uns die Finger wund gewählt, um diese Fachkräfte zu finden", erklärt er. Inzwischen habe man einige zusätzlich eingesetzt. Er verspricht, dass man alles tun werde, um die Sanierungsphase so schnell wie möglich zu beenden. Gelächter zeigt, dass man ihn nicht ganz ernst nimmt im Saal. "Ich kann, ehrlich gesagt, überhaupt nicht verstehen, dass hier unterschwellig dauernd unterstellt wird, wir würden uns nicht bemühen, die Salierbrücke so schnell wie möglich zu sanieren. Wir tun unser möglichstes, um die Sperrung so schnell wie möglich zu beenden", beteuert er.

Spontanen Applaus, gemischt mit Gelächter, erntet gegen Ende der mehrstündigen Veranstaltung ein Besucher, der den Pendlerstau auf der Ausweichroute über die Brücke der A 61 als "vorsätzliche Freiheitsberaubung" empfindet. Hier stehe er täglich, und es gehe nicht voran.

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