Hochstraße Süd noch maroder - Sperrung für Straßenbahnen (Update)
Die Stadtspitze in Ludwigshafen greift nach den neuesten Untersuchungen durch - Nur Rückbau möglich

Ludwigshafen. (mün) Es wird alles noch schlimmer. Seit Ende August ist in Ludwigshafen die Hochstraße Süd in weiten Teilen für den Autoverkehr gesperrt. Autofahrer kommen nicht mehr über die Konrad-Adenauer-Brücke nach Mannheim. Jetzt ist davon auch der Straßenbahnverkehr betroffen.
Weil die Stadtbahnen nicht mehr unter der Hochstraße hindurch und dann auf die alte Rheinbrücke fahren dürfen, wird sich das Verkehrschaos noch verschärfen. Es wird auf dem Nadelöhr Kurt-Schumacher-Brücke noch enger.
Immerhin: Der S-Bahn-Verkehr ist von der erweiterten Sperrung nicht betroffen. Die Station LU-Mitte bleibt geöffnet und die S-Bahnen verkehren weiterhin über ihren Teil der Hochstraße und die Konrad-Adenauer-Brücke.
Bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag gaben die Ludwigshafener Stadtspitze und die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) bekannt, dass sie aus Sicherheitsgründen zwei Straßen und Plätze unterhalb der Pilzkonstruktion der Hochstraße sperren. Deswegen dürfen auf der Strecke vom Berliner Platz zur Mundenheimer Straße auch keine Straßenbahnen mehr verkehren.
Der Grund: Die Fachleute haben ernste Zweifel, ob die Brückenkonstruktion noch ihr Eigengewicht weiter tragen kann. Im Volksmund nennt man das: Einsturzgefahr. Deshalb ist unter der "Pilzhochstraße", wie sie in der Rathaus-Mitteilung genannt wird, auch das Parken ab sofort verboten. Es sei möglich, dass sich Betonteile lösten.
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Für die Anwohner in ihren Häusern soll keine Gefahr bestehen. Von der Sperrung ist auch eine Diskothek im Faktorhaus betroffen, die wegen des Wegfalls von Flucht- und Rettungswegen bis auf Weiteres nicht betrieben werden darf.
Eine Sanierung der Hochstraße Süd sei nicht möglich, es laufe auf den Rückbau hinaus, heißt es aus dem Rathaus. Erste Überlegungen, wie es weitergehen könne und welche Alternativen für die Zukunft denkbar seien, würden dem Stadtrat voraussichtlich am 9. Dezember vorgelegt.
Für den Verkehr bedeutet das: Die Straßenbahnlinien müssen über die nördliche Rheinbrücke zum Mannheimer Hauptbahnhof und Paradeplatz ausweichen. Sie sollen zukünftig über die jüngere Kurt-Schumacher-Brücke fahren, die jetzt schon den kompletten Autoverkehr aufnehmen muss. Straßenbahnen innerhalb von Ludwigshafen, die über den Berliner Platz in die südlichen Stadtteile fahren, kommen nicht weiter. Aus dem Berliner Platz wird eine reine Bushaltestelle, Straßenbahnen werden hier nicht mehr fahren.
> Diese Änderungen bei den Straßenbahnen und Bussen gelten laut RNV ab sofort (Freitag, 22. November 2019, 16.30 Uhr):
> Stadtbahn-Linie 4/4A (Rhein-Hardt-Bahn)
Die Straßenbahn fährt von Bad Dürkheim kommende nach dem Hauptbahnhof LU über die Kaiser-Wilhelm-Straße. Hier biegt sie am zum Rathaus LU und weiter zur Kurt-Schumacher-Brücke. In Mannheim geht es über den Paradeplatz zum Schloss bis Hauptbahnhof; ab dort fährt die Bahn die reguläre Strecke Richtung Waldfriedhof/Käfertaler Wald und wieder zurück.
>S-Bahn-Verkehr: Alle Züge der Linie 1 halten ab Montag (25.11.) auch in den Ludwigshafener Stadtteilen Mundenheim und Rheingönheim. Damit wolle man eine Alternative zu den Straßenbahnlinien bieten. Durch die Extra-Stopps könne es zu Verspätungen im S-Bahn-Verkehr kommen.
> Stadtbahn-Linie 6/6A
Rheingönheim – Wittelsbachplatz; ab hier Umleitung durch die Berliner Straße über die Haltestellen Pfalzbau und Kaiser-Wilhelm-Straße bis Ludwigstraße; ab hier weiter auf dem regulären Fahrweg Richtung Neuostheim/SAP Arena und zurück.
> Trennung der Stadtbahn-Linie 7
Linie 7 Ludwigshafen:
Oppau – BASF – LU Rathaus – Ludwigstraße, ab hier Umleitung und ab Kaiser-Wilhelm-Straße; weiter als Linie 10 über LU Hauptbahnhof zum Ebertpark und zurück.
Linie 7 Mannheim
Vogelstang – Nationaltheater – Gewerkschaftshaus – Marktplatz – Paradeplatz – Schloss; ab hier Umleitung über MA Hauptbahnhof – Kunsthalle – Wasserturm – Paradeplatz (Steig C in den Planken); ab hier weiter auf regulärem Fahrweg Richtung Vogelstang.
> Stadtbahn-Linie 8
verkehrt nur in Mannheim zwischen Rheinau und MA Hauptbahnhof
> Stadtbahn-Linie 9
Die Straßenbahn fährt von Bad Dürkheim kommende nach dem Hauptbahnhof LU über die Kaiser-Wilhelm-Straße. Hier biegt sie am zum Rathaus LU und weiter zur Kurt-Schumacher-Brücke. In Mannheim geht es über den Paradeplatz zum Schloss bis Hauptbahnhof; ab dort reguläre Strecke Richtung Luisenpark/Technoseum
> Stadtbahn-Linie 10
Keine Bedienung zwischen Luitpoldhafen und Berliner Platz. Zwischen Kaiser-Wilhelm-Straße und Ebertpark bitte Fahrten der umgeleiteten Linie 7 nutzen.
> Bus-Linie 74/94
Ab Haltestelle Halberg Umleitung über Yorckstraße und Rheinuferstraße
> Bus-Linie 76, 77, 97
Haltestelle Walzmühle Richtung Maudach/Parkinsel/Pfingstweide entfällt
Update: 24. November 2019, 17.15 Uhr
Von Harald Berlinghof
Ludwigshafen. Auch das noch: Die Hochstraße Süd ist so marode, dass weitreichende Sperrungen notwendig werden. Konkret wird der Bereich unter einem Teilstück der Rheinbrücke – die sogenannte Pilzhochstraße – inklusive zweier unterhalb der Hochstraße verlaufender Straßen dicht gemacht. Das teilten Vertreter der Chemiestadt bei einem kurzfristig angesetzten Pressegespräch am Freitagnachmittag mit.
Gutachter hatten zuvor mehrere Wochen lang die Statik der Konstruktion überprüft. Am Vormittag teilten sie der Stadtverwaltung mit: Die Pilzhochstraße ist nicht mehr standsicher. Die Experten können nicht einmal mehr garantieren, dass sie nicht einstürzen könnte. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck reagierte sofort. Betroffen ist der motorisierte, aber auch der öffentliche Nahverkehr.
So müssen mehrere Tram- und Buslinien beidseitig der Hochstraße unterbrochen werden, einzelne Fahrtzeiten werden wegen Umleitungen länger, Straßenbahnen verkehren teils über eine andere Rheinbrücke.
Hintergrund
Scheuer will erst Fakten und Zahlen
Der Bund wird den Abriss der Hochstraße Nord in Ludwigshafen und den anschließenden Neubau einer ebenerdigen, 660 Meter langen Stadtstraße mit 154,2 Millionen Euro unterstützen. Mehr ist nicht zu erwarten, zumindest
Scheuer will erst Fakten und Zahlen
Der Bund wird den Abriss der Hochstraße Nord in Ludwigshafen und den anschließenden Neubau einer ebenerdigen, 660 Meter langen Stadtstraße mit 154,2 Millionen Euro unterstützen. Mehr ist nicht zu erwarten, zumindest vorläufig nicht. Wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) jetzt unserem Berliner Büro auf Nachfrage sagte, handle es sich bei dem bereits vor zwei Jahren zugesagten Zuschuss um einen Festbetrag nach dem Fernstraßengesetz. "Für mögliche Mehrkosten hat die Stadt Ludwigshafen beziehungsweise das Land Rheinland-Pfalz einzustehen."
Noch vor zweieinhalb Jahren hatte die Chemie-Metropole das Investitionsvolumen auf rund 290 Millionen Euro beziffert. Neben dem Bund hat auch das Land Rheinland-Pfalz eine Förderung zugebilligt: 80 Millionen Euro sollen von Mainz nach Ludwigshafen fließen. Der Rest bliebe an der hochverschuldeten Stadt hängen. Und das könnte noch sehr teuer werden. Der frühere Kämmerer Dieter Feid (SPD) ging zuletzt von Kosten in Höhe von 432 Millionen Euro aus – die je nach Preisanstieg für Handwerker und Materialien auf 529 Millionen Euro ansteigen könnten. Scheuer sagte der RNZ, eine Erhöhung der Bundesförderung müsste auf Grundlage aktueller Kosten erneut geprüft und mit dem Bundesfinanzministerium abgestimmt werden. Ursprünglich war geplant, dass der Verkehr während der achtjährigen Bauzeit über die Hochstraße Süd rollt. Diese ist jedoch so marode, dass auch hier Abriss und Neubau unausweichlich sind (s. Artikel rechts). Deshalb hat die Nordtrasse Vorrang. "Da sind wir im Plan, die vorbereitenden Arbeiten laufen schon", sagte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) kürzlich im RNZ-Interview.
Am 9. Dezember will sie den Stadtrat informieren. Zuschussverhandlungen mit Bund und Land waren schon vor der Hiobsbotschaft am Freitag angelaufen. Steinruck war gegenüber der RNZ sicher: "An der Finanzierung wird es nicht scheitern." Scheuer drückte sich vorsichtiger aus: "Ob auch bei der Hochstraße Süd eine Zuweisung durch den Bund in Frage käme, kann derzeit nicht beantwortet werden", sagte er. Zu diesem Zeitpunkt liefen die statischen Untersuchungen noch. (her/alb)
Die Haltestelle Berliner Platz kann nach Angaben der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) bis auf Weiteres nicht mehr angefahren werden. Für Fahrgäste, die nach Mannheim kommen wollen, verweist das Unternehmen auch auf die S-Bahn, deren Haltepunkt offen bleibt. Inzwischen hat die RNV bereits auf ihrer Internetseite die geänderten Fahrpläne ins Netz gestellt.
"Man kann nicht mehr ausschließen, dass Betonteile von der Brücke herunter fallen", sagte Steinruck. Alle noch verbliebenen Parkplätze unter der Hochstraße werden deshalb gesperrt. Nur noch bis Mittwoch können Straßenbahnen vereinzelt und erst nach Freigabe der Gutachter unter der Brücke hindurchfahren, danach ist auch dieser Weg gesperrt. Eine Großdisco im Faktorhaus, deren Fluchtwege unter die Pilzhochstraße führen, muss auf Anordnung der Verwaltung ihre Pforten schließen.
Seit dem 22. August ist die Hochstraße Süd für den Verkehr gesperrt. Bislang war eine Querung unter der Rheinbrücke über die Mundenheimer und die Berliner Straße möglich. Die statischen Defizite, die Experten jetzt festgestellt haben, lassen dies jedoch nicht mehr zu. Die Gutachter diagnostizierten dass die Tragreserven der Brücke aufgebraucht sind und an einigen Stellen sogar die Statik überschreiten.
"Sicherheit geht vor"
"Auch das hatten wir untersuchen lassen", so Steinruck. "Es tut mir unendlich leid, dass ich das den Menschen zumuten muss. Aber die Sicherheit und Menschenleben gehen vor", sagte sie. "Bei allen Einsturzszenarien, die wir untersucht haben, wären die benachbarten Wohnhäuser zum Glück nicht betroffen", erklärte die Oberbürgermeisterin weiter.
Aufgrund der Untersuchung ist die Stadtverwaltung überzeugt, dass ein Neubau der Südtrasse unumgänglich ist. Jedoch muss das Planungsverfahren für ein solches Bauwerk bestimmten Regeln folgen. Zum Beispiel müssen die Bürger gehört werden. "Das ist ein Teil unserer Demokratie. Daher müssen wir uns darauf einrichten, dass es zwölf bis 15 Jahre bis zur Fertigstellung dauern kann", sagte Steinruck.
Über die Kosten für ein solches Projekt konnte sie bei der Pressekonferenz am Freitag nichts sagen. Man habe sich erkundigt, ob in der Situation, in der sich Ludwigshafen und die Metropolregion befinden, ein beschleunigtes Sonderverfahren möglich ist. Und eine Absage erhalten. Solche Ausnahmen ließe das Gesetz nicht zu.
Steinruck will am 9. Dezember den Stadtrat informieren und dem Gremium Alternativen zur weiteren Vorgehensweise vorlegen. Es laufen auch Gespräche mit Fachleuten, ob man die Straßenquerungen unter der Pilzstraße nicht zusätzlich abstützen könne, damit der Verkehr weiter rollen kann. Die gute Nachricht für alle Nutzer der Konrad-Adenauer-Brücke in Richtung Mannheim: Die Auffahrt von Süden her kommend über die Mundenheimer und die Yorckstraße kann auch weiterhin genutzt werden.
Der Mannheimer Oberbürgermeister zeigte sich auf Anfrage der RNZ überrascht von den erneuten Sperrungen. Die RNV habe aber bereits eine Reihe verschiedener Szenarien durchgespielt, sodass schnell auf die neue Situation reagiert werden könne. "Wir müssen darauf setzen, dass die Teile der Hochstraße Süd, unter denen die Bahnen queren, so schnell wie möglich abgerissen werden können. Nur so kann der öffentliche Nahverkehr seine Entlastungsfunktion wieder voll übernehmen.
Update: 22. November 2019, 20.25 Uhr