Koschinat giftet gegen Videobeweis
"Es macht keinen Spaß mehr" - DFB-Vize Ronny Zimmermann widerspricht

Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Als sie vom Spielfeld gingen, wurde das Schiedsrichter-Gespann gnadenlos ausgepfiffen. Uwe Koschinat ließ schon vor der Pressekonferenz Dampf ab. "Dann können wir gleich aufhören, Fußball zu spielen", giftete der Trainer des SV Sandhausen nach dem 2:2 am Samstag gegen Aue. Auf die Palme brachte den 48-jährigen Fußballlehrer die Art und Weise, wie der Ausgleich für den FC Erzgebirge zustande kam.
Die Situation schien 13 Minuten vor Schluss schon bereinigt, Torwart Martin Fraisl wollte den Ball abschlagen, als der Schiedsrichter einen Hinweis aus dem Videokeller in Köln bekam. Christof Günsch lief zum Bildschirm an der Seitenlinie, schaute kurz und entschied auf Elfmeter gegen Sandhausen. Pascal Testroet schickte Fraisl in die falsche Ecke - nichts sprach zu diesem Zeitpunkt für das 2:2.
"Ein berechtigter Strafstoß", fand Gäste-Trainer Dirk Schuster. Koschinat mochte nicht widersprechen, meinte aber, dass das erste Urteil des Schiedsrichters hätte entscheidend sein müssen. In der unübersichtlichen Situation bekam der hinter Philipp Zulechner stehende Denis Linsmayer den Ball an die Hand. Maßgeblich war wohl, dass er dabei eine Handbewegung machte.
Einig waren sich die Trainer auch darin, dass der Videobeweis den Fußball verändert - und zwar nicht zum Guten. Schuster: "Man weiß nicht, ob man sich freuen kann oder ärgern muss. So macht es keinen Spaß mehr."
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?️ "Mit dem Ergebnis bin ich heute nicht zufrieden, aber unsere Spielweise war eine Steigerung zu den Vorwochen."
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In der Bundesliga gibt es den Videobeweis bereits in der dritten, in der Zweiten Liga erst ab dieser Saison. 200.000 Euro kostete es den SV Sandhausen, die technischen Voraussetzungen zu schaffen. Ausgezahlt es sich bisher nicht. Am Samstag sprachen auch in zwei anderen Situationen die Bilder gegen die Gastgeber. Reklamationen nach dem 0:1 wegen angeblichen Abseits wurden ebenso zurückgewiesen wie die Forderung nach einem Handelfmeter.
Bei der 0:1-Heimniederlage Anfang August gegen den VfL Osnabrück war beim entscheidenden Tor der Ball offenkundig nicht hinter, sondern vor der Torlinie. Weil den Zweitliga-Vereinen die Kosten in Höhe von 300.000 Euro für die Torkamera zu hoch waren, kommt diese Technik nicht zum Einsatz.
Für Ronny Zimmermann war am Hardtwald alles korrekt. Der Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes betont, dass sich der Videobeweis bewährt und bereits "unzählige falsche Entscheidungen" verhindert hat. Abgesehen davon, dass die Vereine die Einführung mit überwältigender Mehrheit beschlossen haben. Mehr Gerechtigkeit habe allerdings ihren Preis, räumt der 58-jährige Rechtsanwalt aus Wiesloch ein.
Gründlichkeit gehe zu Lasten der Geschwindigkeit. "Dabei sind wir im internationalen Vergleich in Deutschland die Schnellsten", erklärt Zimmermann. Das hätten Untersuchung ergeben. Badens Boss ist sicher: "In zehn Jahren wird man über Situationen wie am Samstag nicht mehr diskutieren. Es ist alles eine Frage der Gewöhnung."