Windkraft in Eberbach

Offiziell beauftragter Gutachter bewertet Bürgerbegehren als unzulässig

Heidelberger Verwaltungsrecht-Fachanwalt nennt sowohl formale wie materielle Verstöße und sagt, der Gemeinderat muss ablehnen

05.09.2019 UPDATE: 05.09.2019 15:45 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden
Der Hebert-Höhenrücken hinter Schwanheim. Archiv-Foto: Stefan Weindl

Eberbach. (rho/fhs) Der Eberbacher Gemeinderat muss in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. September, ab 17.30 Uhr feststellen, dass das Bürgerbegehren zur Windkraft am Hebert unzulässig ist. Dieser Auffassung ist der von der Stadt beauftragte Rechtsgutachter Jürgen Behrendt. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Heidelberger Kanzlei Schlatter. Sein Gutachten ist in den jetzt den Stadträten zugestellten Unterlagen für die bevorstehende Ratssitzung enthalten. Anwalt Behrendt wird am 19. September selbst anwesend sein.

Im Streit um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens für einen Bürgerentscheid hatten sich in der Sommerpause sowohl die Windkraftstandort-Gegnerinitiative "Bürger für Bürger" mit dem von ihnen beauftragten Anwalt Dr. Rico Faller wie auch Edgar Wunder vom Verein "Mehr Demokratie" zu Wort gemeldet.

Faller, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Karlsruhe, hat am Dienstag dieser Woche der Eberbacher Stadtverwaltung eine zehnseitige Erwiderung zur "Rechtlichen Stellungnahme" Edgar Wunders vom Verein "Mehr Demokratie" zukommen lassen. Dabei bleibt Faller bei seiner Beurteilung, die sich auch mit der des städtischen Gutachters deckt: Das Begehren ist nach Rechtslage vom Gemeinderat als unzulässig abzulehnen.

Hintergrund

Faller reicht Schriftsatz nach

Dr. Rico Faller, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Karlsruhe, hat am Dienstag dieser Woche der Eberbacher Stadtverwaltung eine zehnseitige Erwiderung zur "Rechtlichen Stellungnahme" Dr. Edgar Wunders vom Verein "Mehr

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Faller reicht Schriftsatz nach

Dr. Rico Faller, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Karlsruhe, hat am Dienstag dieser Woche der Eberbacher Stadtverwaltung eine zehnseitige Erwiderung zur "Rechtlichen Stellungnahme" Dr. Edgar Wunders vom Verein "Mehr Demokratie" zukommen lassen. Dabei bleibt Gutachter Faller jedoch bei seiner bisherigen Beurteilung, das Bürgerbegehren sei unzulässig. Faller war ursprünglich von der Eberbacher Anti-Windkraftstandort-Initiative "Bürger für Bürger" mit einem Gutachten zum angestrebten Bürgerbegehren pro Windkraft auf dem Hebert beauftragt worden. Der Verein "Mehr Demokratie" hatte das im Juli erstattete Faller-Gutachten in Einzelheiten scharf angegangen.

Rico Faller räumt in seinem Zehn-Seiten-Schreiben eher beiläufig ein, dass er eine veraltete Fassung der Gemeindeordnung verwendet habe. Für ihn als Lehrbeauftragten an der Fachhochschule für Verwaltung Baden-Württemberg muss dies wohl ausgesprochen peinlich gewesen sein. Aber auch die neue Gesetzespassage ändere nichts an der Unzulässigkeit, die auf ungenügender Formulierung der Fragestellung beruht: "Sind Sie dafür, dass die Stadt Eberbach im Gewann Hebert das städtische Grundstücke Flurstück Nr. 8641 zur Errichtung von Windkraftanlagen zur Verfügung stellt?"

Faller wiederholt seine Aussage, der Bürgerbegehrenantrag sei nicht fristgerecht erfolgt, worin jetzt ja auch der städtische Gutachter folgt (siehe nebenstehenden Text). In seinem neuen Schreiben wirft Faller dem Verein "Mehr Demokratie" vor, dessen Stellungnahme sei "selektiv und teilweise wenig juristisch", darüber hinaus eher an der Vereinssatzung ausgerichtet, sich für mehr Bürgerbeteiligung und Demokratie-Bildung einzusetzen. Eine objektive und neutrale Stellungnahme sei von dort nicht zu erwarten.

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Faller war ursprünglich von der Eberbacher Anti-Windkraftstandort-Initiative "Bürger für Bürger" mit einem Gutachten zur Zulässigkeit des angestrebten Bürgerbegehrens pro Windkraft auf dem Hebert beauftragt worden. Der Verein "Mehr Demokratie" war Fallers Gutachten darauf in Einzelheiten scharf angegangen und Faller vorgeworfen, eine veraltete Fassung der Gemeindeordnung benutzt zu haben. Faller räumte dieses "Versehen" jetzt ein, bleibt aber bei seiner übrigen rechtlichen Einschätzung.

Der offiziell für Eberbach von der Verwaltung angerufene Heidelberger Sachverständige Behrendt nennt die Auffassung "des Kollegen" Faller "nicht zwingend und für zu weitgehend", teilt aber auch dessen Einschätzung, dass beim Bürgerbegehren die Frage undeutlich formuliert sei.

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Der Stadt-Gutachter begründet die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens allerdings vor allem mit einem "formalen" Fehler und mehreren "materiellen" Fehlern. Anwalt Jürgen Behrendt sagt, dass die Bürgerbegehren-Initiatioren zwei Monate zu spät dran waren und die gesetzlich vorgeschriebene Drei-Monats-Frist eines "kassatorischen" Begehrens überschritten haben. Kassatorisch heißt das Begehren, weil damit ein Gemeinderatsbeschluss einkassiert/aufgehoben werden soll.

Die Ende Juli übergebenen Listen für ein Bürgerbegehren "Windkraft am Hebert" in Eberbach mögen zwar das erfolgreiche Quorum von 804 Unterschriften überschritten haben. Rechtsgutachter sehen jedoch weitere Voraussetzungen für nicht erfüllt an. Der Gemeinderat entscheidet in der Sache am 19. September. Foto: Felix Hüll

Im Gegensatz zu den Bürgerbegehren-Vertretern sieht der Rechtsgutachter den Ausgangspunkt für den Fristbeginn in dem Gemeinderatsbeschluss vom 21. Februar. Laut Behrendt geht es um die Frage, ob die Stadt ihr eigenes Hebert-Grundstück zum Errichten von Windrädern zur Verfügung stellen soll.

Die Formulierung auf den Fragebögen für das Bürgerbegehren lasse nur den Bezug zu diesem Ratsbeschluss zu, nicht den Bezug zu dem von den Begehren-Initiatoren genannten späteren Ratsbeschluss, bei dem die Reaktionsfrist gereicht hätte.

Neben der verpassten Frist nennt Behrendt aber noch fehlende "materielle" Voraussetzungen für eine Zulässigkeit: So sei die Begründung rechtlich nicht hinreichend ausformuliert, um zu zeigen, dass es den Bürgerbegehren-Vertretern im Ziel darum geht, Windradbau auf dem Hebert zu ermöglichen.

Ebenso führe die Formulierung nicht dazu, dass nach einem erfolgreichen Bürgerentscheid die auszuführenden Stellen Bürgermeister und Gemeinderat klare Vorgaben hätten, wie sie denn nun zu verfahren haben. .

Und drittens fehlten im Begehren Angaben darüber, wie die derzeit noch bestehenden "Verbotstatbestände des Landschaftsschutzgebiets" am Hebert für einen Windradbau legal auszuräumen sind.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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