Eberbach

Windkraftgegner halten Hebert-Bürgerbegehren für "unzulässig"

Im Auftrag der "Bürger für Bürger" hat ein Fachanwalt und Hochschullehrer ein Gutachten erstellt und rechtliche Mängel gefunden

26.07.2019 UPDATE: 27.07.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden

Foto: Stefan Weindl

Eberbach. (rho/fhs) In Eberbach wird offenbar ein unzulässiges Bürgerbegehren angestrebt. Diese Rechtsauffassung vertritt ein Gutachten, das die Eberbacher Initiative "Bürger für Bürger" bei Dr. Rico Faller in Auftrag gegeben hat. Faller ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Karlsruhe und lehrt an der Hochschule für Verwaltung in Kehl.

"Bürger für Bürger" und ihre Unterstützer sehen in Fallers Aussagen einen Beleg dafür, dass die Alternative Grüne Liste (AGL) in Eberbach trotz ihrer Vorkehrungen damit scheitert, dem Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid folgen zu lassen. Und das, obwohl sich die Eberbacher Alternativ-Grünen von dem auf Bürgerentscheide spezialisierten Verein "Mehr Demokratie" haben beraten lassen, sogar auf dessen Rat hin eine geplante zweite Frage strichen und ihre Unterschriftenaktion noch einmal neu starteten. Laut Dr. Faller bleiben unumstößliche rechtliche Mängel.

Dr. Rico Faller. Foto: privat

Damit wäre das Vorhaben, das "städtische Grundstück Flst. Nr. 8641" für Windkraftanlagen über einen Bürgerentscheid verpflichtend zur Verfügung zu stellen, quasi gescheitert, bevor in der Gemeinderatssitzung vom 19. September ein Abstimmungstermin überhaupt festgelegt ist.

Die Stadtverwaltung hat bei der Heidelberger Kanzlei Schlatter ein eigenes Rechtsgutachten bestellt. Sollte Fallers Expertise Bestand erhalten, würde weiter der ablehnende Beschluss des Gemeinderats vom April gelten: Keine Windkraft auf dem Hebert.

Zu wenig konkret und deshalb als Frage unzulässig. Nach einem positiven Entscheid würde der potenzielle Betreiber der Windkraftanlagen den Vertrag über die Nutzung des Hebert diktieren können und nicht die Stadt, sagt das Gutachten. Repro: rho

Faller nennt drei Gründe, warum das Bürgerbegehren seiner Rechtsinterpretation nach unzulässig ist: Da wäre die mangelnde Konkretheit in der Fragestellung, weil diese fordert, das Hebert-Grundstück bedingungslos zur Verfügung zu stellen.

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Da ein Bürgerentscheid wie ein Gemeinderatsbeschluss wirke, müsse er eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung einer Angelegenheit beinhalten. Das trifft laut Gutachten bei der Fragestellung im angestrebten Bürgerentscheid nicht zu. Es gäbe keinerlei Einschränkungen für den Vertrag mit potenziellen Interessenten, also Betreibern des Windkraftparkes. Diese könnten im Grunde der Stadt jede Bedingung diktieren, um den Hebert nach eigenem Gutdünken zu nutzen.

Hintergrund

> Wörtlich führt Gutachter Dr. Rico Faller zum Inhalt der fürs Bürgerbegehren formulierten Frage aus: "Der Bürgermeister bzw. die Gemeindeverwaltung hat es nicht in der Hand, aufgrund einer solchen Beschlusslage ernsthaft die Vertragskonditionen

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> Wörtlich führt Gutachter Dr. Rico Faller zum Inhalt der fürs Bürgerbegehren formulierten Frage aus: "Der Bürgermeister bzw. die Gemeindeverwaltung hat es nicht in der Hand, aufgrund einer solchen Beschlusslage ernsthaft die Vertragskonditionen auszuhandeln - zumal dem Verhandlungspartner ja bewusst ist, dass der Bürgermeister verpflichtet ist, das Grundstück bedingungslos zur Verfügung zu stellen. Nicht anders wie bei einem solchen Gemeinderatsbeschluss hätte es die Stadtverwaltung nicht in der Hand, die Vertragskonditionen im Interesse der Gemeinde wirksam zu verhandeln. Würde der Verhandlungspartner das Grundstück zu für ihn äußerst günstigen Konditionen nutzen wollen, so müsste bei der hier vorliegenden Formulierung dieses Grundstück zur Verfügung gestellt werden, auch wenn der Vertragsinhalt noch so ungünstig für die Stadt wäre. Dies wahrt die Interessen der Stadt Eberbach offensichtlich nicht (vgl.: Grundsatz Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltswirtschaft, § 77 Abs. 2 Gemeindeordnung)." (rho)

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Selbst den Preis könnte der Vertragspartner festlegen, wohl wissend, dass der Bürgermeister immer einen Vertrag mit ihm abschließen müsste. Das heißt übrigens auch: Eberbach könnte gerade nicht vorschreiben, dass auf dem Hebert auch "Bürgerwindräder" zu stehen haben. Diese Forderung hat die AGL wiederholt erfolglos im Gemeinderat und danach weiterhin im Kommunalwahlkampf erhoben.

Im Weiteren richte sich das Bürgerbegehren laut Faller ausdrücklich gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 29. April. Der Gemeinderat lehnte es damals ab übers Bereitstellen des städtischen Grundstücks für Windenergieanlagen einen Bürgerentscheid abzuhalten. Es wurde jedoch nicht noch einmal grundsätzlich über Windkraftanlagen auf dem Hebert verhandelt.

Deshalb müsste laut Anwalt Faller nach der Gemeindeordnung eigentlich die Frage gestellt werden, ob ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll. So ist es aber nicht: Im Bürgerbegehren wurde formuliert, es gehe beim Entscheid um den Hebert als Windkraft-Fläche.

Über die Frage, ob am Hebert Windräder stehen sollen, habe der Gemeinderat aber längst Monate zuvor entschieden. Hier sieht Faller einen weiteren Mangel im Vorgehen der Initiative für einen Bürgerentscheid: Die Hebert-Windradbeschlüsse wurden im Rat bereits im Januar und Februar gefasst. Im Paragrafen 21 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg heißt es aber: "Das Bürgerbegehren muss schriftlich ... innerhalb von drei Monaten nach der Bekanntgabe des Beschlusses (des Gemeinderates) eingereicht sein." Diese Frist haben die Alternative Grüne Liste und die Bürgerbegehreninitiative laut Windradgegner-"Bürger-für-Bürger"-Gutachter Faller versäumt.

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