Der "Buchdrucker" dezimiert die Fichten
Im Dielheimer Wald breitet sich der Borkenkäfer aus - Begünstigt durch die Trockenheit

Der Borkenkäfer macht sich in Dielheims Wäldern breit: Oben sind gut die Larven zu sehen, unten der Käfer selbst. Fotos: Pfeifer
Dielheim. (rö) Der Übeltäter heißt "Buchdrucker". Die Käferart aus der Unterfamilie der Borkenkäfer hat sich in Dielheims Wäldern breitgemacht. Wer hier, im Distrikt Wallenberg oberhalb der Autobahn, gerne spazieren geht, hat die große gerodete Fläche sicher schon bemerkt. "Das war reiner Fichtenbestand, auf knapp einem Hektar mussten wir alles fällen", sagt Revierförster Volker Böning. Ein kleiner Teil ist schon wieder mit Eichen bepflanzt, die vom "Buchdrucker" nichts zu befürchten haben.
Philipp Schweigler, der Leiter des Forstbezirks Kraichgau, und Förster Böning haben zum Ortstermin in den Dielheimer Wald eingeladen, um die Probleme zu veranschaulichen. "Der Klimawandel ist im Wald angekommen", sagt Schweigler und nennt das Jahr 2018 eine "eindeutige Zäsur". Zur Trockenheit, die vielen Baumarten Probleme beschert und schon für massive Schäden gesorgt hat, gesellt sich in Dielheim der Borkenkäfer - im vergangenen und laufenden Jahr beklagt Förster Böning zusammen auf gut zehn Hektar den Verlust der Fichtenbestände bei einer Gesamtwaldfläche von 340 Hektar auf Gemarkung Dielheim. Die ausfallenden Bestände waren alle 50 bis 60 Jahre alt, auf jedem Hektar standen gut 400 Bäume.

Machen sich vor Ort ein Bild vom schlechten Zustand des Dielheimer Walds: (v.li.) Revierförster Volker Böning, Forstbezirksleiter Philipp Schweigler und Max Ludwig, der bei der Stadt Wiesloch ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolviert. Foto: Pfeifer
Braunes Bohrmehl ist das erste Anzeichen, dass eine Fichte vom Borkenkäfer befallen ist. Der ist äußerst vermehrungsfreudig: In einem Jahr kann es bis zu drei Generationen geben, "rein theoretisch können aus einem Käferpaar 10.000 werden", so Volker Böning. "Die Trockenheit tut ihm gut, sonst wird er von einem Pilz befallen", erläutert Forstbezirksleiter Schweigler. Der Baum versuche zwar, den Käfer abzuwehren, indem er Harz produziert, "aber dazu braucht er Wasser" - das er ebenfalls wegen der Trockenheit nicht hat. Der Borkenkäfer produziert aus der Fichte einen Lockstoff, der weitere Käfer anlockt. "Die können den Baum nur in der Masse überwinden", erläutert Schweigler. Bei warmer Witterung kann es schon nach vier bis sechs Wochen um den Baum geschehen sein.
Das ist einerseits wirtschaftlich ein Problem: "Die Fichte ist das Bauholz schlechthin", sagt Schweigler. Aktuell sei sie aber nicht gefragt, "weil so viel kommt", und muss zu sehr niedrigen Preisen verkauft werden. Und natürlich stellt sich für die Förster die Frage, wie sie den Wald der Zukunft gestalten können. Denn auch die Buche, mit einem Anteil von 60 Prozent im Dielheimer Wald weit wichtiger als die Fichte (die nur bei etwa fünf bis sieben Prozent liegt), zeigt Probleme. "Eigentlich haben alle Baumarten Schäden, manche mehr, manche weniger", ist laut Schweigler bislang nur "die Spitze des Eisbergs" zu sehen - zu frühe Herbstverfärbungen, geschädigte Kronen oder am Stamm auslaufender Saft sind die Anzeichen.
"Die Buche wird deutlich zurückgehen", prognostiziert Schweigler, "die Eiche hat’s besser verkraftet" und komme mit den klimatischen Bedingungen "gut zurecht". Hoffnungen setzt man auch in Elsbeere, Feldahorn oder Hainbuche. Auf "guten Standorten" werden auch Douglasien gepflanzt. "Wir suchen noch nach Kandidaten", kann sich der Forstbezirksleiter auch Bäume vom Balkan vorstellen, "wo es schon wärmer ist, die aber auch Frost vertragen". Dabei sind die Förster im Moment auf Prognosen angewiesen. Wie sich der Wald tatsächlich entwickelt, "wissen wir erst in 100 oder 150 Jahren", so Schweigler. Deshalb setzt er ganz pragmatisch auch auf kurzfristige Ziele: "Wir hoffen auf Regen."



