Weder forschen noch lehren
Christof Sohn gilt als Hauptverantwortlicher im Bluttest-Skandal – Das Beamtenrecht setzt hohe Hürden für Disziplinarmaßnahmen

Darf als Konsequenz aus dem Bluttest-Skandal zunächst für drei Monate weder forschen noch Studenten unterrichten: Professor Christof Sohn - hier im November 2016 bei "Medizin am Abend." Foto: Alex
Von Klaus Welzel
Heidelberg. Ist das der Anfang vom Ende? Wird dem Ärztlichen Direktor der Universitäts-Frauenklinik, Prof. Christof Sohn, nicht nur die Lehr- und Forschungserlaubnis entzogen, sondern noch viel mehr? Der Mann, der diese Fragen beantworten könnte, heißt Bernhard Eitel. Er ist Rektor der Ruperto Carola. Und er schweigt. Auch seine Sprecherin sagt nichts, verweist auf die Erklärung vom 30. Juli, die stehe doch online. Und da liest man: "Beamten- und disziplinarrechtliche Konsequenzen werden geprüft, bzw. sind eingeleitet."
Jetzt sind sie wirksam. Genauer gesagt seit dem 1. August 2019. Die Universität teilte Professor Sohn tags zuvor mit, dass er ab sofort für drei Monate weder lehren noch forschen dürfe. Dass dieser Schritt erfolgen wird, war schon lange klar. Die Frage lautete nur, wann.
Dreh- und Angelpunkt der Bestrafungsmaßnahme ist der 30. Juli. Jener Tag wird im endlos komplizierten Bluttest-Skandal deshalb zum wichtigen Datum, weil an diesem Tag der Aufsichtsrat des Uniklinikums die Rücktritte der beiden weiblichen Vorstände, Irmtraut Gürkan und Annette Grüters-Kieslich, akzeptierte (so die offizielle Formulierung).
Die eine, Gürkan, nahm bereits am nächsten Tag ihren Hut, wurde da noch einmal frenetisch von ihren Leuten gefeiert: An die 400 Mitarbeiter sollen bei dem spontanen Meeting minutenlang geklatscht haben. Es gab Blumen, Tränen, Gesang, berührende Reden – und Abschiedsworte ohne Bitterkeit.
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Die andere wollte unbedingt noch drei Monate bleiben, offiziell um Reformen und eingeleitete Schritte zu vollenden – was Klinikbeschäftigten Sorgenfalten auf die Stirn treibt: Was soll das noch? Plant hier jemand, noch schnell einen Arbeitsbereich zu zerschlagen? Werden Mitarbeiter für eine Sache in Haftung genommen, mit der sie rein gar nichts zu tun hatten?
Und dann baute der Doppelrücktritt andernorts noch einen ganz anderen Druck auf: Wenn die Vorstände gehen, wenn der Dekan freiwillig hinwirft – wieso darf dann der Bluttest-Erfinder im Amt bleiben? Er, der das große "Bild"-Interview führte ("Weltsensation")? Er, der den Promi-Investor Harder ins Boot holte? Er, der die überzogene PR-Kampagne mitbefeuerte? Er, der nicht in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlichte? Er, der dem Ansehen des Uniklinikums geschadet hat?
Der Druck stieg. Zugleich hatte die sogenannte unabhängige Kommission den Stab über Sohn gebrochen, ihm "Eitelkeit" vorgeworfen. Und am Rücktrittstag der Vorstandsdamen forderte der Aufsichtsrat die Universität auf, "die notwendigen Konsequenzen" gegenüber Sohn als Hauptverantwortlichen "für den Brustkrebs-Bluttest" zu ziehen.
Die Lage spitzte sich damit auch aus Sicht von Rektor Eitel zu. Er handelte. Die jetzt verhängte Suspendierung von Forschung und Lehre kann er drei Monate aufrecht erhalten. Bis dahin muss er entweder ein Disziplinarverfahren gegen Sohn einleiten oder ihn ganz vor die Tür setzen. Beamtenrechtlich ein sehr schwieriges Verfahren – gegen das Sohn natürlich juristisch vorgehen kann.
Aus der Uni hört man, die jetzige Maßnahme sei ein erster Schritt. Ob weitere folgen, ist jedoch völlig offen. Nur eines ist gewiss: Am Bluttest weiter forschen darf Christof Sohn derzeit nicht.