Mitarbeiter bangen um ihre Jobs - Heftige Kritik an Management
Heideldruck-Mitarbeiter sorgen sich nach Gewinnwarnung um die Zukunft des Unternehmens - Harsche Kritik bei Hauptversammlung erwartet

Ein Heideldruck-Mitarbeiter hält in einer Werkshalle in Wiesloch an einer "Primefire"-Digitaldruckmaschine einen bedruckten Bogen in den Händen, auf dem Verpackungsmuster zu sehen sind. Mitarbeiter am Stammsitz sorgen sich um ihre Arbeitsplätze. Foto: dpa
Von Barbara Klauß
Heidelberg/Wiesloch. Mitarbeiter der Heidelberger Druckmaschinen haben das Management scharf angegriffen. Die Probleme des Traditionsunternehmens seien nicht auf die eingetrübte Konjunktur zurückzuführen, sondern hausgemacht, heißt es in einem Brief an die RNZ. Es fehle an Führung und an Entschlossenheit. "Inzwischen sind viele von uns ernsthaft besorgt, was den Fortbestand des Unternehmens angeht."
In der vergangenen Woche hatte der Druckmaschinenbauer eine Gewinnwarnung herausgegeben. Demnach gingen Auftragseingang und Umsatz im ersten Quartal des Geschäftsjahres zurück, der Verlust nach Steuern verdoppelte sich auf 31 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Als Gründe für den schlechten Start ins Geschäftsjahr hatte die Konzernleitung unter dem Vorstandsvorsitzenden Rainer Hundsdörfer die konjunkturelle Eintrübung angeführt. Kunden hielten sich mit Investitionen zurück, hieß es. Auch der Branchenverband VDMA klagt über stärkeren Gegenwind aufgrund des Handelskonflikts zwischen den USA und China und des ungewissen Ausgangs des Brexit. Gestern erklärte der baden-württembergische Landesverband, die Branche erwarte im laufenden Jahr nur ein Miniplus beim Umsatz von weniger als einem Prozent auf 86,1 Milliarden Euro.

Den Kritikern reicht das als Erklärung jedoch nicht aus. Man könne sich nicht immer auf die konjunkturelle Situation berufen, hatte etwa der erste Bevollmächtigte der IG Metall Heidelberg, Mirko Geiger, nach der Gewinnwarnung erklärt. Im Schreiben an die RNZ heißt es nun: "In Wahrheit geht es um hausgemachte Probleme." Diese schlügen nun in der Krise durch.
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Der Druckmaschinenbauer hat schwierige Jahre hinter sich. In Folge der Digitalisierung verlieren Druckerzeugnisse an Bedeutung. Erst im vergangenen Jahr kehrte der Konzern zurück auf den Wachstumspfad. Nun treibt das Management die Digitalisierung mit neuen Geschäftsmodellen voran.
Diese Strategie halten Beobachter prinzipiell für richtig. Allerdings vermissen viele Ideen und Visionen. "Wo sind die Ergebnisse aus der Forschung, in die seit Jahren hohe Mittel fließen?", fragen die Verfasser des Briefes. Heideldruck verzettle sich in viel zu vielen Projekten. Es gebe keinen erkennbaren Plan, außerdem mangele es an Entschlossenheit. "Seit Jahren hätte man entschlossen gegensteuern müssen." Das Fazit der Schreiber: "Die oberste Führung macht ihren Job nicht, und zwar seit Jahren."
Unternehmen hat schon Kurzarbeit beantragt
Es fehle an Führung, im Betrieb herrsche Verwirrung und Unsicherheit, heißt es weiter. "Die Stimmung ist schlecht." Zumal die Mitarbeiter die Entwicklung wohl zu spüren bekommen werden. Kurzarbeit steht als Option im Raum. Sie ist bereits bei der Arbeitsagentur angezeigt. Nun müssten die Mitarbeiter bluten, heißt es in dem Schreiben an die RNZ. "Viele haben seit den letzten Tagen Angst um ihre Jobs."
Es sei Zeit, dass endlich etwas geschehe. Darin sind sich die Verfasser des Briefes und andere Beobachter einig. Dringend müsse gehandelt werden, um das Unternehmen zusammenzuhalten, heißt es aus dem Umfeld des Konzerns. Es gehe darum, die Stellen der rund 11.600 Mitarbeiter zu sichern und das Unternehmen in der derzeitigen Größenordnung (rund 5000 Mitarbeiter) am Stammsitz in Wiesloch zu halten. Manch einer wünscht sich auch einen personellen Neuanfang an der Spitze.
Das Vertrauen vieler Mitarbeiter scheint verspielt. Das der Aktienmärkte ist es auf jeden Fall. Seit seiner ersten Bilanzpressekonferenz vor zwei Jahren hatte der Vorstandschef immer wieder seine mittelfristige Prognose bekräftigt, wonach der Umsatz im Geschäftsjahr innerhalb weniger Jahre drei Milliarden Euro erreichen und ein Jahresüberschuss von mehr als 100 Millionen Euro erwirtschaftet werden sollte. Im Mai dieses Jahres musste Hundsdörfer diese Prognose erstmals korrigieren. Nun geht Heideldruck für das laufende Geschäftsjahr von einem Umsatz auf dem Niveau des Vorjahres (2,49 Milliarden Euro) aus. Beim Ergebnis nach Steuern rechnet man nur noch mit einer schwarzen Null.
Nach Hundsdörfers Amtsantritt und der in Aussicht gestellten Umsatzsteigerung stieg die Aktie des SDax-Unternehmens zunächst auf mehr als 3,50 Euro im Oktober 2017. Danach verlor der Kapitalmarkt den Glauben, unterstützt von einer Armada von Leerverkäufern, die den Kurs unter Druck setzten. Nun, nach der Gewinnwarnung in der vergangenen Woche, stürzte die Aktie nochmals um mehr als 25 Prozent ab und rutschte unter einen Euro. Als "massiv negativ" und "alarmierend" bezeichneten Analysten die Situation. Analyst Stefan August von Pareto Securities nannte die Entwicklung des Free Cashflow "höchst besorgniserregend". Der Barmittelfluss fiel im ersten Quartal mit minus 83 Millionen Euro deutlich schlechter aus als vor einem Jahr (minus 45 Millionen Euro).
Immer mehr Analysten wenden sich ab. So hat etwa die Privatbank Berenberg Heidelberger Druck von "Kaufen" auf "Halten" abgestuft. Die Aktien dürften bis auf weiteres vor sich hindümpeln, weil der Markt das Zutrauen in den Hersteller von Druckmaschinen erst einmal verloren habe, schrieb Analyst Alexander O’Donoghue in einer gestern vorliegenden Studie. Und das Management habe vermutlich keinen angemessenen Plan, um das wieder zu ändern.
All das wird mit Sicherheit zur Sprache kommen, wenn sich Vorstand und Aufsichtsrat am heutigen Donnerstag bei der Hauptversammlung im Mannheimer Rosengarten den Aktionären stellen. Nicht nur Vorstandschef Rainer Hundsdörfer wird sich dort einiges anhören müssen. Auch die Aufseher stehen in der Kritik: "Der Aufsichtsrat schaut nur zu", schreiben die Verfasser des Briefes. "Niemand klopft dem Vorstand auf die Finger." Der Aufsichtsratsvorsitzende, Siegfried Jaschinski, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), mache seinen Job nicht und lasse alles laufen. "Heideldruck verbrennt seit Jahren Geld und verschleudert sein Tafelsilber."