So feiert die Uni ihre Exzellenz (Update)
Vier Universitäten aus dem Südwesten erhalten Millionen-Förderung - So reagiert Rektor Eitel

Punkt 16.10 Uhr im Marstall-Café: Wissenschaftler, Uni-Mitarbeiter und auch Oberbürgermeister Eckart Würzner (Mitte, im grauen Anzug) freuen sich ausgelassen über die gerade verkündete und live übertragene Entscheidung: Heidelberg bleibt Elite-Universität. Foto: Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Um 16.10 Uhr hätte man am Freitag im Marstall-Café eine Nadel fallen hören können, trotz der rund 150 Menschen im Raum. Sie alle starrten gebannt auf die Leinwand, auf der die Pressekonferenz aus Berlin übertragen wurde. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) las dort gerade in alphabetischer Reihenfolge die Namen der elf künftigen Exzellenz-Universitäten vor. Als sie bei "Universität Hamburg" angekommen war, stockte den Mitgliedern und Freunden der Ruperto Carola der Atem.
Und wenige Sekunden später gab es kein Halten mehr. Die vielen anwesenden Wissenschaftler und Uni-Mitarbeiter lagen sich in den Armen, von der Decke regnete es grünes Konfetti und Sektgläser wurden rumgereicht. Denn nach 2007 und 2012 war die Heidelberger Uni zum dritten Mal erfolgreich bei dem Wettbewerb um die Bundesförderung - und den so prestigeträchtigen Titel.
Hintergrund
Rektor Bernhard Eitel zum Exzellenz-Erfolg. Was die Förderung bedeutet und wie sehr er damit gerechnet hat, erklärt Rektor Bernhard Eitel im RNZ-Interview.
Herr Eitel, wie sehr haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Die Begehung im Frühjahr lief
Rektor Bernhard Eitel zum Exzellenz-Erfolg. Was die Förderung bedeutet und wie sehr er damit gerechnet hat, erklärt Rektor Bernhard Eitel im RNZ-Interview.
Herr Eitel, wie sehr haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Die Begehung im Frühjahr lief gut, wir hatten herausragende Ergebnisse und einfach eine gute Performance in den letzten Jahren. Deshalb war ich immer zuversichtlich. Aber man darf sich natürlich auch nicht zu sicher sein, denn so ein Wettbewerb ist kein Selbstläufer.
So kurz nach der Entscheidung - wie fühlt man sich da?
Wie ein Marathonläufer, der nach drei Jahren ans Ziel kommt. Und der zuvor über Berge und durch Täler und über Hürden musste.
Was war die größte Hürde?
Die Länge des Wettbewerbes. Der hat uns ja drei Jahre lang beschäftigt. Und der relativ enge Zeitplan am Ende. Da war nochmal ziemlich Dampf drin. Aber wir haben hier einfach eine richtig gute akademische Gemeinschaft, die da alles gegeben hat.
Einige Beobachter gingen davon aus, dass der Bluttest-Skandal die Chancen der Uni Heidelberg stark schmälert.
Das sind ja zwei völlig verschiedene Dinge. Die Exzellenz und unser Standort haben mit dem Skandal nichts zu tun. Gegen so etwas ist man nie gefeit. Das muss man jetzt aufarbeiten und das tun wir ja auch.
Die Millionen-Förderung durch Bund und Länder startet schon im November. Was passiert mit dem Geld?
Das haben wir in unserer Strategie festgelegt, die wir nun Stück für Stück umsetzen wollen. Das braucht natürlich eine gewisse Zeit. Aber wir haben schon vieles in der Pipeline. Von den Vorhaben wird die gesamte Universität profitieren. (dns)
"Ich bin fast sprachlos - und das kommt selten vor", begann Rektor Bernhard Eitel wenig später seine Ansprache. Der Druck sei enorm gewesen, doch jetzt sei man am Ziel. Auch weil sich alle beteiligten Mitarbeiter gegenseitig immer unterstützt und getragen hätten. "Und jetzt geht es für alle voran." Ein wunderbarer und enorm wichtiger Tag sei das für die Ruperto Carola, so das Universitätsoberhaupt.
Mit ihm freuten sich Oberbürgermeister Eckart Würzner sowie der Ehrensenator der Universität und MLP-Gründer Manfred Lautenschläger. Und natürlich die vielen Uni-Mitarbeiter: "Ich war immer überzeugt, dass wir erfolgreich sind", betonte Hans-Georg Kräusslich, der die Virologie an der Uniklinik leitet. Der ehemalige Verfassungsrichter und Jura-Professor Paul Kirchhof betonte, dass die Universität in den letzten Jahren bei allen Rankings stets zu den besten gehörte.
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"Bestimmte Fakultäten sind bei uns spitze - national und international." Deshalb habe er fest damit gerechnet, dass die Uni den Titel gewinnt. Auch Prorektor Óscar Loureda war optimistisch: "Wir haben hier ein enormes Potenzial an Menschen, die exzellent sind. Da war klar, dass wir es schaffen." Der Erfolg sei nun vor allem "eine Garantie, dass wir unsere Zukunft deutlich freier planen können".

Rektor Bernhard Eitel (l.) mit Ehrensenator Manfred Lautenschläger. Foto: Rothe
Wie diese Zukunft aussehen soll, zeigt ein Blick auf das Konzept, mit dem die Universität sich um den Titel beworben hatte. Darin wird vor allem die Rolle als forschungsstarke Volluniversität betont. Vier Forschungsfelder sollen mit der Förderung aus der Exzellenz-Strategie aufgebaut werden, verteilt auf die Lebens-, die Natur-, die Geistes- sowie die Sozial- und Verhaltenswissenschaften. Zudem will die Uni mit dem Marsilius-Kolleg, dem Heidelberg Center for the Environment und dem Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen drei interdisziplinäre Einrichtungen weiter stärken.
Mit zwei "Flagship-Initiativen", die neu gegründet werden, sollen zudem innovative Themen erforscht werden: die Entwicklung von kohlenstoffbasierten Technologien und Systemen auf der Nanoskala einerseits und die Veränderung des kulturellen Erbes andererseits. Um das alles umzusetzen, erhält die Universität bis mindestens 2026 zehn bis 15 Millionen Euro Förderung pro Jahr. Danach muss sie sich evaluieren lassen, um weitere sieben Jahre Elite-Uni zu bleiben.
"Dass unser Antrag Erfolg hatte, ist ein starkes Zeichen, dass wir uns auf einem guten Weg befinden", erklärte der Rektor. Die Auszeichnung sei aber auch eine Verpflichtung, dieses Konzept nun umzusetzen. Doch gestern Abend war es Eitel erstmal ein Anliegen, allen Mitstreiten zu danken - und dann den Erfolg beim Sommerfest der Uni gebührend zu feiern, das kaum besser hätte starten können.
Update: Freitag, 19. Juli 2019, 20.07 Uhr
Bonn. (dpa-lsw) Gleich vier Hochschulen aus Baden-Württemberg haben sich im bundesweiten Rennen um die begehrten "Exzellenzuniversitäten" durchgesetzt. Tübingen, Konstanz und Heidelberg können den Titel weiterhin tragen, wie die Exzellenzkommission am Freitag in Bonn mitteilte. Karlsruhe rückt nach dem Ausscheiden in einer früheren Runde wieder in die Spitzengruppe auf.
"Wir waren immer zuversichtlich, man darf sich aber nie zu sicher sein", kommentierte Rektor Bernhard Eitel. "Es fühlt sich an, als ob man nach einem Marathon, der 3 Jahre gedauert hat, ins Ziel kommt." Gleichzeitig trennte Eitel den Elite-Status aber klar ab vom aktuellen Skandal um den Brustkrebs-Bluttest. "Das sind zwei verschiedene Dinge. Das muss man aufarbeiten, wir sind dabei."
Bereits 2007 und 2012 war die Universität Heidelberg in den beiden Vorgängerprogrammen der Exzellenzinitiative erfolgreich. Heidelberg galt bei Kritikern als Wackelkandidat. Die Uniklinik war zuletzt wegen eines umstrittenen Bluttests zur Erkennung von Brustkrebs in die Schlagzeilen geraten.
Rund 150 Menschen hatten sich im Marstallhof eingefunden und die Pressekonferenz verfolgt. Unter ihnen waren auch der Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner und Manfred Lautenschläger.
Die Universitäten erhalten künftig eine millionenschwere Förderung von Bund und Land. Die vier Exzellenzuniversitäten werden jährlich mit jeweils rund 15 Millionen Euro vom Bund und vom Land Baden-Württemberg unterstützt. Das Neue: Diese Exzellenzuniversitäten können nun dauerhaft gefördert werden.
Die Universitäten Stuttgart und Freiburg konnten sich nicht durchsetzen.
Nach dem erfolgreichen Abschneiden der baden-württembergischen Universitäten im millionenschweren Förderwettbewerb "Exzellenzstrategie" hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann den neuen "Elite-Unis" gratuliert. "Baden-Württemberg braucht starke Universitäten als Zentren in einem dichten Netz von Forschung und Innovation, Hochschulen und Unternehmen", sagte der Grünen-Politiker am Freitag in Stuttgart: "Hier reifen unsere Talente und hier werden entscheidende Impulse für die Zukunft gegeben."
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sieht den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg mit vier von elf ausgezeichneten Exzellenzuniversitäten "bestens aufgestellt", wie sie am Freitag in Bonn sagte: "Damit ist Baden-Württemberg Deutschlands Wissenschaftsstandort Nummer eins."
Bundesweit konkurrierten 17 Unis und zwei Verbünde aus mehreren Hochschulen um die elf Plätze in der Auswahl. Baden-Württemberg ist damit das Bundesland mit den meisten Eliteuniversitäten.
Um sich als Exzellenzuniversität bewerben zu können, müssen Hochschulen mindestens zwei "Exzellenzcluster" vorweisen können. Das sind fachübergreifende Forschungsprojekte, die eigene Fördermittel erhalten. So wird in Karlsruhe etwa ein Projekt zur Energiespeicherung ohne Lithium unterstützt, in Konstanz ein Forschungskolleg Kollektives Verhalten und in Tübingen ein Projekt zur Kontrolle von Mikroorganismen im Kampf gegen Infektionen.
Neu ist, dass der Staat Universitäten nun auch dauerhaft fördern will. Nach sieben Jahren soll überprüft werden, ob die "Elite-Unis" noch die Fördervoraussetzungen erfüllen. Wenn ja, fließen die Extra-Millionen weiter.
Für ihre Exzellenzstrategie stellen Bund und Länder jährlich rund 533 Millionen Euro zur Verfügung. 148 Millionen davon gehen an die Exzellenzunis, der Rest direkt an ausgewählte Cluster. Die Förderung der neuen Exzellenzunis beginnt ab Anfang November.
Folgende Cluster wurden ausgewählt:
Universität Heidelberg
• STRUKTUREN: Emergenz in Natur, Mathematik und komplexen Daten
• 3D Designer Materialien (Verbundantrag Heidelberg/KIT)
KIT
• Energiespeicherung jenseits von Lithium (Verbundantrag mit der Universität Ulm)
• 3D Designer Materialien (Verbundantrag Heidelberg/KIT)
Universität Konstanz
• Die politische Dimension der Ungleichheit: Wahrnehmungen, Partizipation und Policies
• Forschungskolleg Kollektives Verhalten
Universität Tübingen
• Maschinelles Lernen: Neue Perspektiven für die Wissenschaft
• Kontrolle von Mikroorganismen zur Bekämpfung von Infektionen
• Individualisierung von Tumortherapien durch molekulare Bildgebung und funktionelle Identifizierung therapeutischer Zielstrukturen
Exzellenzstrategie, ein sperriges Wort. Worum geht es eigentlich?
Kurz gesagt: Die Besten der Besten sollen zusätzliches Geld bekommen. Die neue Exzellenzstrategie baut dabei auf ihr Vorgängerprogramm auf – die 2005 gestartete Exzellenzinitiative. Bund und Länder stellen für die Förderung der ausgewählten Universitäten jährlich rund 148 Millionen Euro zur Verfügung - 75 Prozent vom Bund, 25 Prozent vom jeweiligen Bundesland. Eine Uni kann dann jährlich mit rund 15 Millionen Euro für die Forschung rechnen - bei Universitätsverbünden können es bis zu 28 Millionen Euro sein. Mit dem deutschlandweiten Wettbewerb sollen die Universitäten im Spitzenbereich international sichtbarer werden.
> Wie konnte sich eine Universität qualifizieren?
Ende September 2018 wurden bereits die Weichen gestellt für das, was nun entschieden wurde: Eine Kommission zeichnete damals 57 sogenannte Exzellenzcluster an 34 Universitäten aus. In diesen Clustern werden international wettbewerbsfähige Forschungsfelder gefördert. Mit dieser Cluster-Auswahl wurde der zweite Teil der Exzellenzstrategie eingeleitet: Denn Universitäten mit mindestens zwei Exzellenzclustern konnten sich für die nächste Runde bewerben.
> Und was bringt das einer Universität?
Vor allem Geld und Ansehen.
> Kann eine Uni den Exzellenz-Titel auch wieder verlieren?
Jein. Die jetzt ausgewählten "Exzellenzuniversitäten" sollen dauerhaft gefördert werden, heißt es zwar. Aber nach sieben Jahren wird überprüft, ob die "Elite-Unis" jeweils noch die Fördervoraussetzungen erfüllen. Wenn ja, fließen die Extra-Millionen weiter.
> Und wer hat über die Auswahl entschieden?
Die Exzellenzkommission hatte das letzte Wort. Sie setzte sich zusammen aus einem Expertengremium und den Wissenschaftsministern von Bund und Ländern. Das Expertengremium besteht aus 39 Experten.
Update: Freitag, 19. Juli 2019, 17.38 Uhr



