So lief die Kandidatenvorstellung
Bürgerhaus, Bürgerbus und Bürgerakademie - Bewerber gaben überwiegend eine souveräne Vorstellung ab und präsentierten konkrete Ideen

Alle vier Kandidaten (von links) - Ralf Gänshirt (parteilos), Christian Würz (CDU), Tobias Wolk und Jens Flammann (beide parteilos) stellten sich und ihre Ziele am Mittwochabend in der Heinrich-Beck-Halle vor. Foto: Dorn
Von Annette Steininger
Hirschberg-Leutershausen. Vor der Heinrich-Beck-Halle verteilen mehrere Unterstützer von Jens Flammann dessen Flyer an Interessierte, innen schütteln Ralf Gänshirt und Christian Würz zahlreiche Hände, während Tobias Wolk kurz vor der Bürgermeisterkandidaten-Vorstellung der Gemeinde noch schnell einen Schluck Wasser trinkt. Die Halle ist mit rund 750 Besuchern voll am Mittwochabend. Einige sind noch unschlüssig, wen sie am 21. Juli wählen sollen und wollen sich daher ein Bild machen.
Gänshirt hebt bei seiner Vorstellung seine Verwaltungserfahrung durch das Studium und seinen Beruf als Hauptamtsleiter hervor, spricht flüssig, fast staatstragend. Er hat ein "Zukunftsbild" mitgebracht, wie Hirschberg im Jahr 2035 aussehen sollte. So sei die Gemeinde dann "klimaneutral", der Haushalt "mindestens ausgeglichen".
"Die Verkehrsprobleme in der Ortsdurchfahrt Großsachsen sind gelöst", ruft er als Zukunftsvision dem Publikum zu, das diese Aussage mit einem Raunen quittiert. An dieser Stelle betont er einmal mehr, dass die Expansion der umliegenden Kommunen auf dem Rücken Hirschbergs ausgetragen werde. Er will den Dialog suchen.
Hintergrund
Die Stimmen
> Pfarrer Stephan Sailer: "Es war mir wichtig, die Kandidaten zu sehen und zu hören. Ich fand die Vorstellung sehr informativ. Als Pfarrer möchte ich hier jetzt keine Bewertung abgeben, wir werden aber von Kirchenseite
Die Stimmen
> Pfarrer Stephan Sailer: "Es war mir wichtig, die Kandidaten zu sehen und zu hören. Ich fand die Vorstellung sehr informativ. Als Pfarrer möchte ich hier jetzt keine Bewertung abgeben, wir werden aber von Kirchenseite her wie bei allen Wahlen dazu aufrufen, wählen zu gehen."
> Waltraud Kubisch aus Leutershausen: "Ich fand die Kandidatenvorstellung ganz gut. Sie hat mir bei meiner Wahlentscheidung geholfen. Vorher hatte ich keinen Favoriten."
> Petra Ditrich aus Leutershausen: "Ich fand die Kandidatenvorstellung sehr interessant. Die Veranstaltung war sehr gut gemacht, und Gerhard Mandel war super. Bei manchen Sachen sehe ich jetzt klarer. Vorher hatte ich zwei andere Favoriten als jetzt. Zwei Kandidaten habe ich für mich definitiv ausgeschlossen. Jetzt habe ich die Qual der Wahl."
Kurzfristige Besserungen, die teils in der Hand der Gemeinde liegen, sieht der von SPD, FW und GLH unterstützte parteilose Kandidat im Ausbau der Galgenstraße und einer Pförtnerampel im Osten. In einem "Medien- und Kulturzentrum" sollen Bücherei und Bürgerhaus unter einem Dach vereint sein. Gänshirt will sich für mehr Umwelt- und Klimaschutz einsetzen und könnte sich für die Gemeinde einen Bürgerbus vorstellen. Beim Thema "dritte Halle" will er dem Gemeinderat einen Bürgerentscheid vorschlagen.
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Diese Idee hat Würz bei einer anderen Veranstaltung bereits präsentiert. Auch der von der eigenen Partei unterstützte Christdemokrat gibt wie Gänshirt ein souveränes Bild ab. Würz spricht frei, stellt einige Dankesworte an den Anfang und nimmt das Publikum mit einem kleinen Scherz mit. So wolle er ein Bürgermeister der kurzen Wege und direkt ansprechbar sein: "In der Kürze liegt die Würze", sagt er augenzwinkernd in Anspielung auf seinen Namen.
Der Erste Kriminalhauptkommissar geht auf seine Verwaltungs-, aber auch seine Führungserfahrung als Leiter der Datenstation beim Polizeipräsidium Mannheim ein. Probleme will er "anpacken und nicht verwalten". So müsse man das Bürgerhaus angehen. "Wir brauchen den Platz für unsere Vereine", betont Würz. Und die Jugendlichen würde er lieber in den Hallen und auf den Sportplätzen sehen als auf der Straße rumlungernd und Alkohol trinkend. Dafür erntet der Kandidat Zwischenapplaus.
Würz würde als Bürgermeister einen "Tag des Dankes" für die Ehrenamtlichen einführen. Im Hinblick auf die voraussichtlichen Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer meint er: "Wir müssen in guten Zeiten Rücklagen bilden, um solche Schwankungen zu kompensieren."
"Kurz und knackig" sind dann die Ausführungen von Wolk. Als er etwas länger braucht, um eine Aussage zu formulieren, kommt aus dem Publikum ein Zwischenruf: "Komm, geh’ heim!" Hier, wie an anderer Stelle, greift Moderator Gerhard Mandel souverän ein und fordert dazu auf, jedem eine Chance zu geben. Wolk würde gern die Familien stärken und Parkprobleme in der Gemeinde durch Parkhäuser lösen.
Für die Bücherei sieht er eine Zukunft beim künftigen Gebäude des evangelischen Kindergartens Leutershausen. Dass man aus dem Ort rausfahren muss, um "die einfachsten Gegenstände" zu besorgen, will der Leutershausener ändern und eine Marktlückenforschung in Auftrag geben, um die Gemeinde attraktiver zu machen.
Dafür hat auch der Mannheimer Jens Flammann, der seine Vorstellung recht energiegeladen angeht, einige Ideen. Dass er als einziger "von auswärts" ist, hebt er hervor. "Ich kann frische Ideen reinbringen und darf auch blöde Fragen stellen", sagt der Volkswirt. Außerdem sei er "nicht mit jedem verbandelt" - ein kleiner Seitenhieb in Richtung der anderen Bewerber. Für die Führung einer Gemeinde sei unterschiedliches Werkzeug erforderlich, sagt Flammann und hebt exemplarisch ein Taschenmesser hoch.
Seinen Vortrag gliedert er in die drei Arten von Nachhaltigkeit: die ökologische, soziale und die ökonomische. In diesem Zusammenhang schwebt ihm vor, die Ressourcen der Jüngeren stärker zu nutzen, die oft nach dem Schulabschluss aus der Gemeinde wegziehen. Hierfür hat er sich eine jährlich im Sommer stattfindende "Hirschberg-Akademie" überlegt, von der auch die Vereine profitieren könnten. Generell möchte er das Wissen der Bürger nutzen und für sie gern "die Räuberleiter im Rathaus" halten.
Diese sind jetzt gefragt, auch wählen zu gehen, wie Erster Bürgermeister-Stellvertreter Karlheinz Treiber und Mandel nach der Fragerunde und insgesamt gut zweieinhalb Stunden eindrücklich appellieren.
Hirschberger stellten den Kandidaten vielfältige Fragen
Erfreulich viele verschiedenartige Themen sprechen die Hirschberger bei der Fragerunde nach der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten an. Beliebt sind auch Fragen an alle vier Bewerber, woraufhin Moderator Gerhard Mandel spontan bei solchen Fällen die Antwortzeit pro Kandidat weiter einschränkt.

Die Hirschberger hatten viele Fragen an die Kandidaten, die von Finanzen bis zu Kinderbetreuung reichten. Foto: Dorn
Leutershausens VdK-Vorsitzender Hans Stöcklin will beispielsweise wissen, was Jens Flammann gegen den Mangel an Kurzzeitpflegeplätzen in Hirschberg unternehmen will. Der antwortet, es sei für die Pflegeeinrichtungen schwierig, mit solchen Plätzen zu planen, weil sie keine Konstanten seien. Er will aber mit allen Betroffenen und Beteiligten Gespräche führen, um eine Lösung zu finden.
Ein Leutershausener will von Christian Würz wissen, wie denn die von ihm angestrebte Haushaltskonsolidierung und der Abbau von Schulden mit von ihm ebenfalls gewünschten Großprojekten wie dem Bürgerhaus in Einklang zu bringen seien. Solche Großprojekte könne man ja durchaus über Kredite finanzieren, findet der Christdemokrat. Gleichzeitig sollte man aber durchaus den Schuldenabbau noch etwas mehr vorantreiben, indem man Kredite nicht nur innerhalb der vom Gemeinderat festgelegten 20 Jahre, sondern noch früher zurückzahlt.
Ralf Gänshirt wird von einem Leutershausener gefragt, ob ihnen mit einem Bürgermeister Ralf Gänshirt "das Gleiche blühen" würde wie mit Amtsvorgänger Manuel Just, der immer seine Parteiunabhängigkeit betont habe und nun für die CDU im Kreistag sitzt. Dazu gibt es ein klares "Nein" von Gänshirt: "Ich strebe keine weiteren Ämter an, weder auf Kreis-, noch auf Landes-, noch auf Bundesebene."
Eine offene Frage richtet dann Claudia Schmiedeberg, Vorsitzende der GLH, an Gänshirt und Würz. Sie will wissen, was man in den ersten drei Monaten im Amt für den Klimaschutz tun könnte. Würz würde sich die Berichte über die kommunalen Gebäude vorlegen lassen, um zu analysieren, wie sich der Verbrauch entwickelt und hier ansetzen. Und Gänshirt kann sich vorstellen, Zeitschaltuhren in gemeindeeigenen Einrichtungen zu installieren. Als eine Leutershausenerin noch Flammann bittet, einen Vorschlag hinsichtlich von CO2-Einsparungen zu machen, kommt es prompt von diesem: "Ich würde einen Kochkurs anbieten, um den Fleischkonsum zu verringern."
Einig sind sich die Kandidaten beim Thema Neubaugebiet: Hirschberg sollte nicht zu stark wachsen.
Gänshirt wird noch gefragt, was er gegen das Geschäftesterben im Ort unternehmen wolle. Ihm schwebt dabei ein "Frequenzbringer" vor, wie es beispielsweise ein Start-up aus der IT-Branche sein könnte.
Eine Leutershausenerin will von Würz wissen, wie er es als Bürgermeister mit der Sozialstaffelung der Kindergartengebühren halten würde, wo doch die CDU dies im Gemeinderat nicht mitgetragen hätte. Würz erläutert, dass die CDU-Fraktion erst die Folgen des "Gute-Kita-Gesetzes" abwarten wollte, um zu sehen, wer eine Förderung bekommt. Es sei jedoch klar: "Wir brauchen eine Sozialstaffelung."



