Wie lebt es sich im Alltag mit Zero Waste?

Ist es wirklich so schwer, weitestgehend auf Abfall zu verzichten? Wir haben mit Verena Klaus, Bloggerin und Kostümbildnerin, gesprochen, sie zu ihrem müllfreien Alltag befragt und dabei auch einige Tipps zur eigenen Umsetzung bekommen.
Seit wann haben Sie begonnen Ihren Abfall zu reduzieren? Gab es dazu einen bestimmten Anlass?
"Wir waren 2012 in Indien unterwegs und mich hat es ziemlich schockiert, dass jeder seinen Müll einfach fallen lässt und es trotz der Umweltverschmutzung, mit der die Menschen dort kämpfen, kaum Müllentsorgungsbetriebe gibt. Mich ließ das nicht mehr los und ich fragte mich, wieviel Müll wir denn hier in diesem reichen Land und mit all den Discountern und Billigketten produzieren. Es ist 10 x so viel pro Kopf! Nur unseren Müll innerhalb Deutschlands gerechnet. Viel höher noch ist aber eben der Abfall, die Umweltverschmutzung durch die Produktion unserer Konsumgüter und Lebensmittel im Ausland, in Ländern wie Indien. Nach dieser Reise also haben wir damit aufgehört. Auch wenn uns klar war, dass wir als Einzelne damit nicht die Welt retten, hatten wir einfach keine Lust, da noch länger mitzumachen."
Wie sieht der Alltag mit wenig Müll aus?
"Möglichst viel frisches saisonales Gemüse auf dem Wochenmarkt oder im Bioladen kaufen. Kaum Fertigprodukte und wenn, dann in Gläsern. Großpackungen bei Reis, Linsen etc. Wir sind zu viert und haben oft Besuch, da lohnt sich das. Reste möglichst verwerten oder einfrieren für später. Hin und wieder gehen wir in einen Unverpacktladen, dafür sammle ich auf einer Liste, was ich brauche und weiß auch mittlerweile, wie so die Preise sind, damit ich nicht über unser Budget komme. Da wir aber z.B. selten Auto fahren und auch kaum in der Drogerie einkaufen, können wir für Essen mehr Geld ausgeben.
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Die einfachste Zone ist das Badezimmer. Wir haben uns Seife und Shampoo am Stück gekauft und einen Rasierhobel mit Rasierklingen aus Metall. Sieht toll aus und die Klingen kosten 20 Cent das Stück. Außerdem nutzen wir Bambuszahnbürsten und kaufen Zahnputztabletten auf Vorrat im Unverpacktladen. Ansonsten Zahncreme, die länger hält, wenn man kleine Portionen nimmt. Bei Makeup kaufe ich meine liebsten Basics und halte die Augen offen, ob ich z.B. was im Second Hand (noch unbenutzt) bekomme. Deo machen wir mit einem super einfachen Rezept selbst und es wirkt 10x besser als alle Deos, die ich vorher hatte. Zum Putzen haben wir Essigessenz, Natron und Geschirrspülmittel.
Schränkt der Altag mit wenig Müll ein?
"Außer unserem Essen machen wir kaum etwas wirklich selbst, sondern suchen Lösungen, die möglichst wenig Aufwand bedeuten. Ich glaube, dass es nur so für die breite Masse funktionieren kann. Und nicht immer bedeutet Selbermachen auch gleich Müllsparen. Zero Waste heißt für mich auch, Zeit nicht sinnlos für etwas zu verschwenden, was weder Freude noch Sinn macht. Deshalb fahre ich zum Beispiel oft lieber mit der Bahn, auch wenn ich etwas länger unterwegs bin als mit dem Auto. Weil die Zeit nicht verloren ist und ich gestresst im Stau stehe. Verzicht klingt immer so negativ. Dabei ist es der Luxus, sich bewusst für oder gegen etwas entscheiden zu können. Für uns ist Zero Waste einfach eine Bereicherung"
Filme und Bücher zum Thema Zero Waste
Filme
> Plastic Planet (2009): Der Kindodokumentarfilm zeigt die Auswirkungen des Plastikkonsums auf der ganzen Welt. Regisseur Werner Boote, dessen Großvater in den 60er Jahren Geschäftsführer der deutschen Interplastikwerke war, reiste für die Recherche zum Film in verschiedene Länder der Erde, beobachtete, dokumentierte und befragte Menschen zu ihrem Leben mit dem Kunststoff. Zudem führte er Interviews mit Wissenschaftlern und zeigt so auch die gesundheitlichen Gefahren von Plastik z.B. durch Weichmacher auf. Der Untertitel des Films bringt dessen Botschaft in einem Satz auf den Punkt: "Wenn Sie diesen Film gesehen haben, werden Sie nie wieder aus einer Plastikflasche trinken."
> Welcome to Sodom (2018): "Welcome to Sodom" zeigt, dass der Müllkonsum in einer Wegwerfgesellschaft nicht nur ökologische, sondern auch soziale Folgen hat. Der Film führt den Zuschauern hinter die Kulisse von Europas größter Müllhalde, welche sich in Afrika befindet und portraitiert die Menschen, die inmitten von Gestank und Abfall Tag ein Tagaus unter menschenunwürdigen Bedingungen unsere Smartphones und Tablets nach verwertbaren Materialien durchsuchen.
> A Plastic Ocean (2013): Der Film "A Plastic Ocean" ist aus einem Zufall heraus entstanden. Eigentlich wollte Journalist Craig Lesson eine Dokumentation über Blauwale produzieren. Doch während seiner Tauchgänge im Ozean entdeckte er – statt einem Blauwal – Tonnen von Plastikmüll. Zusammen mit einem internationalen Team aus Wissenschaftlern und Aktivisten ging der Journalist daraufhin auf Expedition rund um die Erde. Er wollte herausfinden wie schlimm es um unsere Ozeane wirklich steht. Über fünf Jahre wurde an zwanzig verschiedenen Orten recherchiert und gefilmt. Das Ergebnis sind schockierende Bilder, die zeigen wie dramatisch das Plastik-Problem in den Meeren wirklich ist.
> Taste the waste (2010): Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit der immensen Lebensmittelverschwendung und den damit einhergehenden Auswirkungen auf unser Klima. In deutschen Haushalten, das hat Regisseur Valentin Thurn recherchiert, werden jährlich Lebensmittel für 20 Milliarden Euro weggeworfen, was dem Jahresumsatz von Aldi in Deutschland entspricht. Alleine mit den weggeworfenen Lebensmitteln in Europa, könnten alle Hungernden der Welt dreimal satt werden.
Bücher
> Ohne wenn und Abfall (Milena Glimbovski): In ihrem Buch beschreibt Milena Glimbovski unterhaltsam wie sie nach einem Kochabend mit gerade einmal 22 Jahren auf die Idee kam einen Unverpacktladen in Berlin zu gründen und diesen Plan in die Tat umsetzte. Außerdem gibt sie praktische Tipps zur Müllvermeidung in allen Lebenslagen und zeigt, dass es gar nicht immer so schwer sein muss nachhaltig zu leben.
> Und jetzt retten wir die Welt (Marek Rohde, Ilona Koglin): Das "Handbuch für Idealisten und Querdenker", so der volle Titel, verrät, wie es gelingt den eigenen ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, plastikfrei zu leben und einfach sowie gesund zu konsumieren. Witzig geschrieben lernt man spielerisch die neue Nachhaltigkeit in den Alltag zu integrieren und auch bei Motivationsdurststrecken nicht aufzugeben.
> Plastikfreie Zone (Sandra Krauwatschl): Mit ihrem Buch dokumentiert Autorin Sandra Krautwatschl das Selbst-Experiment ihrer Familie, die zunächst versuchte einen Monat plastikfrei zu leben. Trotz vieler Herausforderungen wurden aus einem Monat bis heute mehrere Jahre, in der die Familie kaum Müll produziert. Sandra Krauwatschl zeigt wie man die Herausforderungen eines neuen, müllfreien Lebens meistern kann und teilt mit ihrem Buch ihre Erfahrungen.
> Ich kauf nix (Nunu Kaller): In ihrem Buch plädiert die Autorin für mehr Shopping Enthaltsamkeit, denn nach wie vor ist der übermäßige Kauf von Klamotten ein wahrer Klimakiller. Ein Jahr lang hat die Österreicherin deshalb selbst komplett auf das Kaufen von Kleidern verzichtet. Ein Jahr ohne neue Schuhe, Hosen und T-Shirts aber dafür mit neuen Stylingideen, Tipps zum Selbermachen und Alternativen zum ökologischen Kleiderwahnsinn.