Wahlanalyse

Das ist der neue Mosbacher Gemeinderat

CDU bleibt stärkste Fraktion – Georg Nelius (SPD) neuer Stimmenkönig – Freie Wähler legen zu – Grüne sind die Partei der Stunde

31.05.2019 UPDATE: 01.06.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden
Die neuen Mosbacher Gemeinderäte. Fotos: zg

Von Alexander Rechner

Mosbach. Es ist eine Zäsur in der Mosbacher Kommunalpolitik, im altehrwürdigen Rathaus wird in Zukunft ein neuer Wind wehen. Denn 13 "neue" Persönlichkeiten ziehen in den Mosbacher Gemeinderat ein, das Gesicht des Gremiums wandelt sich. Während die beiden Volksparteien CDU und SPD bei der Wahl Federn lassen mussten, legten die Freien Wähler und vor allem die Grünen zu. Neu im Gemeinderat ist die AfD, die dank 3,4 % Stimmenanteil einen Stadtrat stellt.

Diese Veränderungen in der politischen Landschaft Mosbachs deuteten sich bereits vor dem Urnengang an. Denn im Vorfeld hatten viele Granden, die teilweise über Jahrzehnte die Stadtpolitik mitgeprägt haben, der aktiven Kommunalpolitik Adieu gesagt. Insbesondere die auch künftig stärkste Fraktion im Gemeinderat, die CDU, stand vor einem Generationenwechsel und musste die freiwilligen Abgänge von sechs Mitgliedern verkraften. Keine einfache Aufgabe. Wohl unter anderem auch deshalb entschied man sich in der CDU, mit dem prominenten Stimmenkönig und ehemaligen Europaabgeordneten Dr. Thomas Ulmer als Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen. Und Thomas Ulmer holte in der CDU einmal mehr - mit Abstand - die meisten Stimmen. Auf dem zweiten Platz landete Neuling Manfred Beuchert, der aus dem Stand heraus auf beachtliche 6169 Stimmen kam.

Auch die SPD hat Verluste erlitten, heute liegt sie bei 24,8 % (2014: 29,1 %). Ein Sieger der Wahl ist dennoch Georg Nelius, der die Region im Landtag von Baden-Württemberg vertritt. Er hat sein Ergebnis mit 9819 Stimmen ausgebaut, im Vergleich dazu bekam er vor fünf Jahren 8740 Stimmen. Der Landtagsabgeordnete wurde von den Wählern mit dem besten Ergebnis über alle Fraktions- und Parteigrenzen hinweg ausgestattet. Damit stellt die SPD mit Georg Nelius den Spitzenreiter in Sachen Stimmenzahl.

Festzuhalten bleibt also: Kommunalwahlen sind noch immer vor allem auch Persönlichkeitswahlen. Denn die Wähler lassen sich auf dieser Ebene weniger davon leiten, wer welches Parteibuch hat. Und dennoch: Der allgemeine Trend, den man gerade in der Bundesrepublik erlebt, wirkt(e) sich auch bei der Mosbacher Gemeinderatswahl aus. Es wäre aber zu kurz gesprungen, erklärte man die Wahlergebnisse nur darüber.

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Letztlich gilt: Die Große Kreisstadt hat sich gewandelt. Die Neuorientierung urban-bürgerlicher Wähler kann man auch in Mosbach beobachten. Dass Wähler quasi selbstverständlich bestimmten Parteien ihre Stimmen geben, gehört augenscheinlich der Vergangenheit an. Auch in der über Dekaden schwarzen Hochburg Neckar-Odenwald-Kreis fühlen sich zunehmend Wähler bei den Grünen und Freien Wählern wohl. Dass die Grünen nach Jahrzehnten zum neuen politischen Hoffnungsträger avancieren, lässt sich nicht allein mit der (derzeitigen) Schwäche der etablierten Kräfte erklären. Gerade für die junge Generation scheint Grün mehr als nur eine Parteifarbe zu sein. Sind es die Themen, die Werte oder ist es ein Lebensgefühl? Dies haben zuvorderst die politisch Verantwortlichen in der Großen Kreisstadt und im Landkreis in ihren Wahlnachlesen zu analysieren und zu beantworten. Den "schwarzen Peter" nach Berlin oder Stuttgart zu schieben, wäre aber zu einfach. Die Wähler haben mit ihren Voten den künftigen Volksvertretern eines in das Stammbuch geschrieben: Sie wollen neue Antworten. Sie wollen eine modernere Form der Ansprache. Und sie wollen neue Ideen.

Neu sind im Gemeinderat die Grünen, der Wahlsieger in Mosbach. Die Partei der Stunde hat in der Großen Kreisstadt auf Anhieb 17,2 % holen und fünf Mandate gewinnen können. Zugegeben: Ganz so neu sind sie nicht in der Mosbacher Kommunalpolitik, denn bis dato saßen schon Volksvertreter nur unter dem Namen "Alternative Liste (AL)" im Stadtparlament. Aber die Grünen hatten sich im vergangenen Jahr von der AL getrennt und traten in der Folge erstmals mit eigenen Kandidaten an (die RNZ berichtete). Und dies mit Erfolg. Sie erhielten von den Wählern einen kräftigen Vertrauensvorschuss. Dem sie nun gerecht werden müssen.

Erstmals mussten sich die Wähler auf ein neues Wahlsystem beim Urnengang einstellen. Die "Unechte Teilortswahl" galt nicht mehr. Wie wirkte sich diese Abschaffung aus? Werden die Stadtteile künftig überhaupt im Gemeinderat vertreten sein? Diese Fragen stellten sich nicht wenige. Allerdings: Auch im künftigen Kommunalparlament sind die Stadtteile gut (zum Teil gar gestärkt) vertreten. Erfreulich ist, die Wahl bewegte die Bürger. Die Wahlbeteiligung stieg von mageren 47 (2014) auf immerhin 55,1 %. Womit man allerdings immer noch unter dem Kreis-Durchschnitt liegt (60,3 %).

Ein Signal hat man allerdings in Mosbach gesetzt - für neuen Wind. Wie der letztlich weht, muss sich weisen und liegt nun in den Händen der (neuen) Stadträtinnen und Stadträte.

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