Walldorf

1870 Mitarbeiter wollen SAP freiwillig verlassen

Großes Interesse an Vorruhestands- und Abfindungsprogramm - Erste Mitarbeiter werden Anfang 2020 freigestellt

09.05.2019 UPDATE: 10.05.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden

Die SAP-Zentrale in Walldorf: Rund 1870 haben sich für ein Abfindungs- und Vorruhestandsprogramm registrieren lassen. Foto:dpa

Von Barbara Klauß

Walldorf. Die Vorruhestands- und Abfindungsprogramme des Softwarekonzerns SAP werden von den Mitarbeitern in Deutschland gut angenommen. "Die Programme sind erwartungsgemäß auf sehr großes Interesse gestoßen", wie Cawa Younosi, Personalchef der SAP in Deutschland, am Donnerstag erklärte.

Rund 1870 Mitarbeiter des Softwarekonzerns haben sich demnach in Deutschland dafür registriert - fast 1250 für das Vorruhestandsprogramm und fast 620 für das Abfindungsprogramm. Wie die Resonanz der Mitarbeiter weltweit war, dazu konnte Younosi gestern nichts sagen.

Ende Januar hatte SAP-Chef Bill McDermott einen Personalumbau angekündigt: Damit Europas größter Softwarekonzern bei den Veränderungen in der Technologiebranche mithalten kann, sollen Mitarbeiter über 55 Jahre, deren Fähigkeiten nicht mehr in dem Ausmaß gebraucht werden, SAP über ein Vorruhestandsprogramm verlassen, jüngere über ein Abfindungsprogramm. Weltweit war die Rede von 4400 Mitarbeitern, hierzulande von 1000 bis 1200.

Diese Zahl werde in Deutschland vermutlich erreicht, vielleicht sogar übertroffen, erklärte Personalchef Younosi nun nach Ablauf der Registrierungsfrist. Nach den Erfahrungen aus früheren Programmen geht er davon aus, dass in 20 bis 30 Prozent der Fälle kein Vertrag zustande kommt - weil die Mitarbeiter sich doch gegen das Angebot entscheiden oder weil der Konzern sie nicht gehen lässt.

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Die Programme basieren auf dem Prinzip der "doppelten Freiwilligkeit", wie SAP immer wieder betont. Zum einen erfolgte die Registrierung freiwillig. Zum anderen kann nicht jeder, der registriert ist, auch tatsächlich gehen. Hat ein Beschäftigter zum Beispiel besonders gefragte Kenntnisse in Wachstumsbereichen, darf er nicht am Freiwilligprogramm teilnehmen.

Das werde nun geprüft, so Younosi. Im Anschluss würden Gespräche mit den potenziellen Teilnehmern geführt. Er erwartet, dass die ersten Kollegen das Unternehmen Anfang 2020 verlassen werden.

"Das Programm wird aufgrund der Freiwilligkeit von den Kollegen nicht als harte Maßnahme empfunden", erklärte Ralf Zeiger, Vorsitzender des Betriebsrats, der die Modalitäten des Programms mit ausgehandelt hat, gestern. Wichtig ist ihm, dass auch für diejenigen, die bleiben wollen, günstige Bedingungen herrschen.

"Deshalb haben wir eine Beschäftigungssicherung bis 2023 und Weiterbildungsmaßnahmen beschlossen", so Zeiger. Mit dieser Vereinbarung sind Kündigungen laut Konzern "de facto" ausgeschlossen. Man wolle den Mitarbeitern Sicherheit geben und Verhandlungen bei künftigen Reorganisationen beschleunigen, hieß es.

Beim einem ähnlichen Vorruhestandsprogramm im Jahr 2015 hatten rund 3000 Mitarbeiter weltweit SAP verlassen, rund 1300 von ihnen in Deutschland. Dass das Programm damals so gut angenommen wurde, lag auch an den hohen Abfindungen. Je nach Länge der Betriebszugehörigkeit erhielten die Mitarbeiter bis zu 43,5 Monatsgehälter.

Wie hoch mögliche Zahlungen diesmal ausfallen, dazu äußerte sich Younosi gestern nicht. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres hat der Personalumbau das Ergebnis des Konzerns mit 886 Millionen Euro belastet. Finanzchef Luka Mucic rechnet nicht damit, dass er weitere Kosten verursachen wird. Ab 2020 will SAP durch den Umbau jährlich 750 bis 850 Millionen Euro sparen.

Derzeit arbeiten rund 98.700 Mitarbeiter weltweit für SAP, 23.000 davon in Deutschland, 15.000 in der Region. Trotz des Vorruhestands- und Abfindungsprogramms soll die Zahl weiter steigen, vor allem durch Personalaufbau in Wachstumsbereichen. Mucic zufolge könnte sie insgesamt bald bei über 100.000 liegen. Auch der deutsche Personalchef betonte gestern noch einmal: "Ich gehe davon aus, dass wir am Ende des Jahres mehr Mitarbeiter haben werden als zu Beginn."

Dennoch hatte das Programm für Unruhe gesorgt - auch weil ein Wissensabfluss befürchtet wird. SAP werde für einen vernünftigen Wissenstransfer sorgen, beschwichtigte Younosi am Donnerstag. Man habe aus den beiden zurückliegenden Programmen gelernt und versuche gemeinsam mit dem Sozialpartner, Dinge zu vermeiden, die damals nicht gut gelaufen seien. Auch Zeiger geht davon aus, dass aufgrund der vorhandenen Erfahrung alles "glatt laufen wird."

Ort des Geschehens

Kritiker sehen in dem Programm außerdem eine Alters-Diskriminierung. Weltweit liegt das Durchschnittsalter bei SAP knapp unter 40, in Deutschland etwas darüber. Durch die Programme dürfte es leicht weiter sinken. Doch darum gehe es nicht: "Das ist kein Altersabbau-Programm", betonte Younosi. "Wenn das das Ziel wäre, würden wir es glatt verfehlen."

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