Zoo Heidelberg

Plötzlich war da noch ein Waschbär im Gehege

Der achte Waschbär kam freiwillig in den Zoo - Fred genießt jetzt die Vollpension - Tierart darf nicht in die Freiheit entlassen werden

02.05.2019 UPDATE: 03.05.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 42 Sekunden

Eigentlich gehören sie nach Nordamerika, breiten sich aber seit rund 70 Jahren in Deutschland aus: Waschbären. Acht von ihnen leben im Heidelberger Zoo - einer davon, Fred, hat sich dieses Zuhause selbst ausgesucht. Foto: Peter Bastian

Von Timo Teufert

Heidelberg. Fred war eines morgens einfach da: Niemand weiß so genau, wie er in das Waschbärengehege des Heidelberger Zoos gelangen konnte, aber dem bis dahin frei lebenden Waschbären ist es irgendwie gelungen, alle Barrieren zu überwinden. Fred wurde in die Waschbärengruppe, die seit März 2014 ein großes neues Gehege an der Jugendherberge bewohnt, integriert und lebt seither friedlich mit den anderen sieben Tieren zusammen.

"Fred ist uns zugelaufen und hat sich an das gute Leben im Zoo gewöhnt", meint Sandra Reichler, Kuratorin für Säugetiere im Tiergarten. Denn Fred muss hier nicht wie in freier Wildbahn selbst auf Nahrungssuche gehen, im Zoo hat er quasi Vollpension. Am Anfang habe der Waschbär noch Probleme mit den Tierpflegern gehabt und sei - wie in freier Wildbahn üblich - nachtaktiv gewesen. "Doch an die Tierpfleger hat er sich mittlerweile gewöhnt und auch seinen Tagesrhythmus an seine Artgenossen im Zoo angepasst", sagt Reichler.

Dass der Zoo Fred nicht einfach wieder auswildern konnte, liegt auch an einer Verordnung der Europäischen Union von 2015. In dieser Verordnung wird die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten in der Europäischen Union geregelt. Der Verordnung liegt eine Liste mit 26 nicht-heimischen Arten - den sogenannten Neozoen - zugrunde, von denen viele ein Problem für die einheimische Tier- und Pflanzenwelt darstellen. Auf der Liste stehen etwa Signalkrebse, Grauhörnchen und eben auch Waschbären. Denn diese stammen vom nordamerikanischen Kontinent. "In den 1950er Jahren entkamen die ersten Waschbären aus Pelzfarmen oder wurden ausgesetzt, seither haben sie sich in Mitteleuropa stark verbreitet", berichtet Reichler.

Zwar spüren auch die Heidelberger immer mehr, dass sich die frei lebenden Waschbären bis in die Region verbreitet haben - erst vor Kurzem wurde ein Kleinbär von der Tierrettung von einem Baum, ein anderer von einem Glasdach gerettet. Doch welche Auswirkungen das hat, ist offen: "Ob Waschbären eine Gefahr für die heimische Tier- und Pflanzenwelt sind, wird gerade erforscht", weiß Reichler. Bislang konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Tierart extrem negative Auswirkungen auf die Umwelt habe. Waschbären sind Kulturfolger, die mit dem Menschen sehr gut zurechtkommen. "Sie sind Allesfresser und ernähren sich von kleinen Säugetieren, Nüssen, Früchten und Aas", weiß die Biologin.

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Trotzdem dürfen die Tiere nach EU-Recht nicht mehr transportiert, nicht mehr gehalten, nicht mehr gezüchtet und nicht mehr in die Freiheit entlassen werden. "Für uns als Zoo ist das ein Problem", sagt Reichler. Über den Verband der Zoodirektoren habe man versucht, für die Tiergärten Ausnahmegenehmigungen zu bekommen, da die Neozoen wichtig für die Bildungsarbeit seien. Zwar dürfen die Bestandstiere - der Zoo hält seit über 20 Jahren Waschbären - noch gehalten werden, diese mussten aber alle kastriert werden.

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