Der Reiterverein will weiterkämpfen
Am "Tag der offenen Stalltür" zogen Stephan Bingel und Hermann Gundel ihre Bilanz in Sachen Suche nach einem neuen Standort

Von Werner Popanda
Bei aller Begeisterung und bei aller Freude, die ganz besonders dem pferde- und reitsportbegeisterten Nachwuchs anzumerken war, lag beim nunmehr zweiten "Tag der offenen Stalltür" des Reitervereins Heidelberg (RVH) doch spürbar mehr als nur ein Hauch von Wehmut über der grandios gelegenen Reitanlage direkt am Neuenheimer Neckarufer. Keine Frage, der Gemeinderatsbeschluss vom 25. Juli wirkt nach.
An diesem Tag hatte das Kommunalparlament mit 24 zu 17 beschlossen, dass der RVH auf keinen der erörterten Ersatzstandorte ausweichen kann (die RNZ berichtete). Also auch nicht auf die Areale "Schänzel" in Handschuhsheim, "Auf der Schwetzinger Bahn" in Kirchheim und "Wolfsgärten" in Wieblingen. Damit sei, teilte die Stadt nach der Abstimmung mit, "ein langjähriges Verfahren zur Suche nach einem neuen Standort für den Verein ohne Ergebnis beendet".
Mit diesem "pauschalen Nein" hatte Dr. Stephan Bingel nicht gerechnet, der von einer dreijährigen Pause abgesehen seit 1968 bis heute im RVH-Vorstand aktiv ist. Nun sieht er sich mit dem Fakt konfrontiert, dass der RVH seinen derzeitigen Standort bis Ende 2013 räumen muss. Das Gelände wird nämlich für die Erweiterung des Zoos und der Universität benötigt.
Den "Tag der offenen Stalltür" bewertet RVH-Vorstandsmitglied Hermann Gundel, von 1992 bis 2007 selbst Stadtrat und daher gewiss mit allen kommunalpolitischen Wassern gewaschen, denn auch als "kleine Demonstration gegen die Art und Weise, wie die politischen Parteien mit uns umgegangen sind". Zugleich wendet er sich heftig gegen jene im Abstimmungsvorfeld kursierenden Spekulationen, welcher Reiterverein wohl mit welchem zusammengehen könnte oder sollte.
Eine diesbezügliche "Verordnung per Mufti" lehnt er vor allem deshalb nachdrücklich ab, weil die Heidelberger Reitervereine gewachsene Clubs seien und es letztendlich im Falle einer Fusion nur zu "Mord und Totschlag" kommen könne. Dieser Ansicht ist auch der erste Vorsitzende Bingel, der ebenso von "gewachsenen Vereinen" spricht, die "von ihren jeweiligen Stadtteilen getragen werden".
Im Grunde, so Bingel, handele es sich also bei der Reitervereinsszene um ein "absolut funktionierendes System", in welchem natürlich die Autonomie der Vereine eine riesengroße Rolle spiele. "Die Stadt", ergänzt er hierzu, "soll doch froh darüber sein, dass es noch Vereine gibt, die selbstständig arbeiten". An seiner Seite steht der Sportkreisvorsitzende Gerhard Schäfer, ein erklärter Gegner oktroyierter Vereinsfusionen.
Selbstverständlich empfinde er angesichts der aktuellen Lage jede Menge Wehmut, macht Bingel aus seinem Herzen keine Mördergrube. Schließlich habe er "das alles hier selbst mit aufgebaut". Ganz und gar kein Verständnis will er überdies für die "total absonderlichen Argumente der Naturschützer" aufbringen. Denn für ihn ist ökologisch betrachtet eine "nicht beweidete Pferdekoppel das Beste, was es gibt".
Des Weiteren verweist Bingel auf die "Grundausbildung, die nur bei uns in diesem extremen Ausmaß läuft", auf die über Dekaden hinweg in die Reitanlage investierten Gelder sowie die mehrfach geleisteten Planungskosten für eine neue Anlage. Außerdem sei ja nicht nur der RVH vom Gemeinderatsbeschluss betroffen, sondern auch noch ein zweiter hier beheimateter Verein. Als da wäre die Studentischen Reitgruppe mit gut 100 Aktiven.
Voll die Flinte ins Korn werfen will Gundel freilich nicht: "Unsere Struktur mit der Jugendarbeit ist das A und O, um das wir kämpfen und das man nicht einfach ,jwd' verpflanzen kann." Deshalb hoffe er auf einen zweiten Anlauf, "aber die Zeit läuft weg". "An uns", so Gundels schon fast verbittert klingendes Fazit, "wird ein komisches Exempel statuiert, das ist zum Verzweifeln".
Offenbar werde der RVH als "elitäre Gruppe" eingeschätzt, auf die man nach Belieben "draufklatschen kann". Doch sei dieser Verein alles andere als elitär. So müsse sich beispielsweise jeder private Besitzer eines Pferdes vertraglich dazu verpflichten, dass er sein Pferd einem Jugendlichen zur Verfügung stellt. Und auch die Kosten für eine Reitstunde seien mit maximal 15 Euro "grenzwertig kalkuliert", hob Bingel hervor.