Abgang mit stehendem Applaus
Marlene Schwöbel-Hug wurde am Mittwoch als Stadtdekanin verabschiedet - Hunderte in Heiliggeist

Marlene Schwöbel-Hug - neben Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh (l.) und dem katholischen Stadtdekan Jochen Dauer - erhielt gestern einen Bollenhut. Foto: Rothe
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Bis Mittwoch, 16.45 Uhr, war Marlene Schwöbel-Hug offiziell noch Dekanin der Evangelischen Stadtkirche. Da entband sie Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh bei einem Gottesdienst in Heiliggeist offiziell von ihrem Amt.
Ab Montag wechselt sie dann als "normale" Pfarrerin in den Schwarzwald und macht in Hausach, Gutach und Schiltach Vertretungen - um endlich mit ihrem Mann Rolf Hug, der aus dem nahen Oberndorf stammt, zusammenleben zu können. Und auch deshalb schenkte ihr Heike Matzkuhn vom Bezirkschor "Vocalissimo" einen Bollenhut, der vor 200 Jahren als Tracht der evangelischen Frauen in Gutach "erfunden" wurde - schließlich intonierten die Heiliggeist-Bläser die inoffizielle Hymne dieser Gegend: Horst Jankowskis "Schwarzwaldfahrt".
Doch zunächst nahmen die Heidelberger von ihr Abschied: OB Eckart Würzner nannte sie "unsere Dekanin", die in der Stadt immer wieder "kräftig ihre Stimme erhoben" habe.
Und immer wieder schimmerte auch durch, dass Schwöbel-Hugs elf Jahre im Amt nicht immer einfach waren: Kindergarten-Misere, klamme Finanzen, Gemeindefusionen - und sicher auch die eine oder andere Verletzung, der man als "Schaumkuss" nicht entgehen kann. Insofern hatte wohl Schuldekanin Beate Großklaus nicht unrecht, als sie meinte, dass das Geld nicht das letzte Wort behalten sollte.
Auch interessant
Hintergrund
Wieso Dekane wie Schaumküsse sind
Der ungeahnte Höhepunkt des gestrigen Abschiedsgottesdienstes von Dekanin Marlene Schwöbel-Hug war das Grußwort ihres Bruders Hans-Georg Hentschel. Er hat als
Wieso Dekane wie Schaumküsse sind
Der ungeahnte Höhepunkt des gestrigen Abschiedsgottesdienstes von Dekanin Marlene Schwöbel-Hug war das Grußwort ihres Bruders Hans-Georg Hentschel. Er hat als Superintendent der Evangelischen Landeskirche Hannover ein vergleichbares Amt wie seine ältere Schwester - und legte in Heiliggeist gestern eine ungewöhnliche Performance hin, in der er das "Schaumkussphänomen" demonstrierte.
Er zerteilte ein Brötchen in zwei Hälften: Die obere ist die Kirchenleitung, die untere die Gemeinden. Und mittendrin die Dekane/Superintendenten - der Schaumkuss, wie man heute politisch korrekt die alten Mohrenköpfe nennt: "Von unten gesehen ist der oben, und von oben gesehen unten." Hentschel zerdrückte unter dem schallenden Gelächter der Anwesenden die beiden Brötchenhälften: "Die unleugbare Freude unseres Amtes lässt sich leider nur dadurch erreichen, dass man uns zermatscht." Aber erst zusammengedrückt entfalte er den vollen Wohlgeschmack.
"Wir haben uns oft unterhalten, wie es sich als Schaumkuss so lebt", verriet er der Gemeinde. Zumal seine ältere Schwester ja nun wieder zur unteren Brötchenhälfte wechselt. Und er endete, an seine Schwester gerichtet: "Möge Gott Deine Wege segnen. Und guten Appetit!" Donnernder Beifall in Heiliggeist. (hö)
Ihr Dienstherr Cornelius-Bundschuh sprach ihr manchmal energisches Wesen und ihre klaren Positionen an: "Das stieß sich an den Erwartungen, dass Leitungspersonen auszugleichen hätten."
Aber: "Sie ging heraus und übernahm Verantwortung" - und er nannte zwei Beispiele: Schwöbel-Hugs Haltung ("engagiert und mit ganzer Person") beim Umgang mit Flüchtlingen, aber auch bei der "Körperwelten"-Ausstellung im Alten Hallenbad. Mit die persönlichsten Worte fand ihr katholischer Amtskollege Jochen Dauer, der ihr für "die Freundschaft und Verbundenheit" dankte - und ihr eine katholische Stola schenkte: "Sonst hast Du Dir immer eine bei mir ausgeliehen."
Und Schwöbel-Hug selbst? Die stieg, wie stets schwungvoll, ein letztes Mal auf die Kanzel und predigte voller Emphase über das, was ihr wichtig ist: "Gottes Haus hat viele Wohnungen."
Kirche sei "bunt, vielfältig und leuchtend" und auf jeden Fall "mehr als Gebäude, Organisationen und Institutionen". Sie sei eine Art Hausgemeinschaft, in der es auch einmal krachen darf. Und da war sie wieder bei ihren eigenen Verletzungen der letzten Jahre: "In dieser Hausgemeinschaft müssen aber auch Regeln gelten: Rücksicht, Achtsamkeit, Respekt, Wahrung der nötigen Distanz, Verständnis und Toleranz. Kleinlichkeit und Rechthaberei sollten wie schmutzige Schuhe vor der Wohnung abgestellt werden."
Zwar mahnte sie, "die Botschaft ist wichtiger, als die Menschen, die sie vertreten". Doch Hunderte Gäste in Heiliggeist zeigten am Mittwoch, was ihnen an der Person Marlene Schwöbel-Hug liegt: Sie wurde mit stehendem Applaus verabschiedet.



