Heidelberg

Die Chance - Ein Park für die Altstadt!

An der Providenzkirche war einst der kurfürstliche Herrengarten - Mächtige Bäume erinnern heute noch an ihn - Wird das Gelände bald bebaut?

17.08.2018 UPDATE: 18.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 50 Sekunden

Von der Gartenterrasse des Café Schafheutle blicken die Gäste direkt auf den Baumbestand des einstigen "Providenzgartens". Früher war hinter der Begrenzungsmauer der Kindergarten, der unlängst abgerissen wurde.

Von Micha Hörnle

Heidelberg. Die Altstadt hat bisher noch keinen Park - aber das könnte sich ändern. Zumindest gibt es im Moment eine kleine, aber historische Chance, eine winzige Erinnerung an den einstigen kurfürstlichen Herrengarten für die Nachwelt zu retten. Denn seitdem der frühere Kindergarten an der Providenzkirche abgerissen ist, bekommt man nun erstmals eine Ahnung von den prächtigen Bäumen, die hier wachsen. Momentan hat man einen relativ guten Blick von der Friedrichstraße aus - oder von der Gartenterrasse des Café Schafheutle. Hier trennt nur eine Mauer den Café-Bereich vom Garten - und gibt den Blick auf die Bäume und den Gaisberg frei.

Auf dem Providenz-Gelände zählt die Stadtverwaltung heute einen Ginkgo - angeblich den größten Nordbadens -, 20 Eiben, eine Rosskastanie, eine Schwarzkiefer und eine Libanonzeder, die als Naturdenkmale unter besonderem Schutz stehen. Dabei handelt es sich keineswegs um Gewächse aus der einstigen kurfürstlichen Anlage. Der jetzige Bestand ist zwischen 80 und 150 Jahre alt. Den Garten, der zwischen der heutigen Plöck, Märzgasse und Friedrichstraße lag, legte Kurfürst Ottheinrich 1544 an, doch er büßte rund 70 Jahre später, nach dem Bau des nie ganz vollendeten "Hortus Palatinus" auf dem Schloss an Bedeutung ein. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde er in Parzellen aufgeteilt, die schließlich bebaut wurden: Das war der Startschuss zu dem Teil der heutigen Altstadt, die lange als Vorstadt bezeichnet wurde (siehe Interview unten).

Die Evangelische Kirche, der dieses Areal gehört, weiß natürlich um den Wert der Bäume und bekennt sich ausdrücklich dazu, sie zu erhalten, wie ihre Sprecherin Karin Wilke gegenüber der RNZ betont. Allerdings läuft gerade bei der notorisch finanziell klammen Kirche das groß angelegte Liegenschaftsprojekt, das die vorhandenen Gebäude und Flächen, darunter auch den "Providenzgarten", auf ihre Potenziale untersucht. Noch gibt es keine fertigen Planungen, sagt Wilke, aber immer wieder hören die Anwohner von Machbarkeitsstudien, nach denen das Areal bebaut werden soll - etwa für die Hochschule für Kirchenmusik, die momentan noch in der Weststadt ist. Wahrscheinlich würden die neuen Gebäude sich in der Höhe an denen in der Friedrichstraße orientieren.

Das wiederum fürchtet Kaffeehausbesitzerin Martina Schafheutle-Kübel: Denn dann würde aus ihrer schmucken Gartenterrasse ein "dunkles Loch". Wenn sie sich etwas wünschen dürfte, wäre es der Erhalt des kleinen Providenzgartens, der bis in die dreißiger Jahre tatsächlich eine kleine grüne Oase samt einem Zierbrunnen mitten in der Altstadt war, wie alte Fotografien beweisen. Ihr geht es nicht darum, ihr eigenes Café auf den Providenzgarten auszudehnen ("Das ergibt betriebswirtschaftlich keinen Sinn"), sie hat auch nicht vor, ihn für sich zu kaufen, sondern: "Meine Vision ist, daraus einen kleinen Park für alle zu machen." Denn, so meint die gebürtige Altstädterin: "In unserem Stadtteil gibt es generell wenig Grünflächen."

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Mittlerweile kann man auch von der Friedrichstraße aus fast ungehindert auf das Gelände blicken (im Hintergrund das Providenz-Gemeindehaus). Fotos: Rothe

Natürlich geht es ihr auch um die Zukunft ihres Traditionsbetriebes: Mit ihrem Sohn steht bereits die vierte Generation in den Startlöchern, gerade wird groß umgebaut. Und die Terrasse ist im Sommer absolut unverzichtbar - und deshalb ängstigt sie die mögliche Bebauung. Zumal ihr Großvater Otto Schafheutle vor 80 Jahren so vorausschauend war, von der ehemaligen Tabakfabrik Landfried - diese war zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Bergheimer Straße gezogen - ein Grundstück zu kaufen, um hier seinen eigenen Garten anzulegen. Erst wurde hier Gemüse angebaut, dann legte er in den fünfziger Jahren die heutige Terrasse an. Otto Schafheutle war 1933 aus Freiburg nach Heidelberg gekommen und kaufte das 1832 gegründete alteingesessene Café Krall.

In einem alten Ordner machte seine Enkelin Martina Schafheutle-Kübel einen interessanten Fund: Ein Jahr nach Geschäftsgründung hatte Otto Schafheutle einen längeren Artikel der "Heidelberger Neuesten Nachrichten" vom 25. September 1934 ausgeschnitten: "Der Herrengarten. Der älteste Garten Heidelbergs". Darin wird die Geschichte des Gartens nachgezeichnet, und er endet mit den Worten: "Heidelberg sollte alles versuchen, diesen heute in Privatbesitz stehenden Garten uns zu erhalten. Das ginge am einfachsten, wenn der Besitzer diese historische Stätte der Öffentlichkeit als öffentlichen Garten zur Verfügung stellen könnte."

Daran will Schafheutle-Kübel wieder anknüpfen. Und sie ist damit nicht allein. Erst unlängst erhielt die RNZ einen Leserbrief der Altstädter Ingrid und Heinz Hennemann, die den Erhalt "einer der letzten grünen Oasen in der Kernaltstadt" fordern: "Es wäre ein Gewinn für die Altstadt, wenn wenigstens der Garten mit seinem jahrhundertealten Baumbestand den Heidelberger Bürgern erhalten bleibt. Wir hoffen, dass die Evangelische Kirche und die Stadt sich dafür einsetzen, ihren Bürgern diese erhaltenswerte Anlage zu bewahren."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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