Bundesliga-Duell gegen St. Ilgen

Obrigheimer Gewichtheber bleiben auf Kurs

Durch 826:515,5-Sieg ist der Einzug ins Finale geschafft - Europameister Nico Müller bester Heber

08.04.2018 UPDATE: 09.04.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 27 Sekunden

Der Stolz über das Auftreten der Obrigheimer Heber bei den Europameisterschaften war groß. Bei der Ehrung der Athleten waren vertreten, v.l.: Vorstandsmitglied Werner Diemer, NOK-Landrat Achim Brötel, Europameister Nico Müller, Vorstandsmitglied Volker Hauß, EM-Siebter Alejandro Gonzalez, EM-Fünfter Matthäus Hofmann, Sportkreisvorsitzende Dorothee Schlegel und Obrigheims Bürgermeister Achim Walte. Foto: S. Weindl

Von Roland Karle

Obrigheim. Die Plätze und Ränge in der Neckarhalle waren dicht besetzt und alle Augen auf Celina Schönsiegel gerichtet, als sie kurz nach 19.30 Uhr am Samstagabend die Bühne betrat. Vor so vielen Leuten hatte die 15-Jährige noch nie gehoben, und so wirkte sie fast etwas erschrocken.

Nach ihrem Bundesliga-Debut vor sieben Wochen in Schifferstadt kam sie unerwartet zu ihrer Heimpremiere, weil Matthäus Hofmann im Bundesliga-Duell gegen den AC St. Ilgen passen musste. Der Schwergewichtler war bei seinem EM-Wettkampf vor einer Woche auf glattem Parkett weggerutscht. Er brachte seine Versuche zwar zu Ende, war aber angeschlagen. Nach ärztlicher Untersuchung steht nun fest, dass sich der 23-Jährige einer Knieoperation unterziehen muss. "Das ist kein großer Eingriff, aber unvermeidlich", sagt Hofmann, der seiner Mannschaft auch am 28. April im Endkampf gegen Samswegen und Speyer fehlen wird.

An Stelle des Nationalhebers stand nun die nicht mal halb so schwere Celina Schönsiegel gleich als Erste vor der Hantel. Und vor Hunderten von Zuschauern. Eine Kulisse, die zunächst zu einer Bürde wurde für die Nachwuchsheberin. Die aufgelegten 55 Kilo schleuderte sie über sich hinweg - zum Auftakt ein Fehlversuch.

Ihr Trainer Daniel Pischzan, ein in 105 Bundesliga-Einsätzen für Obrigheim gestählter Athlet, blieb ruhig. Und sein Vertrauen in die zierliche Athletin zahlte sich aus. Sie fand immer besser in den Wettkampf, brachte alle fünf folgenden Versuche zur Hochstrecke und verdiente sich freudestrahlend 100 Relativpunkte in einer Begegnung, die der SV Obrigheim dominierte und mit 826:515,5 gewann.

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Die Gäste aus St. Ilgen traten sympathisch auf und kämpften im Rahmen ihrer Möglichkeiten, letztlich aber lieferten sie ihre schlechteste Saisonleistung ab. "Unsere beiden Ausländer stehen uns nicht zur Verfügung, personell ist es zurzeit sehr eng bei uns", begründete St. Ilgens Vorsitzender Bernd Börgerding die geringe Punktausbeute.

Während die Gäste die Saison als Siebter abschließen und nun in die Pause gehen, diente der letzte Heimkampf dieser Runde den Obrigheimern Gewichthebern als Generalprobe für den Endkampf um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft 2018. Seit Samstagabend sind sämtliche Restzweifel beseitigt: Als Zweiter der Bundesliga-Gruppe A weist Obrigheim einen höheren Punktedurchschnitt auf als der Nord-Ost-Vizemeister Chemnitzer AC und zieht deshalb ins Dreierfinale ein.

"Das war ein gelungener Abschluss in eigener Halle", fasst Manuel Noe das einseitig verlaufene Duell gegen St. Ilgen zusammen. "Unsere Mannschaft hat eine solide Leistung gezeigt und wird die kommenden drei Wochen nutzen, um dann in Samswegen voll anzugreifen", so der Sportliche Leiter.

Dort wird Europameister Nico Müller eine wichtige, am Ende vielleicht gar entscheidende Rolle spielen. Gegen St. Ilgen servierte er mit scheinbarer Leichtigkeit sechs gültige Versuche und sammelte 182 Relativpunkte. Nachdem er an Gründonnerstag in Bukarest den Titel gewonnen hatte, stand der 24-Jährige an Ostermontag schon wieder in Schwarzach im Trainingsraum. "Das ist mir ein bisschen schwergefallen", gab er zu, "aber ich freue mich aufs Finale und will bis dahin meine Form halten."

Vor dem Wettkampf wurde Müller für sein Husarenstück bei der Europameisterschaft von Verein, Landkreis, Gemeinde und Sportkreis geehrt. Auch die beiden anderen EM-Teilnehmer des SV Obrigheim, Matthäus Hofmann und Alejandro Gonzalez, nahmen auf offener Bühne Gratulation und Applaus entgegen.

Gonzalez konnte so viel Lob anfangs überhaupt nicht in sportliche Energie ummünzen. Im Reißen brachte er lediglich den Anfangsversuch von 135 Kilo in die Wertung statt 150 wie geplant. Ähnlich schien es im Stoßen zu laufen. Nach gültigen 165 Kilo scheiterte er an 173 und wagte danach viel: 180 Kilo orderte der bis dahin fahrig agierende Spanier. Also eine Steigerung um 15 Kilo nach vorangegangenem Fehlversuch.

Und da packte Alejandro den Gonzalez aus: Selbstbewusst wie ein Stierkämpfer krallte sich der 78-Kilo-Athlet die Hantel und hievte sie ins Scheinwerferlicht, als ginge es in diesem Moment um den Meistertitel. "Respekt, wie er die Hantel rausgehauen und den Versuch gemeistert hat", lobte Noe den mit 159 Punkten zweitbesten Obrigheimer an diesem Abend.

Zuvor hatte schon Marius Oechsle ein Ausrufezeichen gesetzt. Der als kaufmännischer Angestellte voll berufstätige Athlet stellte sowohl im Reißen (124 kg) als auch im Stoßen (160 kg) eine persönliche Rundenbestleistung auf. Die feierte er auf der Bühne mit geballter Faust, um danach bescheidene Worte für seinen Auftritt zu finden. "Das war okay", wehrte der Schützling des ehemaligen Obrigheimer Bundesliga-Hebers Karsten Kluge (62 Einsätze) allzu begeisterte Komplimente ab.

Sein Teamkollege Jakob Neufeld machte sich einen sportlich leistungsfördernden Spaß daraus, im letzten Versuch 158 Kilo auflegen zu lassen - genau so viel, damit es am Ende reichen würde, um mit 137 Punkten um einen Zähler vor dem exakt gleich schweren Kameraden Oechsle zu landen.

Neufeld, der wegen einer Grippe zehn Tage pausieren musste und erst seit der vergangenen Woche wieder trainiert, bestand die selbst auferlegte Prüfung und gewann das interne Duell. "Ich habe am Donnerstag noch eine schwere Einheit absolviert, denn ich muss meinen Plan durchziehen, um den Trainingsrückstand aufzuholen. Unter diesen Voraussetzungen bin ich zufrieden, so wie es gelaufen ist", kommentierte Neufeld seinen Auftritt.

Hingegen haderte Ruben Hofmann mit sich. Er wollte viel: In beiden Disziplinen griff der 18-Jährige persönliche Rekorde an. Im Reißen hatte er 120 Kilo eigentlich schon bewältigt, als ihm die Hantel doch noch vorzeitig aus den Händen glitt. Im Stoßen erwiesen sich 148 Kilo noch als zu schwer. So standen für ihn letztlich 112 statt der anvisierten 125 Relativpunkte im Protokoll.

Dennoch: Der 74-Kilo-Athlet hat sich im Lauf der Saison stark entwickelt, Bestleistungen aufgestellt und sechs von acht Bundesliga-Wettkämpfen absolviert. Weil sein Bruder Matthäus in Samswegen verletzt ausfällt, wird Ruben Hofmann im Finale auf der Bühne stehen. Es gibt kaum bessere Gelegenheiten, um Versäumtes nachzuholen und Rekorde aufzustellen.

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