"Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz"
Vor der Landratswahl am 13. März nimmt Amtsinhaber Stefan Dallinger in der RNZ zu wichtigen Politikfeldern Stellung

Landrat Stefan Dallinger stellt sich am 13. März in Wiesloch zur Wiederwahl. Foto: Peter Dorn
Von Stefan Hagen
Rhein-Neckar. "Ich schaue auf mich und nicht auf den Gegenkandidaten." Nein, zu Wilfried Weisbrod (Grüne) will Stefan Dallinger nichts sagen. Dass es einen Konkurrenten gibt, sei gut für die Demokratie. Punkt, aus. Mehr ist dem 55-Jährigen zu diesem Thema nicht zu entlocken. Im Vorfeld der Landratswahl am 13. März im Kongresshotel Palatin in Wiesloch hat die RNZ mit dem Amtsinhaber über Politikfelder gesprochen, die für die Menschen im Rhein-Neckar-Kreis eine wichtige Bedeutung haben.
Thema "Flüchtlinge": Zum Stichtag 31. Januar 2018 lebten 2670 Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung des Rhein-Neckar-Kreises. Zwei Jahre zuvor waren es noch 6250 gewesen. "Die Hochphase der sogenannten Flüchtlingskrise war eine unglaubliche Herausforderung", betont Dallinger. Wenn er daran zurückdenke, sehe er immer die Massenunterkünfte in Turn- oder Gewerbehallen vor seinem geistigen Auge. Dies sei für alle Beteiligten eine äußerst schwierige Situation gewesen. "Ohne die Unterstützung unserer Städte und Gemeinden hätten wir dies niemals geschafft." Nun gehe es um die Integration der Menschen, die hier Schutz gesucht hätten. "Und da rechne ich mit Jahrzehnten, bis dieser Prozess abgeschlossen ist", gibt sich Dallinger keinerlei Illusionen hin. In diesem Zusammenhang fordert der Christdemokrat vehement ein Einwanderungsgesetz. Er sei felsenfest davon überzeugt, "dass wir mit einer ungesteuerten Zuwanderung unsere Gesellschaft auf Dauer überfordern".
Auch die Gemeinden - nach spätestens 24 Monaten in der Obhut des Kreises kommen die geflüchteten Menschen in die sogenannte kommunale Anschlussunterbringung - wolle man nicht überfordern, betont der Landrat. Natürlich gebe es einen gültigen Verteilungsschlüssel, "aber wir setzen die jeweiligen Gemeinden nicht unter Druck", sagt Dallinger und verweist in diesem Zusammenhang auf ein "atmendes System". Habe eine Kommune Probleme, Flüchtlinge unterzubringen, würden diese Menschen noch eine Weile in der Erstunterbringung des Kreises verbleiben.
Und wie sieht es mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus, mit denen etwa Mannheim so massive Probleme hat? "Es kommt natürlich auf die Personen an, die man zugewiesen bekommt", sagt Dallinger. Im Rhein-Neckar-Kreis habe man die Kinder und Jugendlichen dezentral unterbringen können. Probleme: Fehlanzeige. "Vielleicht liegt es in Mannheim ja auch an den Versuchungen in der großen Stadt", mutmaßt der 55-Jährige. Allerdings dürfe man sich von etwa 15 Leuten nicht auf der Nase rumtanzen lassen. Da müsse man mit aller Härte reagieren.
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Thema "Schnelles Internet": Jahrelang hat sich im Rhein-Neckar-Kreis in Sachen "Schnelles Internet" herzlich wenig getan. Die privaten Telekommunikationsanbieter - wie etwa die Telekom - haben sich vornehm zurückgehalten, weil das Gebiet als zu "uneinheitlich" galt. Die Angst, dass der Kreis von der Datenautobahn der Zukunft abgeschnitten wird, ging um. Jetzt ist seit geraumer Zeit der Zweckverband High-Speed-Netz Rhein-Neckar "fibernet" aktiv, mit dem der Kreis im Schulterschluss mit seinen 54 Städten und Gemeinden die Weichen für das digitale Zeitalter stellen will. Zuletzt gab es aber Probleme, die privaten Anbieter haben "Blut geleckt" und drängen auf den Markt. In Meckesheim etwa rangelt der Kreis gleich mit zwei privaten Anbietern um Kundschaft. Tobt nun der Krieg um die Glasfaser?
"Zunächst einmal soll jeder Bürger die Chance auf Glasfaser - also schnelles Internet - haben", sagt der Landrat. "Ob von uns oder von privaten Anbietern spielt primär keine Rolle." Bevor der Zweckverband aktiv geworden sei, hätten die Privaten es allerdings "dankend abgelehnt", großflächig in den digitalen Ausbau zu investieren. "Nur deshalb sind wir aktiv geworden." Dass nun andere Anbieter auf den Markt drängen, sei auch der Aktivität des Zweckverbandes geschuldet.
Zuletzt war Kritik am Zweckverband aufgekommen, bemängelt wurde unter anderem, dass der Ausbau nicht schnell genug vorangehe. "Ich kann die Bürger natürlich verstehen; wer sitzt schon gerne vor einem langsamen Computer", sagt der Landrat. "Aber wir haben von Anfang an gesagt, dass dies kein 100-Meter-Rennen, sondern ein Marathonlauf wird." Er rechne mit einer Ausbauzeit von 15 bis 20 Jahren.
Thema "Gesundheit": Im Verbund der Gesundheitszentren Rhein-Neckar gGmbH (GRN) betreibt der Rhein-Neckar-Kreis in Weinheim, Sinsheim, Schwetzingen und Eberbach unter anderem vier Kliniken, die 2016 einen Gesamtverlust von rund 4,6 Millionen Euro gemacht haben. Allein der Verlust der Klinik in Eberbach betrug 1,75 Millionen Euro. Wird dies in absehbarer Zeit Konsequenzen haben? "Es werden auf keinen Fall Standorte in Frage gestellt", bekennt sich Dallinger ganz klar zum Erhalt der vier Kliniken. Er gehe zudem davon aus, dass die Verluste in absehbarer Zeit zurückgehen.
Unter anderem würden die Fallzahlen steigen, die Entwicklung gehe in die richtige Richtung. "Dazu haben wir hohe Investitionen getätigt, um die Kliniken zukunftssicher zu machen." Als Beispiele nennt Dallinger das neue Bettenhaus in Sinsheim, den Neubau der Pflegeeinrichtungen in Weinheim sowie die Sanierung des Bettentrakts in Schwetzingen. In Eberbach sei ebenfalls das Bettenhaus saniert worden, und "im Bereich der Kardiologie bewegen wir uns hier auf Uniklinik-Niveau", betont Stefan Dallinger.
Thema "Mobilität": Weg vom Auto, hin zum öffentlichen Personennahverkehr oder zu anderen umweltverträglichen Mobilitätsangeboten - dies ist eine der großen künftigen Herausforderungen für den Rhein-Neckar-Kreis. "Da haben wir gewaltige Hausaufgaben vor uns", weiß der Landrat.
Aber man müsse ja nicht bei Null anfangen, schiebt er selbstbewusst hinterher. Alle Städte und Gemeinden seien gut an den ÖPNV angebunden, auch der ländliche Bereich sei hier nicht abgehängt, betont Dallinger. Aber selbstverständlich werde man weiter an Verbesserungen arbeiten. Als Beispiel nannte er die zweite Ausbaustufe der S-Bahn Rhein-Neckar.
Für ihn, macht er deutlich, gehören aber auch Carsharing, Bürgerbusse, Ruftaxis oder Fahrradvermietungen zu den wichtigen Mobilitätsangeboten. "Wir müssen Perspektiven aufzeigen und neue Wege gehen", blickt der Christdemokrat vorwärts. Eine gute Idee nennt er die Husch-App, die spontane Mitfahrgelegenheiten im Bereich Heddesbach, Heiligkreuzsteinach, Neckarsteinach, Schönau, Schriesheim, Wald-Michelbach und Wilhelmsfeld unterstützt.



