Die Geschichte der "Körperwelten"

Viel besucht und hochumstritten

"Der Spiegel" erhob konkrete Vorwürfe, in "Körperwelten" würden die Leichen chinesischer Hinrichtungsopfer zur Schau gestellt - was sich aber nicht bestätigte

07.06.2017 UPDATE: 08.06.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 22 Sekunden

Vor knapp 20 Jahren standen die Besucher in Mannheim am Landesmuseum für die "Körperwelten"-Schlange. Foto: Kreutzer

Von Micha Hörnle

Heidelberg. "Körperwelten" ist eine seit 1996 bestehende Wanderausstellung plastinierter Körper - meist von Menschen, aber auch von Tieren. Die Idee dazu hatte der heute 72-jährige Anatom Gunther von Hagens, der vor genau 40 Jahren an der Universität Heidelberg die Plastination erfand, als er über die Imprägnierung anatomischer Präparate forschte. Der Grundgedanke ist, das Wasser der menschlichen Zellen durch Kunststoffe zu ersetzen. Im Gegensatz zu allen anderen Methoden der Konservierung sind die plastinierten Körper sehr dauerhaft und kommen dem tatsächlichen Zustand sehr nah. 1993 gründete von Hagens, der in Ziegelhausen wohnt, sein Institut für Plastination im Gewerbegebiet "Im Bosseldorn" in der Südstadt - am spektakulärsten war im Jahr 2005 die Präparierung von zwei Elefanten, den bisher größten Objekten.

Die Europapremiere feierten die "Körperwelten" in Mannheim, mit einer Ausstellung vom 30. Oktober 1997 bis 1. März 1998. Ins damalige Landesmuseum für Technik und Arbeit kamen damals 780.000 Besucher - obwohl die Schau hoch umstritten war. Schon damals forderte die damalige grüne OB-Kandidatin Dorothea Paschen, eine "Körperwelten"-Dauerausstellung in Heidelberg einzurichten. Doch erst elf Jahre später kam die Schau in die Stadt: Vom 10. Januar bis zum 26. April 2009 war sie in der Halle 02 zu Gast, doch der Ansturm war längst nicht mehr so groß wie in Mannheim. Bis vor Kurzem war die Wanderausstellung in Stuttgart zu sehen, momentan läuft eine in Graz.

Die "Körperwelten" waren stets von fundamentaler Kritik begleitet (vor allem, was die Würde der präsentierten Menschen angeht), allerdings erhob 2004 das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" konkrete Vorwürfe, von Hagens würde die Leichen chinesischer Hinrichtungsopfer verwenden - was sich aber nicht bestätigte; das Magazin durfte die Behauptung nicht weiter verbreiten. Nach der Auseinandersetzung erklärte Hagens, vorerst keine Ausstellungen mehr in Deutschland zu veranstalten. Erst 2009 nahm er sie mit dem Untertitel "Zyklus des Lebens" in der Halle 02 wieder auf.

2015 eröffnete im Erdgeschoss des Berliner Fernsehturms das "Menschen-Museum" mit rund 20 Körpern, allerdings untersagte der Bezirk Mitte die Dauerausstellung, weil sie mit ihrer Zurschaustellung von Leichen dem Berliner Bestattungsgesetz widerspreche. Der Rechtsstreit ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht, das dem Bezirk recht gab und das Verbot bestätigte. Mittlerweile haben die Objekte Markierungen, die eine Rückverfolgung der Spender zulassen.

Auch interessant
Ausstellung im Alten Hallenbad Heidelberg: Aus der Markthalle werden "Körperwelten"
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.