"Interessengemeinschaft Verkehr" kämpft für Spielstraßen

"Interessengemeinschaft Verkehr" sensibilisierte Autofahrer - Ans Durchfahrtsverbot hielt sich fast niemand

20.11.2016 UPDATE: 21.11.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden

Zusammen mit ihren Eltern spielten Kinder am Neckarstaden, um Autofahrer auf die Spielstraße hinzuweisen. Foto: Rothe

Von Daniela Biehl

Mit dem Auto sachte um die Ecke biegen, warten, bis drei, vier spielende Kinder sich zur Seite gedreht haben. Oder zu eingeschränkten Zeiten, in denen die Durchfahrt verboten ist, gar nicht erst hineinfahren, die Kinder spielen lassen: Eigentlich normal in einem verkehrsberuhigten Bereich wie dem entlang des Neckarstadens, von der Dreikönigsstraße kommend. "Nur hält sich hier niemand an die Beschilderung", kritisiert Peter Bews von der Interessengemeinschaft Verkehr (IGV). Diese wollte am Samstagmittag ein Zeichen setzen und traf sich am Neckarstaden mit Eltern und Kindern aus der Altstadt, um einfach nur zu spielen. Schließlich ist die Straße ja dazu gedacht - und an Samstagen ist die Durchfahrt von 11 bis 24 Uhr verboten.

Trauriger Anlass der Aktion ist der tödliche Unfall des neunjährigen Ben, der Anfang des Jahres in der Theaterstraße von einem Lieferwagen überrollt wurde, inmitten eines verkehrsberuhigten Bereichs. "Wir wollen sensibilisieren, auch in Richtung der Stadt", sagt Bews, der Vater von Ben. "Und wir wollen mit Autofahrern reden." Schon Tage zuvor hatte die Interessengemeinschaft Flyer in der Altstadt verteilt und auf Spielstraßen hingewiesen. "Eigentlich trauen wir uns gar nicht, hier zu sein, wenn wir alleine sind", sagt die zehnjährige Klara und packt Federbälle und einen Schläger aus, "die Autos rasen immer so". Und ihre Freundin Clara (10) zeigt noch einmal auf das blaue Schild am Eingang der Straße. "Manchmal denke ich, die Fahrer sehen das nicht." In der Tat rauschen allein in der Stunde, die sich die IGV ausgesucht hat, nämlich von 12 bis 13 Uhr, fast 30 Wagen, größtenteils Touristen und Paketzusteller, scheinbar ohne schlechtes Gewissen an den spielenden Eltern und Kindern vorbei. Manch einer ruft sogar ganz unverblümt: "Da wird doch auch sonst nicht kontrolliert!" Oder zeigt sich, wie ein junger Mann, sichtlich irritiert. "War da nicht eben ein Schild, dass ich hier reinfahren kann?"

So unrecht hat er nicht. Denn wie die IGV kürzlich aufdeckte, gibt es in Höhe der Stadthalle eine Hinweistafel zum Abbiegen, die allerdings der Spielstraße widerspricht. Der Mann hat ein Einsehen und dreht als einer der wenigen wieder um. "Dabei geht es uns nicht darum, die Leute zu reglementieren", betont Christine Theiß von der IGV, "sondern ums Nachdenken, in welcher Gesellschaft wir eigentlich leben wollen. Es wird darauf hinauslaufen, dass es immer mehr Verkehr gibt." Und die Frage sei: "Weichen wir als Gesellschaft zurück und überlassen den Autos unsere Wohngebiete oder erobern wir uns den öffentlich Raum zurück?"

Ein Gedanke, der auch den zehnjährigen Julius umtreibt. Wenn er zum Spielen nach draußen geht, sucht er sich meist einen Spielplatz. Denn: "In offiziellen Spielstraßen kommt alle paar Minuten ein Auto, das ist mir zu gefährlich." Doch auch auf dem Weg zum nächstliegenden Spielplatz muss der Zehnjährige schon sehr aufpassen: "Da wird zu wenig kontrolliert, so wild, wie die fahren, Autos wie Radfahrer."

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Heike Hawicks hat deshalb schon einen ganzen Katalog an Forderungen in ihrem Kopf. Den Samstagmorgen hat sie unermüdlich Autofahrer angesprochen und merkte: "Die meisten wissen gar nicht, dass hier eine Spielstraße ist, sprich: Wir bräuchten eine deutlichere Beschilderung." Am besten mit einer aufgemalten "7" auf dem Pflaster, für die Geschwindigkeitsbegrenzung. Dann fehlt ein zweites Schild über der Alten Brücke - die ist nämlich, so erzählt es Hawicks, auch eine verkehrsberuhigte Zone, nur nicht ausreichend gekennzeichnet. "Gerade morgens wäre das entscheidend, bevor die Poller hochgefahren werden."

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