Die Nutzung der ehemaligen US-Flächen in der Region schreitet voran
In Heidelberg und Mannheim wird die Zukunft jetzt sichtbar - Hier wird noch geplant, dort ziehen schon die ersten Mieter ein

Im künftigen Stadtteil „Franklin“ in Mannheim dauert es noch, bis dieses Hochhaus in Form eines „H“ stehen könnte. Grafik: MWSP
Von Alexander Albrecht und Steffen Blatt
Die Amerikaner sind weg - was wird jetzt aus ihren Flächen? Dieser Frage ging die RNZ im Februar 2015 auf einer Doppelseite nach und stellte die Pläne für die Nachnutzung ehemaliger Areale der US-Streitkräfte in der Region vor. Mehr als 510 Hektar in Mannheim, knapp 180 in Heidelberg und noch einmal über 40 in Schwetzingen sollen Schritt für Schritt ein neues Gesicht erhalten. "Konversion" heißt dieser Prozess, den die Städte auf unterschiedliche Weise angehen.
Damals konnten wir die Folgen der Flüchtlingskrise im Spätjahr 2015 nicht einmal erahnen. In der Spitze kamen in den Mannheimer Kasernen etwa 15.000 Schutzsuchende vorübergehend unter. Im Heidelberger Patrick Henry Village (PHV), eigentlich nur als "Winternotquartier" gedacht, lebten bis zu 5000 Flüchtlinge. Schließlich wurde dort ein Registrierungszentrum eingerichtet, ein Vorzeigeprojekt. Im Frühjahr leerten sich die Kasernengebäude, die Flüchtlinge wurden auf andere Standorte verteilt. In PHV sind derzeit noch 1500 bis 2000 Menschen untergebracht. Aktuell füllen sich die Einrichtungen in Mannheim wieder, fast 2000 Menschen leben in "Franklin", dem ehemaligen Benjamin Franklin Village, und rund 800 auf dem Spinelli-Areal.
Trotz der Dynamik von Flucht und Zuwanderung verfolgten die Städte ihre Konzepte beharrlich weiter, die Umwandlung militärischer in zivile Flächen wird immer sichtbarer. In Mannheim hängt der Erfolg ganz stark von Franklin ab. Die größte ehemalige US-Wohnsiedlung in Deutschland soll zum bunten Wohlfühlviertel mit einer quicklebendigen Mitte und bezahlbarem Wohnraum werden. Damit das gelingt, hat die städtische Tochtergesellschaft MWSP Verträge mit Investoren abgeschlossen, die sich an fünf Vorgaben halten müssen: Integration von Behinderten, soziale Durchmischung, Grünanlagen, Energiekonzept und anspruchsvolle Wohnungen. Ein Teil der riegelförmigen Gebäudekomplexe wird abgerissen, der andere umgebaut.
Nach wie vor gibt es Sorgen, dass aus Franklin ein Ghetto werden könnte. Dabei will die Stadt vor allem ein Problem lösen: Mannheim zieht zwar zunehmend jüngere Menschen und Kreative an, verliert aber Familien und Finanzstarke an das Umland, an die Bergstraße oder die Südpfalz. Es fehlt an attraktiven Wohnangeboten für Akademiker, Doppelverdiener und junge Familien. Das soll sich mit Franklin ändern. Schon sehr viel weiter ist das kleine Turley-Areal, auf dem ein Richtfest nach dem anderen gefeiert und wo kommunenartiges Wohnen möglich wird.
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In Heidelberg kauft die Stadt alle Flächen an, um sie dann an Investoren weiterzuveräußern. Über Verträge will man die Kontrolle behalten. Regelmäßig können in Foren die Bürger zu den jeweiligen Flächen ihre Vorschläge, Ideen oder Kritik einbringen. Das Interesse ist ungebrochen. Der Fokus liegt in Heidelberg auf bezahlbarem Wohnraum, doch auch für Gewerbeansiedelungen soll genug Platz geschaffen werden. Und nach Jahren des Planens ist nun auch etwas zu sehen, zumindest in Mark Twain Village in der Südstadt: Dort sind im Sommer die ersten Mieter in sanierte Wohnungen eingezogen, nebenan wurde ein "Ausbildungshaus" eröffnet, in dem Azubis leben. In dieser Woche begann der Abriss des ersten Gebäudes - und auch einige der Zäune, die die Amerikaner nach den New Yorker Terroranschlägen 2001 errichteten, wurden schon entfernt.
Zu Beginn der Konversion legte Mannheim ein höheres Tempo vor, inzwischen hat Heidelberg aufgeholt. Das liegt auch daran, dass die Quadratestadt einige Dämpfer erhielt. Die Planungen für die Bundesgartenschau 2023 auf dem Spinelli-Gelände müssen verändert werden; es ist nicht einmal klar, ob die Großveranstaltung überhaupt stattfinden wird. Franklin-Anwohner beschwerten sich über die Abrissarbeiten in der sogenannten Offizierssiedlung, und ein Bebauungsplan für das Taylor-Areal kam nicht zustande, weil sich die Stadträte wegen des dortigen Grün-Anteils in die Haare bekamen.
Nicht nur Mannheim oder Heidelberg stehen wegen des begrenzten Wohnraums unter Druck, sondern auch Schwetzingen. Die Spargelstadt will das Tompkins-Gelände kaufen. Arbeit, Freizeit und vor allem Wohnen - dafür soll das Viertel in Zukunft stehen. Weil Wohnungen fehlen, ist die Einwohnerzahl in der attraktiven Kommune zurückgegangen, wovon umliegende Gemeinden profitierten. "Dieses Minus wollen wir ausgleichen", sagt Oberbürgermeister René Pöltl.



