Im Ausbildungshaus im Heidelberger Mark Twain Village sind die Azubis unter sich
Das "Ausbildungshaus" in einem ehemaligen US-Mannschaftsgebäude bietet 66 Zimmer für Lehrlinge, die von weiter weg kommen

Ihnen gefällt’s im Ausbildungshaus (v. l.): Die ABB-Azubis Felix Lindemer, Valentin Frick, Florian Voisin und David Müller. Foto: Rothe
Von Steffen Blatt
Heidelberg. Vier Jahre lang war die ehemalige US-Siedlung Mark Twain Village in der Heidelberger Südstadt nach dem Abzug der Amerikaner verlassen - jetzt kehrt dort wieder Leben ein. Anfang August zogen die ersten Mieter in die sanierten Gebäude (siehe RNZ vom 24./25. September). Und am Montag wurde das "Ausbildungshaus" offiziell eröffnet. Dort können 66 Auszubildende wohnen, die in Heidelberg ihre Lehre machen und in der Stadt eine Unterkunft brauchen.
Einer von ihnen ist David Müller. Der 19-Jährige hat am 1. September seine Ausbildung zum Mechatroniker bei ABB begonnen. Die absolviert er zwei Jahre lang im "Training Center" Heidelberg, einer von zwei Einrichtungen dieser Art des Unternehmens in Deutschland. David kommt aus dem hessischen Friedberg und wird am dortigen ABB-Standort seine Lehre beenden. Er ist zum ersten Mal von zu Hause weg. "Ich habe mich darauf gefreut. Es ist etwas Neues, man hat seine eigenen vier Wände und kann machen, was man will." Dazu gehört aber auch, selbst zu kochen - und das hat David schon mal zu Hause geübt, damit nicht nur Tütensuppe und Doseneintopf auf den Tisch kommen.
Hintergrund
> Das Heidelberger Ausbildungshaus war ursprünglich auf dem Gelände der Patton Barracks geplant, wanderte in den Planungen aber schließlich ins Mark Twain Village in die Südstadt. Es bietet 66 Zimmer für Auszubildende aus allen Branchen, die in Heidelberg ihre Lehre
> Das Heidelberger Ausbildungshaus war ursprünglich auf dem Gelände der Patton Barracks geplant, wanderte in den Planungen aber schließlich ins Mark Twain Village in die Südstadt. Es bietet 66 Zimmer für Auszubildende aus allen Branchen, die in Heidelberg ihre Lehre absolvieren und eine Unterkunft brauchen. Die Zimmer sind jeweils 19 Quadratmeter groß, möbliert und mit einer kleinen Küchenzeile ausgestattet. Immer zwei Bewohner teilen sich ein Bad, die monatliche Warmmiete beträgt 415 Euro. Fünf Zimmer sind derzeit noch frei. Die Mieter müssen mindestens 18 Jahre alt sein, weil bei Minderjährigen eine 24-Stunden-Betreuung gewährleistet sein müsste.
Das ehemalige Mannschaftsgebäude der US-Armee in der Römerstraße gehört der MTV Bauen & Wohnen GmbH, die in dem gesamten Gebiet insgesamt 1300 Wohneinheiten schaffen wird. Mieter sind die Heidelberger Dienste, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadt, die ihrerseits die Zimmer an Unternehmen oder Betriebe vermieten. Die HDD stellen außerdem die berufspädagogischen Ansprechpartner für die Jugendlichen. Das Projekt wurde vom städtischen Amt für Wirtschaftsförderung koordiniert. Bei der Einweihung gab es Lob von allen Seiten für die gute Zusammenarbeit. So sagte etwa Norbert Johnen, der Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Rhein-Neckar: "Die Stadt Heidelberg ist hier vorbildlich. Sie hat bewiesen, dass das verarbeitende Gewerbe auch dazugehört, nicht nur die Wissenschaft." ste
Seit dem 1. September lebt er jetzt in seinem 19-Quadratmeter-Zimmer im vierten Stock des ehemaligen Mannschaftsgebäudes an der Römerstraße. Seine Bude ist zweckmäßig eingerichtet: ein Bett, ein Nachttisch, zwei Tische, Schrank und Küchenzeile. Jeweils zwei Bewohner teilen sich ein Bad, auf jedem Flur gibt es einen Raum mit Waschmaschinen und Trocknern. In den ersten Wochen hat David schon einige "Kollegen" kennengelernt, vor allem ABB-Azubis von anderen Standorten. Das Unternehmen ist "Hauptmieter" im Ausbildungshaus und hat ein ganzes Stockwerk für 30 Bewohner belegt.
Doch auch kleine Betriebe bringen ihre Lehrlinge dort unter. Sie kommen aus unterschiedlichen Branchen. "Das geht vom Handwerk über Dienstleistungen bis zum Einzelhandel", sagt Projektleiter Christian Krohne von den Heidelberger Diensten (HDD), die das Haus verwalten (siehe "Hintergrund"). Und sie kommen aus der ganzen Republik, etwa aus Nordrhein-Westfalen oder Brandenburg. Auch spanische Azubis, die über ein HDD-Projekt in Heidelberger Handwerksbetrieben eine Lehre machen, wohnen im Ausbildungshaus.
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Auf den ersten Blick sieht dort alles aus wie in einem ganz normalen Studentenwohnheim. Doch dass eine Stadt Appartments für Auszubildende in dieser Größenordnung bereitstellt, ist etwas Neues in Deutschland. "Ich kenne nur eine andere Einrichtung in Hamburg, die hat vor einigen Wochen eröffnet", sagte Heidelbergs oberster Wirtschaftsförderer Ulrich Jonas bei der kleinen Feier auf der Straße vor dem Ausbildungshaus. Im Unterschied zu den allermeisten Studentenwohnheimen gibt es dort auch Ansprechpartner für die Bewohner, es gibt Lern- und Arbeitsräume sowie wöchentliche Informationsveranstaltungen zu Themen rund um die Ausbildung.
"Wir kümmern uns um alles, was die Jugendlichen betrifft", berichtet Sara Mühl von den HDD. "Sie helfen sich aber viel gegenseitig, auch über Betriebe hinweg." Mühl und ihre Kollegen sind auch da, um die Hausordnung durchzusetzen. Doch bisher habe es da noch keine Probleme gegeben. ABB-Azubi David sagt zwar, dass die Zimmer sehr hellhörig seien, aber es ist wohl nicht so, dass im Ausbildungshaus rund um die Uhr gefeiert wird. Das wäre den ABB-Lehrlingen sicher auch nicht so recht, Freiheit hin oder her: Denn wenn sie ins Trainingszentrum in den Stadtteil Pfaffengrund müssen, heißt es um 6 Uhr aufstehen. Geht es nach Mannheim in die Berufsschule, klingelt der Wecker noch eine Stunde früher.



