Hardheimer Krankenhaus

So führt der Weg zum MVZ

Bürger informierten sich über Zukunftskonzept für das Krankenhaus. Bei einem Erfolg ist ein zusätzliches Ärztehaus denkbar.

12.12.2024 UPDATE: 12.12.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 36 Sekunden
Das Hardheimer Krankenhaus verfügt über eine Notfallpraxis. Die ist aber nicht mit einer zentralen Notaufnahme gleichzusetzen. Foto: zg

Von Janek Mayer

Hardheim. "Wir haben keine Garantie, dass unser Zukunftskonzept für das Krankenhaus funktioniert. Wenn wir aber nichts tun, wissen wir mit Sicherheit, dass in fünf Jahren die Praxen schließen, weil es wohl keine Nachfolger gibt." Mit diesen zwei Sätzen fasste Bürgermeister Stefan Grimm zusammen, warum die Gemeinde und der Krankenhausverband in Sachen medizinischer Grundversorgung zahlreiche Neuerungen und Änderungen anstreben.

Die konkreten Pläne und die Beweggründe stellten Grimm und Krankenhausverwaltungsleiter Lothar Beger am Dienstag einigen interessierten Bürgern in der Erftalhalle vor. Dabei räumten sie mit falschen Vorstellungen von der Notfallpraxis auf, erläuterten die nächsten Schritte und erklärten, warum das Hardheimer Krankenhaus nicht in Konkurrenz zu den Neckar-Odenwald-Kliniken steht.

Unter OP-Leiterin Martina Bund kommen in den beiden Operationssälen des Hardheimer Krankenhauses aktuell etwa 1200 Patienten unters Messer. Künftiges Ziel sind 2000 bis 3000. Foto: zg

Ohne Ärzte geht es nicht

Die Crux am Hardheimer Krankenhaus ist und bleibt, dass es als Belegarzthaus abhängig von externen Ärzten mit ihren eigenen Praxen ist. Chirurgen, Gynäkologen und Internisten sowie sogar die Anästhesisten und Hebammen sind allesamt selbstständig und arbeiten dem Krankenhaus nur zu.

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Um es halbwegs rentabel betreiben zu können und den ohnehin schon gebeutelten Hardheimer Haushalt nicht noch weiter mit Verlustausgleichen zu belasten, braucht es also genug Ärzte, die den Versorgungsauftrag des Krankenhauses übernehmen, indem sie ihre Patienten im Hardheimer Krankenhaus behandeln.

Doch bei gleich mehreren Hardheimer Belegärzten steht in den kommenden Jahren der Ruhestand an, Nachfolger für die Praxen sind Mangelware. "Mit Headhuntern hat es nie funktioniert, einen Arzt aus Hamburg nach Hardheim zu holen", weiß Grimm. Deshalb setzen die Verantwortlichen nun auf ein neues Zugpferd, um junge Mediziner anzulocken: ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), das die fünf Kommunen Hardheim, Walldürn, Höpfingen, Külsheim und Königheim gemeinsam per Genossenschaft betreiben. Es soll Ärzten die Arbeitsbedingungen ermöglichen, die sie sich für eine gesunde Work-Life-Balance wünschen.

Vorbild jenseits der Grenze

Als Vorbild dafür bemüht Lothar Beger den Blick über die Landesgrenze: "Amorbach hat über sein MVZ aus dem Nichts eine ärztliche Grundversorgung geschaffen." Das soll nun auch in der Erftalgemeinde gelingen – zumal man dort nicht bei Null anfangen müsse. "Sollte unsere Idee so einschlagen, wie wir uns das wünschen, wäre es sogar eine Option, ein neues Ärztehaus am Krankenhaus zu bauen", teilt Beger mit.

Zunächst einmal müssen jedoch die Gemeinderäte der fünf betroffenen Kommunen in ihren nächsten Sitzungen einen entsprechenden Grundsatzbeschluss fassen. Danach könnte die Genossenschaft einen Antrag auf Zulassung ihres MVZ bei der Kassenärztlichen Vereinigung stellen. Hindernisse befürchtet Grimm dabei nicht: "Die Kommunen gehen finanziell nicht ins Risiko."

Laut Beger müssen die Gemeinden jeweils einen eher symbolischen Betrag von 1000 Euro einbringen, um sich zu beteiligen. "Langfristig muss sich die Genossenschaft alleine tragen", argumentiert Grimm und ergänzt: "Man kann in Deutschland als Arzt durchaus gut leben."

Gemeinde springt in die Bresche

Ihm zufolge zeigt die Erfahrung, dass es häufig die Ärzte selbst sind, die das benötigte Startkapital einbringen. Hardheims Bürgermeister betont: "Wir sind nicht scharf darauf, in dieser Hinsicht selbst tätig zu werden." Ohnehin sei die Gesundheitsvorsorge eigentlich nicht Aufgabe des Rathauses. "Wir springen zwar aktuell in die Bresche – aber nur so weit wie unbedingt nötig", sagt Grimm.

Dass die fünf Gemeinden trotzdem selbst am Steuer sitzen, findet Verwaltungsleiter Lothar Beger beruhigend: "MVZ sind in der Vergangenheit in Verruf geraten wegen Betreibergesellschaften, die nur auf Rendite aus sind." Die Genossenschaftsform schließe eine solche Renditemaximierung dagegen aus.

Möglichst rentabel soll das Hardheimer Krankenhaus in Zukunft natürlich dennoch geführt werden. "Bisher war der stationäre Bereich die tragende Säule", weiß der Bürgermeister. Diese werde aber "immer dünner". Als neues Standbein setzen die Verantwortlichen daher unter anderem auf Ambulantisierung und eine höhere Auslastung der beiden OP-Säle. Statt aktuell 1200 Operationen pro Jahr sind laut Lothar Beger 2000 bis 3000 Fälle möglich. Dafür sollen auch externe Ärzte für Operationen ans Krankenhaus kommen. "Wir werden nicht alle Spezialisten vor Ort haben, aber vielleicht kann ich mich als Patient trotzdem hier operieren lassen", erklärt Beger das Konzept. Wie ein Bürger an dieser Stelle einwirft, ändert das aber nichts an längeren Fahrten für die Sprechstunde vor der Operation.

Die Zukunft des eigenen Krankenhauses ist übrigens nicht der einzige Baustein der Gesundheitsvorsorge, über den man sich im Hardheimer Rathaus Gedanken macht. "Das zweistellige Millionendefizit der Kreiskliniken tragen wir als Gemeinde im Landkreis genauso mit", merkt Grimm an. Deshalb setzen er und die Verwaltung auf Kooperation statt auf Konkurrenz. Für Letzteres sind die beiden Einrichtungen ihm zufolge zu unterschiedlich aufgestellt. Darum ist der Bürgermeister überzeugt: "Es wäre ein Trugschluss zu sagen: ,Wenn Hardheim schließt, wären die Kliniken gerettet.‘"


Das kann die Notfallpraxis

Hardheim. (jam) Immer wieder kommt es vor, dass ein Verletzter oder Kranker außerhalb der normalen Geschäftszeiten in der Notfallpraxis im Hardheimer Krankenhaus vorstellig wird, nur um dann an eine andere Klinik weiterverwiesen zu werden. Das liegt daran, dass einige Bürger eine falsche Vorstellung davon haben, welche Aufgaben die Notfallpraxis übernimmt.

"Wir sind keine zentrale Notaufnahme. Wir sind kein Grund- und Regelversorger, und wir betreiben keinen 24-Stunden-Sieben-Tage-Notdienst. Aber: Wir versorgen Notfälle außerhalb der Sprechzeiten im eingeschränkten Rahmen", erklärte Bürgermeister Stefan Grimm den Grundgedanken am Dienstag.

Nicht helfen kann die Hardheimer Notfallambulanz zum Beispiel dann, wenn ein Röntgenbild benötigt wird, wenn ein Patient nach einem Schul- oder Arbeitsunfall vorstellig wird, bei neurologischen Beschwerden, oder wenn ein Patient schlicht vergessen hat, sein Rezept für eine Dauermedikation beim Hausarzt abzuholen. Patienten unter zwölf Jahren müssen sich ebenso anderweitig Hilfe suchen.

Für alle Älteren gilt: In Abhängigkeit vom jeweiligen diensthabenden Notarzt kümmert sich die Notfallambulanz um leichte Verletzungen, die eine Wundversorgung erfordern, entfernt Fremdkörper wie Spreißel oder Zecken, hilft bei Beschwerden des Magen-Darm-Trakts, bei Bluthochdruck, bei Brustenge in Folge koronarer Herzkrankheit, bei allergischen Reaktionen sowie bei Harnwegs- und grippalen Infekten.

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