Ende einer Ära: Schwimmbad-Musik-Club schließt zum Jahresende
Viele Bands, die später große Karrieren starteten, spielten schon auf der kleinen Bühne des Schwimmbad-Clubs, als sie noch keiner kannte - etwa Nirvana mit Kurt Cobain.

Den Schwimmbad-Musik-Club direkt am Tiergartenbad im Neuenheimer Feld gibt es bereits seit 36 Jahren. Weil das rund 60 Jahre alte Gebäude, das den Stadtwerken gehört, baufällig ist, schließt die Institution noch in diesem Jahr. Foto: Alex
Von Steffen Blatt
Es ist das Ende einer Heidelberger Institution: Zum Jahresende schließt der Schwimmbad-Musik-Club in der Tiergartenstraße. Der Grund: Das Gebäude, das den Heidelberger Stadtwerken gehört, muss grundlegend saniert werden. Eine Neueröffnung nach dem Umbau ist nicht geplant.
Hintergrund
1979: Der Schwimmbad Musik-Club wird gegründet. Das Konzept: Live-Musik, aber auch regulärer Diskobetrieb. Von Anfang an bekam der Club nie irgendeine finanzielle Förderung seitens der Stadt Heidelberg. In den nächsten Jahrzehnten führte dieser Umstand immer
1979: Der Schwimmbad Musik-Club wird gegründet. Das Konzept: Live-Musik, aber auch regulärer Diskobetrieb. Von Anfang an bekam der Club nie irgendeine finanzielle Förderung seitens der Stadt Heidelberg. In den nächsten Jahrzehnten führte dieser Umstand immer wieder zu Kontroversen mit Kultureinrichtungen, die sehr stark von der Stadt subventioniert werden, wie beispielsweise der Karlstorbahnhof.
1984: Der gebürtige Südtiroler Günther Fanton - er starb im März 2004 überraschend mit 59 Jahren an den Folgen eines Unfalls - hatte kurz zuvor den Club übernommen, nun stößt sein Neffe Gerhard Niedermair dazu. Die "Ära Niedermair" ist die längste und auch ruhmreichste, sie sollte bis 2008 dauern. In dieser Zeit hat der Betrieb bis zu 70 Angestellte. Ab Mitte der 1980er Jahre treten Bands auf, die später weltberühmt werden sollten: Green Day, Soundgarden, Lemonheads, Guano Apes, Fury in the Slaughterhouse, Wir sind Helden, Reamonn, Sportfreunde Stiller oder Die Fantastischen Vier. In den späten 80ern und den 90ern fühlten sich im Schwimmbad-Club vor allem Fans alternativer Musik zu Hause.
15. November 1989: Die noch unbekannte Grunge-Band Nirvana aus Seattle mit ihrem Sänger Kurt Cobain gastiert im Schwimmbad-Club. Der Freiburger Musikjournalist Joachim Schneider, der den Auftritt miterlebte, berichtet, dass damals nichts darauf hindeutete, "dass man die größte Rockband der neunziger Jahre auf ihrer ersten Europa-Tour gesehen hat".
2004: Der gebürtige Belgier Guy Dechandol übernimmt die Geschäftsführung im Schwimmbad-Club.
2007: Aus betriebswirtschaftlichen Gründen werden die Konzerte zugunsten von Partys zurückgefahren. Drei Jahre später wird das revidiert.
2008: Niedermair steigt auch als Teilhaber des Schwimmbad-Clubs aus, er konzentriert sich fortan auf die Lounge in der Print Media Academy. Seine Anteile verkauft er an Joachim Kloé und Helmut Heid ("Musikfabrik Nachtschicht"); zwei Jahre später trennen sich Kloé und Dechandol, der nun alleiniger Geschäftsführer ist.
2010: Zur Fußball-WM in Südafrika gibt es erstmals den großen Public-Viewing-Bereich im Garten mit Großleinwand - neben dem der Halle 02 der einzige in Heidelberg. Nach der WM eröffnen die Strandbar "Heidelbeach" und der Biergarten "Heidelgarden". Zeitgleich wird auch die Traditionsdisco "Blue Fish" renoviert, und die schicke Bar "Penthouse" wird fertig.
2014: Die erste "Heidelwiesn", ein Oktoberfest im "Heidelgarden", wird eröffnet. hö
Damit geht eine Ära der Heidelberger Clubkultur zu Ende. Mehrere Generationen sind mit dem "Schwimmbad" aufgewachsen, das 1979 seine Tore öffnete. Viele Bands, die später große Karrieren starteten, spielten auf der kleinen Bühne, als sie noch keiner kannte (siehe "Hintergrund"). Jetzt wird der Pachtvertrag mit Geschäftsführer Guy Dechandol, der eigentlich noch bis Ende 2016 läuft, vorzeitig beendet.
Es war Dechandol selbst, der das vorgeschlagen hat. "Wir sind schon länger im Gespräch über das Thema. Wir haben auch über Teilsanierungen während des laufenden Betriebes gesprochen. Aber auch diese Arbeiten hätten schon 2015 beginnen müssen, und ein Betrieb während der Sanierungsphase hätte finanzielle Einbußen erwarten lassen." Und eines stand für ihn immer fest: "Die Wirtschaftlichkeit muss stimmen." Öffentliche Subventionen hat der Schwimmbad-Club nie erhalten - und auch nicht gewollt. Außerdem glaubt Dechandol, dass das Gebäude nach einer Modernisierung seinen Charakter verändern würde. "Der Schwimmbad-Club wäre dann nicht mehr der Schwimmbad-Club".
Als vor einigen Jahren umgebaut wurde - die "Blue Fish"-Disko im Keller wurde renoviert, aus dem Bistro im dritten Stock wurde das "Penthouse" - sei der marode Zustand des 60 Jahre alten Gebäudes noch nicht zu erkennen gewesen, sagt Dechandol. Jetzt müssen unter anderem elektrische uns sanitäre Leitungen erneuert werden, ebenso die Fassade. Damals hätten auch die Stadtwerke als Vermieter viel Geld investiert. "Das hätten sie nicht getan, wenn sie das gewusst hätten", ist er sich sicher.
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Dechandol ist seit 2000 im Schwimmbad-Club dabei, seit 2004 als Geschäftsführer, meist sitzt er selbst an der Kasse. Er ist keiner, der große Töne spuckt, und hört sich im Gespräch mit der RNZ erstaunlich gelassen an. Klar sei es "sehr schade", dass der Schwimmbad-Club schließen müsse, aber der Geschäftsführer denkt schon wieder weiter. Der Biergarten "Heidelgarden" und die Strandbar "Heidelbeach" neben dem Club werden immerhin bleiben, sie können auch ohne das Hauptgebäude weitergeführt werden. Auch sollen einige der regelmäßigen Veranstaltungen umziehen. Das "Schwarze Schwimmbad", die regelmäßige Party für die Gothic- und Industrial-Szene, wird im Karlstorbahnhof fortgeführt werden. Die Live-Abende mit "The Rock Club" und "Me and the Heat" sollen ebenfalls woanders eine neue Heimat finden.
"Uns war wichtig, dass das kulturelle Angebot in Heidelberg nicht beeinträchtigt wird", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Erb. "Und wir sind sehr froh, mit Guy Dechandol einen solch konstruktiven Partner zu haben, der eine gute Lösung dafür gefunden hat." Was mit dem Gebäude in Zukunft passiert, steht noch nicht fest, das werde zwischen Stadt und Stadtwerken "in nächster Zeit geklärt", heißt es. Disco, Live-Konzerte und Partys jedenfalls wird es dort nicht mehr geben.
Da ist es irgendwie passend, dass auf der Internet-Seite des Schwimmbad-Clubs unter der Rubrik "Geschichte" nur steht: "Infos in Kürze ...".