Schwimmbadclub-Schließung überrascht alle
Auch der Stadtwerke-Aufsichtsrat wurde erst am Montag informiert - Bedauern in der Kulturszene - Feuerwehr bestand auf sofortiger Sanierung

Die Kommunalpolitiker, die im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzen, erfuhren erst kurfristig, dass der Schwimmbad-Musik-Club am Tiergartenbad zum Jahresende schließt. Dem städtischen Energieanbieter gehört das sanierungsbedürftige Gebäude des Traditionsclubs. Archivfoto: Alex
Von Steffen Blatt
Nicht nur die Öffentlichkeit wurde vorgestern von der Nachricht überrascht, dass der Schwimmbad-Musik-Club zum Jahresende schließt. Auch der Aufsichtsrat der Stadtwerke, denen das Gebäude in der Tiergartenstraße gehört, wurde erst am Montag informiert. "Wir haben das staunend zur Kenntnis genommen", berichtet Wolfgang Lachenauer, der einer der sechs Stadträte ist, die in dem Gremium sitzen. Er hätte gern früher über die notwendige Sanierung des 60 Jahre alten Baus Bescheid gewusst. "So etwas kommt ja nicht von heute auf morgen", sagt der "Heidelberger"-Stadtrat. So wurden dem Aufsichtsrat vollendete Tatsachen präsentiert, die vorzeitige Aufhebung des Pachtvertrags zwischen den Stadtwerken und "Schwimmbad"-Geschäftsführer Guy Dechandol war schon vollzogen.
Allerdings hat Dechandol auch nicht aktiv um Unterstützung geworben, um seinen Club zu erhalten, etwa bei den Fraktionen des Gemeinderats. "Sonst hätte man darüber reden können", meint Lachenauer. Offenbar will sich der gebürtige Mannheimer mit französischen Wurzeln (und nicht mit belgischen, wie wir gestern versehentlich berichteten) jetzt auf den Betrieb des Biergartens "Heidelgarden" und der Strandbar "Heidelbeach" neben dem Schwimmbad-Club konzentrieren.
Dechandols Entscheidung, nicht weiterzumachen, war auch der Grund, dass die Stadtwerke nicht früher über den Vorgang informiert haben - es gab nichts mehr, was man hätte diskutieren können. Und laut Unternehmenssprecherin Ellen Frings war die Sanierung nicht mehr aufzuschieben. Neben der Erneuerung von elektrischen und Sanitärleitungen, Fußböden, Fassade und Dach, müsse vor allem der Brandschutz auf den neusten Stand gebracht werden. "Die Feuerwehr hat zur Auflage gemacht, dass die Sanierung noch 2015 beginnen muss, wenn der Betrieb bis 2016 weitergehen soll", erklärt Frings. Man habe mit Dechandol verschiedene Szenarien besprochen, auch die Renovierung im laufenden Geschäft - dieses wirtschaftliche Risiko war ihm dann offenbar zu groß. Was in Zukunft mit dem Gebäude passiert, ist derzeit noch völlig offen. "Wir werden uns jetzt mit den zuständigen städtischen Ämtern zusammensetzen", sagt Stadtwerke-Sprecherin Frings. Wenn es Ideen gebe, werde auch der Gemeinderat eingebunden.
Ein früherer Weggefährte von Dechandol blickt indes mit Wehmut auf die Schließung. Gerhard Niedermair war von 1984 bis 2008 als Geschäftsführer und später als Teilhaber im Schwimmbad-Club tätig. Er hat die Hochzeiten hautnah erlebt, als Bands wie Nirvana, Die fantastischen Vier oder Green Day dort spielten, bevor sie berühmt wurden. "Der Schwimmbad Club ist ein Teil meines Lebens", berichtet der gebürtige Südtiroler.
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Und natürlich schmerzt es ihn, wenn dieser Teil nun verschwindet. "Der Schwimmbad-Club war immer das einzige kulturelle Heidelberger Flaggschiff, das nicht subventioniert war - vielleicht ist er auch daran gescheitert", meint Niedermair. Früher habe man mit dem Discobetrieb genug eingenommen, um die Defizite bei den Konzerten auszugleichen. Doch dieses Konzept funktioniere nicht mehr, weil sich das Ausgehverhalten geändert habe, mehr hin zu Einzelevents.
Andere Kulturschaffende beklagen ebenfalls den Verlust des Traditionsclubs. "Das ist unglaublich schade", meint Ingrid Wolschin, die Geschäftsführerin des Karlstorbahnhofs. Das "Schwimmbad" habe die Kulturszene der Stadt bereichert, "jetzt muss man sehen, wie man diese Lücke schließt". Hannes Seibold von der Halle 02 war in den 1990er Jahren selbst Stammgast, als er zum Studium nach Heidelberg kam - "vor allem beim legendären Indie-Mittwoch". Er bedauert auch, dass eine solche "Institution" schließe und es dann weniger Angebote in Heidelberg gebe.