Buchen wird ab 2026 Sitz der neuen Großpfarrei "St. Oswald"
Die Kirche möchte wieder näher bei den Menschen sein. Dekan Balbach muss wechseln und kann kein leitender Pfarrer in Buchen werden.

Von Rüdiger Busch
Buchen. "Der Stellenwert der Kirche in der Gesellschaft hat sich massiv verändert", weiß Dekan Johannes Balbach. Kirchenaustritte in hoher Zahl, auch bedingt durch Missbrauchsskandale, sind da nur die Spitze des Eisbergs. So gehört nicht einmal mehr jeder zweite Landkreisbewohner einer der beiden großen christlichen Kirchen an. Bundesweit ist die Quote noch geringer.

In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der sonntäglichen Gottesdienstbesucher in den fünf Seelsorgeeinheiten des Mittelbereichs Buchen von 8000 auf rund 1800 zurückgegangen. Und auch die Zahl der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter sinkt immer weiter. Darauf reagiert die katholische Kirche mit der Kirchenentwicklung 2030. Wie der aktuelle Stand im Raum Nord des Dekanats Mosbach-Buchen ist, das erklärten Dekan Johannes Balbach, Dekanatsreferent Christian Richter und Philipp Galm, Vorsitzender des beschließenden Ausschusses, am Mittwoch im Gespräch mit der RNZ.
"Wir merken: Kirche wird immer weniger", sagt Dekan Balbach, "deshalb ist eine Neuausrichtung unerlässlich." Dabei gehe es aber nicht darum, neue Strukturen zu entwickeln, um den Mangel an Priestern und die sinkende Zahl an Gläubigen auszugleichen, sondern um viel mehr: Gibt der Glaube den Menschen noch Halt? Spüren die Menschen noch Gott in der Kirche, und ist die Gemeinschaft einladend?
"Es ist höchste Zeit, dass wir uns diesen Fragen stellen und uns überlegen, was die Menschen brauchen. Denn die Tatsache, dass immer mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren, zeigt uns, dass wir als Kirche heute nicht mehr am Puls der Zeit sind", verdeutlicht Richter.
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"Deshalb möchten wir Kirche weiterentwickeln, präsenter werden und mehr für die Menschen da sein", sagt der Dekanatsreferent, "wir möchten sie im Glauben stützen und ihnen im Leben Halt geben." Auch für den Dekan ist klar: "Wir müssen neue Wege gehen und überlegen, wie wir die Frohe Botschaft zu den Menschen bringen können."
Vor diesem Hintergrund hat das Erzbistum Freiburg bereits vor Jahren diesen Reformprozess angestoßen. Zum 1. Januar 2026 werden die bisherigen Seelsorgeeinheiten im Landkreis zu zwei Großpfarreien zusammengeführt. Im nördlichen Tel des Dekanats werden die fünf Seelsorgeeinheiten Adelsheim-Osterburken-Seckach, Buchen, Hardheim-Höpfingen im Madonnenland, Mudau und Walldürn zu einer neuen großen Pfarrei.
Wer Institutionen zentralisiert, läuft für gewöhnlich eher Gefahr, sich von den Menschen zu entfernen. Wie soll eine gegenteilige Entwicklung gelingen? "Indem wir schauen, welche Angebote es bislang gab und welche wir künftig vorhalten möchten", verdeutlicht Christian Richter. Dabei entstünden freie Kapazitäten, um sich neu aufzustellen: "Dabei nehmen wir verstärkt den karitativen Bereich in den Blick, wir möchten uns um die Menschen kümmern, ihnen in Notsituation beistehen."
Doch nicht nur das, ergänzt Dekan Balbach: "Wir möchten herausfinden, wo uns die Menschen brauchen. Wir richten den Blick auf die Arbeitswelt, auf unsere Ehrenamtlichen und auf Familien mit Kindern, und wir möchten in Schulen und Kindergärten stärker präsent sein." "Daneben möchten wir neue Angebote schaffen, wie etwa moderne Formen des Gottesdienstes", erklärt Philipp Galm.
Um den Prozess der Kirchenentwicklung vor Ort zu starten, hat sich vor einem Jahr eine Projektleitung gebildet (siehe unten). Die Mitglieder haben erarbeitet, wie der Prozess bist zur Umsetzung am 1. Januar 2026 gestaltet wird und wann welche Schritte sinnvoll sind. In diesem Gremium werden Beschlussvorlagen für die Vollversammlung der Pfarrgemeinderäte erarbeitet und Strategien entwickelt, wie der Prozess gut gelingen wird.
Damit die zu treffenden Entscheidungen für den Prozess der Kirchenentwicklung 2030 rechtswirksam getroffen werden können, wurde zudem aus den 102 Pfarrgemeinderäten der fünf Seelsorgeeinheiten ein beschließender Ausschuss gebildet. Dies geschah bei einem Treffen im März im Wimpinasaal in Buchen. Der beschließende Ausschuss für die neue Pfarrei im Raum Buchen hat sich sodann am 11. Mai erstmals getroffen und die Arbeit aufgenommen.
Die ungewohnte Arbeit über die bisherigen Grenzen der Seelsorgeeinheiten hinweg sei sehr gut angelaufen, betont Vorsitzender Philipp Galm: "Es wurden schon erste Brücken geschlagen, und es ist eine Aufbruchsstimmung spürbar." Klar sei aber auch, dass es ein längerer Prozess ist: "Es ist eine große Herausforderung, aber zugleich auch eine große Chance."
Dekan Balbach freut sich, dass es zuvorderst um Inhalte gehe, um die Zukunft der Kirche. Natürlich werde es auch Emotionen geben, wenn Bewährtes wegbricht, aber die Richtung stimme. Zumal die Veränderungen mit Bedacht angegangen würden, wie Christian Richter herausstellt: "Wo ist es sinnvoll, Kräfte zu bündeln, wo halten wir an Bewährtem fest?"
Erste Entscheidungen hat der beschließende Ausschuss bereits getroffen, und zwar einstimmig: So wird er dem Erzbistum empfehlen, dass die neue Pfarrei den Namen "St. Oswald Buchen" tragen und ihr Sitz in Buchen sein soll. Im September erwartet Dekan Balbach die Bestätigung aus Freiburg, dass der Vorschlag angenommen wird. Vorgabe war, dass der Name einer bestehenden Pfarrei ausgewählt wird. Bei der Benennung der künftigen Kirchengemeinde haben die Entscheidungsträger mehr Spielraum: Hier könnte die Wahl auf einen Namen fallen, der das komplette Gebiet der neuen Pfarrei umschreibt.
Wer leitender Pfarrer der neuen Pfarrei wird, soll zum Jahresende feststehen. Eines ist aber schon jetzt klar: Der Buchener Stadtpfarrer und Dekan Johannes Balbach wird es nicht sein. Wer länger als acht Jahre in der Pfarrei im Amt ist, kommt nicht infrage und muss die Stelle wechseln. Balbach ist seit 2008 Stadtpfarrer. Er muss Buchen voraussichtlich zum 1. Januar 2026 verlassen.
Ab Herbst können sich Pfarrer auf die 36 Leitungsstellen im Erzbistum bewerben. Neu bei dem Bewerbungsverfahren ist, dass erstmals ehrenamtliche und pastorale Mitarbeite in diesen Prozess integriert werden und ihr Votum abgeben können. Das letzte Wort hat dann der Erzbischof.
Auch wenn es künftig ein zentrales Pfarrbüro in Buchen geben soll, wird es weiterhin Ansprechpartner und wohl auch Außenstellen vor Ort geben, unterstreicht Philipp Galm. Und auch bisherige Schwerpunkte der kirchlichen Arbeit wie Walldürn mit seiner Wallfahrt bleiben bestehen und behalten ihren Status, hebt Dekan Balbach heraus.
Mit Vollzug der Reform werden alle bisherigen Pfarrgemeinderatsgremien aufgelöst. An ihre Stelle tritt der zu wählende Pfarrgemeinderat der neuen Pfarrei. Außerdem werden ab sofort Baumaßnahmen nicht mehr seelsorgeeinheitsintern beschlossen, sondern über die Vollversammlung der Stiftungsräte. Ziel dieser Entscheidung ist, in größeren Zusammenhängen zu denken und Investitionen auf die Kirchenentwicklung 2030 anzupassen. Dafür werden eine Bedarfsplanung für den gesamten Raum und ein Raumnutzungskonzept erstellt.
Die inhaltliche Arbeit beginnt im Herbst in mehreren Fachgruppen. In diesen werden Haupt- und Ehrenamtliche zusammen erarbeiten, wie neue Aufbrüche gestaltet werden und wie zeitgemäße Pastoral aussieht. In diesen Fachgruppen werden nicht nur klassische Themen wie Gottesdienste oder die Jugendarbeit behandelt, sondern zum Beispiel auch das soziale Engagement der Kirche, die Förderung des Ehrenamts, die Notfallseelsorge oder der Auftrag der Kirche in der Elementarpädagogik (Kindergärten).
Hier sind alle Interessierten aufgefordert, sich mit ihren Ideen einzubringen. Denn das Ziel steht fest: die Menschen in den Blick nehmen und Kirche innovativ weiterzuentwickeln.
> Die Mitglieder der Projektleitung: Eva-Maria Kötter, Prof. Dr. Edmund Link, Max Mayerhöfer, Michael Miltenberger, Matthias Nasellu, Birgit Neubauer, Johannes Balbach und Christian Richter.
> Die Mitglieder des beschließenden Ausschusses: Seelsorgeeinheit Adelsheim-Osterburken-Seckach: Dr. Marie Cathrine Brümmer, Philipp Galm, (Vorsitzender), Simone Friedle und Andreas Reize; Seelsorgeeinheit Buchen: Achim Edelmann, Elisabeth Hell (stellvertretende Vorsitzende), Andrea Kugler, Andrea Löhr und Lukas Schäfer; Seelsorgeeinheit Hardheim-Höpfingen: Marianne Berberich, Horst Saling, Manfred Weihbrecht (Beisitzer Vorstand) und Marcus Wildner; Seelsorgeeinheit Mudau: Katrin Fleischmann (Beisitzerin Vorstand) und Dieter Müller; Seelsorgeeinheit Walldürn: Max Bundschuh (Beisitzer Vorstand), Rainer Kreis, Sabrina Miko und Elke Neuberger. Beratende Mitglieder: Johannes Balbach und Christian Richter. rüb
Info: Weiterführende Informationen und Ansprechpartner: www.kdmb.de




