Wie die Popakademie den düsteren Jungbusch aufpeppte
Es gibt Kneipen, Bars, Kreativwirtschaft. Aber auch steigende Mieten.

Mannheim. (jami) Als sich vor 20 Jahren im Stadtteil Jungbusch die Popakademie ansiedelte, setzte sich eine deutliche Veränderung des ehemaligen Rotlichtviertels in Gang, das heute als Szenekiez bekannt ist. Doch diese Entwicklung brachte nicht nur Positives mit sich. So sind die Mieten im Jungbusch gestiegen, und immer wieder fällt der Begriff Gentrifizierung, also das Verdrängen angestammter Bewohnerinnen und Bewohner.
Wer vor 2003, also vor dem Bau der Popakademie, durch den Stadtteil schlenderte, erinnert sich vielleicht noch: Es gab nur wenige Kneipen, die Straßen erschienen in den Nachtstunden besonders düster. Kein Ort, an dem man sich länger als nötig aufhielt.
Natürlich gab und gibt es noch die Verfechter des "alten" Jungbuschs, der durch seine verruchte Erscheinung "alternativ" rüberkam. Und es lässt sich nicht verhehlen: Das Viertel war schon damals eines mit besonderen Reizen. Besonders ist er auch heute noch – aber auf andere Art und Weise.
"Ich finde es grundsätzlich positiv, wie die Popakademie den Stadtteil verändert hat, auch mit Blick auf die Außenwahrnehmung Mannheims", sagt zum Beispiel Matthias Rauch, der Leiter der kulturellen Stadtentwicklung und Kultur- und Kreativwirtschaft Mannheim, der den Jungbusch seit 1999 kennt.
Durch die Hochschule seien viele Menschen in den Hafenstadtteil gekommen, der sich dadurch diversifiziert habe. Und mit der Popakademie siedelten sich dort nach und nach zahlreiche Unternehmen und Einrichtungen aus der Kreativwirtschaft an, zum Beispiel der Musikpark, das C-Hub oder das Zeitraumexit. "Ich denke, die Hochschule ist dabei ein maßgeblicher Katalysator gewesen", so Rauch.
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Auch er erinnert sich noch an den Jungbusch von damals: "Ich bin keiner, der die Zeit vor der Veränderung romantisiert. Heute ist das subjektive Sicherheitsempfinden durch die Ansiedlung der kreativwirtschaftlichen Institutionen deutlich besser. Dazu hat meiner Meinung nach auch die Entwicklung der Nachtkultur mit den Bars und Kneipen beigetragen", sagt Rauch.
Früher habe es das "Rhodos", das "Contra N" und das "Blau" gegeben. Und man hätte nachts um drei oder vier Uhr schon geguckt, dass man dann schnell nach Hause gekommen ist. "Das Gefühl habe ich heute nicht mehr."
Heute ist vor allem an den Wochenenden bis spät in die Nacht einiges los, was sogenannten Angsträumen entgegenwirkt und die Aufenthaltsqualität steigert. Doch damit gelangt man zu einem Punkt, der die Anwohner beschäftigt: Viele fühlen sich durch die Feiernden um ihren Schlaf gebracht. Es gibt Beschwerden. Aber auch Initiativen, um das florierende Nachtleben mit den Bedürfnissen der Anwohner in Einklang zu bringen oder die Auswirkungen zumindest abzumildern.
Bunter, attraktiver, lauter – so lässt sich der heutige Jungbusch beschreiben. Zahlreiche hippe Kneipen sind entstanden, Restaurants und Imbisse bieten unterschiedlichstes Essen an, auch "Rhodos", "Blau" und "Contra" sind noch da. Seit einigen Jahren wird der über die Stadtgrenzen hinaus bekannte "Nachtwandel" mit zehntausenden Besuchern gefeiert, der ebenfalls zu einem positiveren Bild des Stadtteils und Mannheims beiträgt.
Die Popakademie und die Veränderungswelle haben den Jungbusch also ganz schön durchgerüttelt, wodurch auch Investoren auf den Kiez aufmerksam wurden. Mit dem Ergebnis, dass Häuser aufgekauft, restauriert und aufgewertet wurden und werden; aber eben auch die Mieten steigen und schlechter Verdienende zum Teil dazu gezwungen werden, wegzuziehen. So hängt die Antwort darauf, ob sich der Jungbusch zum Positiven verändert hat, stark von der jeweiligen Sichtweise ab.



