Villa Menzer ist jetzt ein "Freiraum"
Testphase für neue Nutzung des historischen Gebäudes gestartet - Arbeitsplätze zum Mieten und Trauungen im Festsaal

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Die Villa Menzer ist aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht, 15 Jahre Leerstand sind zu Ende: Am Montag, 8. Mai, startete in dem stattlichen Gebäude des Weingroßhändlers, griechischen Konsuls in Mannheim und Reichstagsabgeordneten Julius Menzer aus dem Jahr 1892 das Projekt "Freiräume". Hier am Rande der Altstadt entstanden sogenannte multifunktionale Räume zum Mieten entweder zum mobilen Arbeiten oder für Treffen von Vereinen. Außerdem wurde ein Raum für Trauungen und andere Feste hergerichtet. In einer achtwöchigen Testphase wird nun erprobt, ob das Angebot genutzt wird und wie es gegebenenfalls angepasst werden muss.
Bürgermeister Frank Volk ging bei der Eröffnung am Montagmorgen, 8. Mai, zunächst auf die Historie ein: Nach dem Auszug der Stadtverwaltung um die Jahrtausendwende diente die Villa wegen des Brandes des Schulzentrums als Ausweichquartier. Seit der Fertigstellung des Schulneubaus im Jahr 2008 stand sie leer – abgesehen von temporären Nutzungen wie Ausstellungen. Volk erinnerte an "endlos lange Diskussionen".
Die Stadt habe versucht, Gastronomie anzusiedeln, doch immer wieder scheiterten die Verhandlungen an einem Punkt: Die Villa ist ein Geschenk an die Stadt und darf nicht verkauft werden. Außerdem muss sie öffentlich zugänglich bleiben. "Wer investiert schon in fremdes Eigentum?", fragte Volk. Umso dankbarer sei man für das Förderprogramm "Freiräume", bei dem Neckargemünd für Investitionen bis zu 900.000 Euro eine rund 65-prozentige Förderung winkt.

Rund 160.000 Euro hat die Stadt seit Anfang des Jahres bereits investiert, um vor allem das Erdgeschoss auf Vordermann zu bringen – in Absprache mit den Denkmalschutzbehörden: Der alte grüne Teppichboden wurde durch schickes Parkett ersetzt, Wände wurden frisch gestrichen, neue Lampen aufgehängt, Türen lackiert. Die Villa wurde ans Glasfasernetz angeschlossen, im Erdgeschoss entstand im früheren Amtszimmer des Bürgermeisters mit dem historischen Schreibtisch – auch er wurde hergerichtet – ein Festsaal, in dem nun Trauungen stattfinden sollen. Hier fehlten nur noch Kronleuchter und Stühle. Nebenan wurde eine Teeküche zur Selbstbedienung installiert. Im Obergeschoss wurden Räume zum Arbeiten mit Schreibtischen und Zimmer für Sitzungen und Kurse von Vereinen und Gruppen eingerichtet.
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Im Herbst entscheidet dann der Gemeinderat, wie es weitergeht. "Das Projekt wird erfolgreich", zeigte sich Volk überzeugt. Bereits jetzt sei das Interesse groß. Immer wieder würden Nachfragen für Räume zum Arbeiten eingehen – so zum Beispiel von Touristen. Auch Vereine hätten Bedarf. Und das Interesse an Trauungen in der Villa sei groß. Solche waren bis 2003 hier möglich – Volk selbst war einer der Letzten, der hier den Bund der Ehe einging.
Zwar habe die Stadt Trauungen im Menzerpark angeboten, bisher musste bei schlechtem Wetter aber ins Rathaus ausgewichen werden. Das erste Paar will sich nun Ende Mai in der Villa das Ja-Wort geben. Den Festsaal will auch die Stadt für Anlässe wie den Empfang von Prominenten und Einträge ins Goldene Buch nutzen.
Der Bürgermeister sah Möglichkeiten für Ausstellungen, wie sie dem Verein "Villa Menzer" vorschweben, der sich für eine Reaktivierung des Gebäudes engagiert. "Wir wollen eine breite Nutzung", so Volk. Der Bürgermeister betonte die gute Erreichbarkeit der Villa Menzer mit Bus und Bahn. "Hier zu arbeiten ist schöner als in der Großstadt", meinte er.
Der Bürgermeister sprach von "marktorientierten Preisen" für die Nutzung. In der Probephase können Nutzer noch frei wählen, wie viel sie zahlen. Daraus erhofft man sich Rückschlüsse auf die Zahlungsbereitschaft. "Die Räume sind etwas wert und müssen auch etwas kosten", betonte Volk. "Es soll zudem etwas Besonderes sein, in der Villa zu arbeiten." Denkbar seien zum Beispiel auch Zehnerkarten mit vergünstigten Preisen.

Der Bürgermeister sah in dem Projekt einen Beitrag zum Klimaschutz, da Arbeitnehmer ohne Möglichkeit von Homeoffice am Wohnort ein Büro beziehen könnten. Auch er selbst werde sich für einen Tag "einmieten". "Wir nehmen nun Anregungen der Nutzer entgegen und passen das Konzept noch an", erklärte Volk. Klar sei, dass die sanierten Räume nicht mehr verändert werden. Offen seien zum Beispiel noch eine Sanierung der Sanitärräume und der Bau eines Außenfahrstuhls für Barrierefreiheit. Ab 2025 soll dann der Regelbetrieb stattfinden.
Jan Seidel vom Immobilienmanagement der Stadt betonte, dass die Räume nicht rein funktional, sondern auch ästhetisch gestaltet wurden. Fünf weitere Zimmer könnten je nach Bedarf noch geöffnet werden. Architektin Cecilia Orlandi beschrieb die Gestaltung als "zurückhaltend und elegant". Sie sprach von aufwendigen Malerarbeiten, da zahlreiche Risse im Gewölbe verfüllt werden mussten. Und Petra Holzer vom Stadtmarketing ergänzte, dass die Villa ab sofort montags bis freitags immer von 8 bis 17 Uhr geöffnet sei.
Eine Agentur kümmert sich um die Vergabe der Räume und ist mit einem Ansprechpartner vor Ort. "Die Nutzer können auch mal zusammen Kaffee trinken", sagte sie. "Hier kann eine Gemeinschaft entstehen." Sarah Reisinger von der Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises und Marius Schulte von der Agentur "Comoon" betonten, dass das Angebot bisher bereits ohne viel Werbung sehr gefragt sei.
Info: Räume können im Internet unter www.comoon.space/neckargemuend gebucht werden. Am Samstag, 13. Mai, findet von 11 bis 17 Uhr ein Tag der offenen Tür statt. Weitere Veranstaltungen sind bereits geplant.