Und wo war die Jugend bei der Klimawerkstatt?
Es geht um Möglichkeiten, wie man die Stadt grüner machen und der Klimaneutralität näher kommen kann. Das Mitmachen muss Freude machen.

Von Alissa de Robillard und Peter Bayer
Eberbach. Der Klimawandel betrifft alle gleichermaßen: Jung und Alt, Mann und Frau – Mensch, Pflanze und Tier. Wie kann es also sein, dass an einem Klimawochenende mit einer Beteiligungswerkstatt, an der konkrete Lösungen formuliert wurden, keiner unter 30 Jahren anwesend war? Interessiert es die örtliche Jugend nicht? Wurden die jungen Leute im Vorfeld nicht richtig eingebunden und angesprochen? Vielleicht wurde das Potenzial eines solchen Wochenendes nicht richtig kommuniziert.
Die ältere Generation ärgert sich über Klimaaktivisten und deren drastische Aktionen. Die Jugend wirft den Älteren vor, nicht schnell genug zu handeln. Manche stehen einfach dazwischen. Dabei geht der Blick auf das gemeinsame Ziel verloren.
Es scheint so, als ob der Generationenkonflikt schwerer wiegt als das globale Problem. Statt zusammen an Lösungen zu feilen und eine lebenswerte Zukunft anzusteuern, teilen sich die Lager: "Wir gegen die" statt alle miteinander.
Lasst uns einsichtig sein, aufeinander zugehen und als Gesellschaft gemeinsam handeln.
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Die Klimawerkstadt ist in die zweite Runde gegangen. Motiviert und voller Tatendrang trafen sich die ungefähr 50 Teilnehmer am Samstagmorgen in der Stadthalle. Ihr gemeinsames Ziel war es, Konzepte zu entwickeln, um die Stadt grün zu machen und dem Ziel Klimaneutralität 2035 ein Stück näher zu kommen. Dafür haben sich die Teilnehmer in sechs Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten aufgeteilt: Kommunikation, Energie, Konsum und Ernährung, Gebäude, Mobilität sowie Natur und Flächen.
"Die Werkstatt kann nur dann produktiv sein, wenn die Leute sich mit dem beschäftigen, was sie auch wirklich interessiert", sagte Lea Johannsen vom Verein "Mehr Demokratie" und eine der Moderatorinnen der Werkstatt.

Das Konzept der Beteiligungswerkstatt finde in dieser Form erst zum vierten Mal statt, erzählt Johannsen. Es ginge dabei um die Erarbeitung von konkreten Vorschlägen mit konkreten Aufgaben, die konkret an Akteure delegiert würden. "Es sollen Kontakte geknüpft werden, die dazu animieren Verantwortung zu übernehmen", sagte die Moderatorin. "Durch diese Vernetzung besteht die Hoffnung, dass die Ideen nicht wieder im Sande verlaufen."
An den einzelnen Arbeitstischen wurden Plakate ausgelegt, auf denen Kreise gezeichnet waren. Dadurch sollten Strategien entwickelt werden, die im Kleinen beginnen und immer weitere Kreise ziehen. Neben den Plakaten waren unzählige Spielfiguren und Bauklötze auf den Tischen verteilt, für die haptische Untermalung der erarbeiteten Konzepte.
Von 9 bis 16.30 Uhr steckten die Teilnehmer fleißig die Köpfe zusammen um ihre Ergebnisse abschließend im Plenum zu präsentieren. "Das war wahrscheinlich die ereignisreichste Werkstatt bis jetzt", lobte Ulrike Oemisch vom Institut für partizipatives Gestalten (IPG) und Moderatorin des Wochenendes. Eberbach war die vierte Veranstaltung dieser Art.
Tags darauf sollten im Anschluss an den ökumenischen Gottesdienst die Schritte für alle sichtbar gemacht, die Ergebnisse im großen Saal der Stadthalle einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Gekommen waren aber nur wenige.
Die Gruppe "Kommunikation" stellte sich die Frage "Wie erreiche ich die Menschen von außen?". "Nur mit Freude", so die Antwort. Engagement dürfe nicht zur Last werden. Durch regelmäßige Treffen – etwa alle zwei Monate – könne man sich die Motivation holen.
Beim Thema "Energie" gab es zwei Hauptfragen. Wie schaffe ich ein Energiebewusstsein? und "Wie viel Energie verbraucht die Stadt?". Zu letzterem Punkt wurde eine "Energieuhr" angeregt. Ziel müsse bezahlbarer Strom für alle sein. Möglichkeiten hierzu böten der angestrebte Windpark mit einer Beteiligung von 49 Prozent, Flächenvoltaikanlagen oder PV-Anlagen auf den Dächern. Stadtwerke oder eine Energiegenossenschaft könnten ein Euro pro Quadratmeter Dachfläche bezahlen, die Energie ins Netz fließen. Auch sollte man sich informieren, wie es andere Kommunen machen.

Die Gruppe "Konsum, Ernährung, Abfallvermeidung" hob die Bedeutung von bio und regionalem Einkaufen hervor. Ein erster Schritt sei, Interessenten an einer Gemüsekiste zu finden. Mensen und Kantinen sollten regionales und vegetarisches Essen anbieten, Fallobst gesammelt und gepresst werden. Sie schlugen Beete oder Pflanzstellen in der Stadt vor, wo gepflanzt und geerntet werden könne. Zur Abfallmeidung können sie sich ein Repair-Café vorstellen sowie Wasserspender in der Stadt, um die Flut an Plastikflaschen zu verringern.
Die Wärmedämmung ist bei der Gruppe "Gebäude" ein großes Thema, die Heizung habe großen Anteil am CO2-Ausstoß. Man müsse den Leuten die Dringlichkeit der Reduzierung vor Augen führen, ihnen aber auch die Angst nehmen und Wege aufzeigen. Probleme seien die hohen Kosten und dass die Handwerker nicht so verfügbar seien. Vielleicht gebe es ja handwerklich Begabte im Bekanntenkreis, die eine Dachsparrendämmung oder eine Dämmung der Kellerdecke selbst machen können.
Die Gruppe Mobilität hatte sich auf kostenlos umsetzbare und klimaneutrale Punkte beschränkt. An einem "Parking Day" könnte man zum Beispiel zwei Parkplätze in der Innenstadt in eine Erlebniswelt verwandeln und die Leute darauf aufmerksam machen, dass man die Flächen auch anders verwenden kann. Langfristiges Ziel sei eine Erlebnisstraße. Viele Autos würden auf der Suche nach einem Parkplatz mehrfach im Kreis fahren, während die Tiefgarage am Leopoldsplatz häufig leer sei.
Mit unterschiedlichen Parkgebühren könne man den Verkehr lenken, mit Mitfahrbänken mehr Personen in ein Auto bringen. In der Bahnhofstraße könne man zwei Abstellplätze für Autos für Fahrräder nutzen. Ein Defizit sei, dass Ankommende am Bahnhof nicht sehen, welches Angebot es gibt. Hier könnte der Stadtplan erweitert werden mit Informationen zur Mobilität.
Wie kann man die Innenstadt an die Klimafolgen anpassen? Dieser Frage stellte sich die Arbeitsgruppe "Natur und Flächen". Kurzfristig umsetzbar sei die Anpflanzung von Bäumen, um der Aufheizung im Sommer entgegenwirken. Hierfür gelte es, Baumpaten zu finden, die das Gießen und die Nachpflanzung übernehmen. An den Gebäuden könnte man die Fassaden und Dächer begrünen. An Lieblingsplätzen könnte man Klimaschutz an gern besuchten Orten sichtbar machen, so eine weitere Idee. Ein mobiler vertikaler Garten oder mehr Bäume würden den Neuen Markt im Sinne des Klima- und Naturschutzes attraktiver machen.
Manche Vorschläge sind schnell umsetzbar, andere längerfristig. Wichtig ist, entsprechende Partner ins Boot zu holen wie die Kommune, die Stadtwerke, die Eberbacher Werbegemeinschaft oder Institutionen, so das Fazit. Und: "Klimaschutz muss nichts sein, was Angst macht".