SEK-Einsatz traf vier schwarze Jugendliche offenbar nicht gezielt
Der AK Kolonialgeschichte wirft der Polizei Rassismus vor. Der Polizei zufolge galt der Einsatz dem Besitzer der Wohnung. Das SEK habe "Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt".

Mannheim. (oka/pol/rl) Der Arbeitskreis (AK) Kolonialgeschichte kritisiert einen Polizeieinsatz am vergangenen Donnerstag, 27. April, bei dem vier schwarze Jugendliche zwischen die Fronten geraten sind. Es handelt sich um Teilnehmer eines dreiwöchigen Jugendaustausch-Programms von "Place for Africa", um zu Antikolonialismus, zur Sichtbarkeit Schwarzer Aktivistinnen und Aktivisten und zu Entwicklung von Handlungsstrategien gegen den Klimawandel zu arbeiten.
Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, galt der Einsatz nicht den vier Teilnehmern, sondern dem Besitzer der Wohnung, in der sich die vier aufgehalten hatten. Das Polizeipräsidium Mannheim bestätigte auf Nachfrage der RNZ am Montag den Einsatz von Kriminalpolizei und SEK in der Wohnung in Käfertal, in die man sich über das Vermietungsportal "Airbnb" einmieten kann. Über den Grund des Einsatzes gab es zunächst aus ermittlungstaktischen Gründen keine weiteren Auskünfte.
Am Dienstag gab die Polizei dann eine Pressemitteilung zu dem Vorfall heraus: Nach intensiven Ermittlungen seien an dem Donnerstagmorgen zwei richterliche Durchsuchungsbeschlüsse für dieselbe Wohnung in Käfertal vollstreckt worden. Da es Hinweise auf eine Bewaffnung von zwei Beschuldigten gab, sei das Spezialeinsatzkommando hinzugezogen worden.
Als das Kommando in den frühen Morgenstunden über den Haupteingang die Wohnung stürmte, seien vier Männer über die Terrassentür auf der Gebäuderückseite aus der Wohnung geflohen. Da sie sich in der Wohnung der Beschuldigten aufgehalten und diese bei Eintreffen der Polizei fluchtartig verlassen hatten, seien sie angehalten und kontrolliert worden.
Da im Zimmer der vier Personen "betäubungsmittel- und sprengstoffverdächtige Gegenstände" aufgefunden wurden, seien sie vorläufig festgenommen worden. Den Personen seien in Englisch und Französisch die Maßnahmen erläutert worden.
Die verdächtigen Gegenstände seien schließlich als "äußerst ungewöhnlich verpackte Lebensmittel" identifiziert worden, woraufhin die vier Personen wieder auf freien Fuß kam. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen seien sie nach anderthalb Stunden in die Wohnung zurückgekehrt.
Der AK Kolonialgeschichte hingegen schreibt, dass die Jugendlichen "mehrere Stunden draußen ohne Erklärung gewaltvoll festgehalten" wurden. Erst dann seien sie freigekommen, weil nichts gegen sie vorlag. Die Betroffenen seien schwer traumatisiert und mussten psychologisch betreut werden. "Im Antidiskriminierungsbüro erhielten sie Betreuung und Beratung", hieß es in der Mitteilung des Arbeitskreises.
Die Personen waren laut Polizeibericht als Untermieter in der Wohnung eines der tatsächlichen Beschuldigten eingemietet. Dieser wurde vorläufig festgenommen. In der Wohnung wurden diverse Waffen sowie weitere Beweismittel aufgefunden.
Am 27. April sei im Stadthaus eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Goethe-Institut und der Stadt Mannheim geplant gewesen, um die Ergebnisse der Projektwochen zu präsentieren. "Das war nach dem Überfall am selben Tag nicht mehr möglich", schreibt der AK. "Wir schämen uns, in einer Stadt und einem Land zu leben, wo Gäste so behandelt werden! Wir rufen die Stadt Mannheim auf, konkret sichtbar gegen den institutionellen Rassismus aktiv zu werden und Maßnahmen zur Sicherheit schwarzer Menschen und People of Color in Mannheim zu ergreifen."
Update: Dienstag, 2. Mai 2023, 17.11 Uhr