Klimaschützer blockierten Speyerer Straße - Einsatz von Pressluft-Meißel (Update)
Die wichtige Verkehrsachse war in beiden Richtungen nicht befahrbar.

Von Alexander R. Wenisch
Heidelberg. Mit ihrer aktuellen Aktion hat die "Letzte Generation" am Montagfrüh den momentan neuralgischsten Punkt der Stadt blockiert. Um 7.30 Uhr, also mitten im Berufsverkehr, sperrten neun Aktivisten die Speyerer Straße in beiden Fahrtrichtungen. Sechs Menschen hatten sich auf die Fahrbahn oder aneinander geklebt. Einer von ihnen war Raúl Semmler, der Mannheimer Aktivist, der seit einem Jahr bundesweit bei Aktionen der "Letzten Generation" in Erscheinung tritt. Er hatte für seine rechte Hand ein Spezialgemisch verwendet aus Sand, Sekundenkleber und Granulat. Dies konnte von der Polizei nicht gelöst werden, weshalb nach gut einer Stunde die Berufsfeuerwehr Heidelberg anrückte und den Asphalt mithilfe eines schweren Elektro-Meißels öffnete.
Auf der Haupteinfallstraße herrscht morgens ohnehin immer Stau. Dieser wird momentan noch verstärkt, weil zwei Brücken Richtung Innenstadt nur eingeschränkt befahrbar sind und der Verkehr aus Süden wegen einer Großbaustelle in Rohrbach zudem über die Speyerer Straße umgeleitet wird. Vielleicht verlief die Aktion auch deshalb vergleichsweise gemäßigt; einige Autofahrer schüttelten den Kopf, als sie an dem am Ende noch klebenden Semmler einspurig vorbeifahren konnten, einzelne schrien ihre Wut über die Aktivisten aus dem Autofenster heraus.
Die Polizei war schnell vor Ort, wie Einsatzleiter Matthias Köhler berichtet. Die etwa 30 Beamten waren gerade auf dem Weg in die Stadt, weil am Montag der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki zu Gast an der Uni war. Kritik des Aktivisten Semmler, die Klima-Kleber seien von der Polizei "ungewöhnlich ruppig" behandelt worden, kommentierte Köhler nicht. Auch mit dem Argument "Wir machen das doch auch für eure Kinder", drang die Gruppe nicht durch.
Kritik kam aber auf, weil die sechs Aktivisten in unmittelbarer Nähe der Berufsfeuerwehr Heidelberg die Straße blockierten, was bei einem Einsatz knifflig hätte werden können. "Wir haben uns so festgeklebt, dass wir jederzeit eine Rettungsgasse hätten freimachen können", so zwei der Aktivisten. Sie hatten nur ihre Hände aneinandergeklebt und hätten so einfach zur Seite gehen können.
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Auffällig war, dass bei der aktuellen Aktion nicht nur wie bislang junge Menschen teilnahmen. In Heidelberg hat sich eine Gruppe von Unterstützern gebildet, die die Aktionen der Letzten Generation begleiten (siehe weiteren Artikel). Etwa 30 Sympathisanten standen – neben einigen Schaulustigen – mit am Gehweg oder auf einer Fußgängerbrücke direkt über dem Aktionsort.
Die Straßenblockierer wurden anschließend in Polizeigewahrsam genommen. Sie müssen sich gegebenenfalls wegen Nötigung juristisch rechtfertigen. Aber auch von den Sympathisanten, die nur am Bürgersteig Plakate hielten, wurden die Personalien genommen – was einige von ihnen sehr verwunderte. Zum Teil sei ihnen sogar geraten worden, sich anwaltliche Hilfe zu holen. Polizeisprecher Patrick Knapp erklärt: Die Sympathisanten würden lediglich als Zeugen der Aktion vernommen.
Auch Ulrike Breitschuh stand am Rand der Speyerer Straße mit einem mit Herzchen verzierten Plakat: "Das Zeitfenster vor dem Kollaps des Klimas schließt sich bald. Bitte helfen Sie mit!" Sie ärgere, dass die Grünen an der Macht sind, die Bereitschaft in der Gesellschaft für Veränderung so groß sei wie lange nicht mehr, und sich trotzdem so wenig bewege. "Die Klimaveränderungen sind doch keine Hirngespinste", sagte sie. Aktionen wie die der "Letzten Generation" seien nötig, um die Politiker aus ihrer "Schlafphase" wachzurütteln. Sich für die "eigentlich banalen Forderungen" der Aktivisten auf die Straße zu stellen, sagt die 67-Jährige, das mache sie "zu allererst für meine Enkelkinder", denen sie eine intakte Welt hinterlassen wolle.
Update: Montag, 20. März 2023, 19.46 Uhr
Heidelberg. (pol/lex/mün) Am Montagmorgen blockierten zahlreiche Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" die Speyerer Straße in Heidelberg. Neun Personen der Klimaschützer-Gruppe sperrten gegen 7.30 Uhr die Fahrbahnen stadteinwärts und stadtauswärts. Fünf Demonstranten klebten ihr Hände auf die Fahrbahn und eine weitere Person klebte sich an einer auf der Fahrbahn klebenden Person fest.
Die Aktion war auf Höhe der Bahnstadt bei der Fußgängerbrücke in der Nähe der Hauptwache der Heidelberger Feuerwehr. Die Aktivisten hatten sich so festgeklebt, dass sie bei einem etwaigen Einsatz der Feuerwehr jederzeit eine Rettungsgasse hätten öffnen können.
Die Speyerer Straße in Richtung Stadtmitte war relativ schnell wieder geräumt. Auf der Fahrbahn stadtauswärts dauerte das aber länger. Ein angeklebter Demonstrant hatte laut Polizei ein anderes Klebergemisch verwendet. Daher gestaltete es sich etwas schwerer, die Person zu lösen.
Letztendlich musste die Feuerwehr die Hand des Mannes mit einem Pressluft-Meißel aus dem Asphalt lösen. Bei diesem Blockierer handelte es sich um den Mannheimer Raul Semmler (38), der auch schon bundesweit in Erscheinung getreten ist.
Weitere Demonstranten am Fahrbahnrand erhielten von der Polizei Platzverweise.
Die Blockade-Aktion am Montagmorgen verschärfte die Staulage in der Speyerer Straße erheblich. Dort ist schon eine Baustelle auf der Montpellierbrücke. Wegen einer Großbaustelle in Heidelberg-Rohrbach wird zudem der Verkehr aus Süden über den die B535 und die Speyerer Straße umgeleitet.
Die Polizei war nach eigenen Angaben schnell vor Ort, da viele Kräfte am heutigen Montag in der Stadt im Einsatz sind. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki besucht die Universität.
Update: Montag, 20. März 2023, 9.33 Uhr