Schriesheimer Mathaisemarkt

Den großen Umzug gab es zum Schluss mit Schnee und Sonne

Zum Umzug der Fanfarenzüge und der historischen Schlepper kamen am Sonntag wieder Tausende Besucher. Das Wetter spielte dann doch mit.

13.03.2023 UPDATE: 13.03.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Bürgermeister Christoph Oeldorf und die Weinhoheiten (v.l.) Sophie Weil, Miriam Knapp und Ylva Neuert führten den Umzug an. Foto: Kreutzer

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Die Bauernregel hatte doch mal wieder recht: "Mathais bricht das Eis. Hat er keins, so macht er eins." So war es auch am frühen Sonntagmorgen: Es lag tatsächlich Schnee – und keiner wusste, was das für den letzten Mathaisemarkt-Tag bedeuten sollte: Kommen die historischen Schlepper aus dem Odenwald? Steht überhaupt jemand beim Umzug auf der Straße? Doch die Befürchtungen waren unbegründet: Fast alle Traktoren, die sich angekündigt hatten, waren auch da, die Fanfarenzüge sowieso. Und mittags lachte die Sonne.

Am Ende standen Tausende in der Heidelberger, der Bahnhof- und der Bismarckstraße. Feuerwehrkommandant Oliver Scherer schätzte, dass es den ganzen Sonntag über 27.000 Besucher waren. Und die, die sich den Umzug der Fanfarenzüge und der Schlepper anschauten, waren begeistert: "Das war sehr vielseitig mit den Gruppen. Und natürlich waren auch die alten Traktoren super", sind sich Petra und Herbert Vetter aus Östringen einig, die sich das Spektakel zum ersten Mal anschauen. Herbert Vetter fielen "die positiven Gesichter" besonders angenehm auf. Theo Pfeifer aus Schriesheim fand alles sehr gelungen – und vor allem dass das Wetter doch viel besser als am Morgen war.

Richard Schröder aus Großsachsen mit einem alten Lanz. Fotos: Kreutzer Foto: Kreutzer

Die zwölf Fanfarenzüge hatten sich im Festzelt ab 10 Uhr richtig warmgespielt, dabei führte Joachim Müller vom Verkehrsverein durchs Programm – und damit übernahm er auch von Karl-Heinz Schulz die Organisation, der 44. Mal die Musiker zum Mathaisemarkt eingeladen hatte. Müller bilanzierte: "Die Stimmung war gut, das Festzelt fast voll." Und Schulz erinnerte daran, dass es ohne Peter Riehl solch ein Treffen niemals gegeben hätte (den Bürgermeister Christoph Oeldorf grüßen ließ).

Die weiteste Anfahrt hatte das gute Dutzend Landsknechte aus dem sauerländischen Halver. Die hatten sich um 6 Uhr auf den Weg nach Schriesheim gemacht, wie Brigitte Lohmann berichtet: "Erst waren wir wegen des Wetters skeptisch. Aber sie weiß, woran der Sonnenschein am Mittag lag: "Wenn Engel reisen! Wir bringen immer gutes Wetter mit!" Lohmann ist nicht zum ersten Mal dabei – und sie mag die Bergstraße "Hier ist es immer schön, die Atmosphäre ist gut." Dass es nicht wie früher ein Wertungsspielen gibt, kann sie verschmerzen: "Ein Wettstreit wäre schwierig, durch Corona haben wir Mitglieder verloren."

Auch interessant
Mathaisemarkt Schriesheim: RNZ-Riesenrad-Weinprobe in 48 Metern Höhe (plus Video)
Schriesheim: Was beim Finale beim Mathaisemarkt ansteht (plus Video)
Mathaisemarkt Schriesheim: Schausteller auf Festplatz ziehen zufriedenes Zwischenfazit

Um 14 Uhr setzte sich der Tross vom Unteren Schulhof aus in Bewegung, am Alten Rathaus kommentierte Peter Grüber, der Organisator des Schleppertreffens (das es erst seit 2016 gibt), die Fahrzeuge, Joachim Müller stellte die Fanfarenzüge vor. Gerade fuhr Richard Schröder aus Großsachsen vorbei: "Das ist der älteste Schlepper heute, Baujahr 1947. Den hat schon sein Vater gekauft. Der müsste so alt sein wie Richard Schröder." Grüber ist froh, dass sich das Wetter beruhigt hat: "Der Odenwald war ja eingeschneit. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele doch noch kommen."

Zwölf Fanfarenzüge und über 30 historische Schlepper schlängelten sich am Sonntagnachmittag durch die Altstadt. Foto: Kreutzer

Wer wollte, konnte sich drei Stunden vor dem Umzug die Schlepper im Unteren Schulhof näher anschauen: Karl, Stefan und Linda Weingärtner kamen mit drei Exemplaren aus Großsachsen – und zum ersten Mal aufs Mathaisemarkt-Schleppertreffen, "eine spontane Entscheidung", sagt Stefan Weingärtner: Der schnittigste der Dreien ist der "Allgaier Porsche" von 1954 – aus der Zeit, als Porsche auch Traktoren baute (wenn auch nicht in Zuffenhausen, sondern in Manzell am Bodensee). Das gute Stück fand Stefan Weingärtner auf dem Hof eines Mitarbeiters in Rumänien und schenkte es seinem Schwiegervater Karl zum 70. Geburtstag. Hinzu kommen noch ein Güldner (Baujahr 1951) und ein 1957er Unimog mit Faltdach.

Unterdessen versucht Jochen Weidenthaler von den Schlepperfreunden Rippenweier, einen alten Lanz von 1941 zum Laufen zu bringen. Der hat noch einen Glühkopf, denn der Motor hatte noch keine Selbstzündung: "Der ist schwer zu starten", sagt Weidenthaler, "er braucht halt die richtige Temperatur." Aber dann will das gute Stück doch. Siegfried Wachter kennt aus seinen Zeiten in der Landwirtschaft dieses Modell gut – und schwärmt: "Der läuft rückwärts wie vorwärts." Weidenthaler, der das erste Mal auf dem Mathaisemarkt ist, hat die Fahrt vom Odenwald an die Bergstraße nicht bereut: "Am Morgen war ich noch skeptisch wegen des Schnees. Aber gut, dass wir doch gefahren sind." Axel Vögele ist eigentlich Spezialist für alte Autos, aber er hat auch ein "Fendt-Dieselross". Als er vor 18 Jahren nach Schriesheim zog, fiel ihm eines sofort auf: "Alle haben einen Traktor." Dann schenkte er sich selbst einen zu seinem Vierzigsten.

Lokalredakteur Micha Hörnle durfte bei Marc Hartmann auf dessen Schlepper mitfahren. Foto Kreutzer

Marc Hartmann fuhr im Unteren Schulhof drei Schlepper auf. Sieben Stück hat er insgesamt: "Die müssen alle noch was schaffen, erst gestern hat der ,Holder’ noch einen Acker gefräst." Die kleinen schwäbischen Traktoren sind besonders stark in Schriesheim vertreten, denn sie werden oft im Weinbau eingesetzt. Das Prunkstück ist aber ein Bischoff von 1952, der einzige Traktor, den Hartmann von Grund auf restauriert hat: Fünf Lackschichten mussten abgeschliffen werden, jetzt strahlt das Gefährt mit seiner Patina eine besondere Würde aus. Außerdem ist der Bischoff – die Recklinghausener Firma produzierte eigentlich Bergbau-Maschinen – eine Seltenheit: "Von diesem Modell fahren nur noch drei Stück in Deutschland", so Hartmann.

Da muss man die Gelegenheit nutzen, wenn Hartmann dazu einlädt, beim Umzug auf dem Bock mitzufahren. Da wird ein alter Kindheitstraum wahr – und der Lokalredakteur besah sich das Treiben auf der Straße vom rollenden Logenplatz aus. Das macht so einen Spaß, dass der noch größere Traum in greifbare Nähe gerückt ist: Im nächsten Jahr ist der Unimog fällig.

Die Schlepper waren im Unteren Schulhof zusammengekommen. Foto: Kreutzer
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.