Spaltet die Hintere Mult die Stadtgesellschaft?
Davor warnt Bürgermeister Fetzner und plädiert für einen Kompromiss. Der Gemeinderat berät am Mittwoch über die Entwicklung des Gebiets.

Weinheim. (web) Es wird wieder Proteste geben. Die Gegner von Gewerbe in der Hinteren Mult rufen dazu auf, am Mittwoch, 16. November, eine halbe Stunde vor Beginn der Gemeinratssitzung ins Rolf-Engelbrecht-Haus zu kommen und Plakate mitzubringen. Die Sitzung beginnt um 16 Uhr (Bürgerfragestunde: gegen 18 Uhr). Gleich am Anfang wird darüber debattiert, ob Weinheim an der Bebauung des 11,36 Hektar großen Gebiets festhält. Nach der Beantwortung dieser Frage kann der Gemeinderat die Verwaltung beauftragen, ein ergänzendes Bebauungsplanverfahren vorzubereiten, das die gerichtlich beanstandeten Fehler des ursprünglichen Verfahrens "heilt".
Nicht zuletzt der Filterhersteller B&S will sich in der Hinteren Mult erweitern und dort auch bisher in Mannheim und Heppenheim arbeitende Angestellte zusammenziehen. Laut Unternehmensangaben ist unter anderem geplant, eine weitere Schicht mit 120 Mitarbeitern in der Produktion einzusetzen sowie Forschung und Entwicklung auszubauen. Bei einer Abwanderung von B&S verliere Weinheim stattdessen rund 200 bestehende Arbeitsplätze, so die Befürworter der Bebauung.

Deren Gegnern wiederum ist aufgefallen, dass allein Oberbürgermeister Manuel Just die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung gegengezeichnet hat. Die Unterschrift des Ersten Bürgermeisters und Leiters des technischen Dezernats im Rathaus, Torsten Fetzner, fehlt. Das war kein Versehen, wie Fetzner auf Medienanfragen erklärte. Er hätte sich inhaltliche Änderungen gewünscht, die aber nicht einfließen konnten. Entscheidungsgrundlage für den Gemeinderat seien die Ausführungen, die das Amt für Stadtentwicklung erarbeitet und eng mit OB Just abgestimmt habe.
Am Dienstag schob Fetzner in einer E-Mail an die RNZ ein bemerkenswertes Statement nach: "Bei der jetzigen Entscheidung über die Wiederaufnahme des Bebauungsplanverfahrens Hintere Mult wird es in der Politik nur Verlierer geben. Die Stadträtinnen und Stadträte werden je nach ihrem Abstimmungsverhalten als Klima- oder als Wirtschaftsfeinde dastehen. Ich wünsche mir, dass eine Kompromisslösung gefunden wird, die aus Verlierern Gewinner macht und die Spaltung unserer Stadtgesellschaft verhindert. Denn ich glaube, wir brauchen beides: Landwirtschaft und Gewerbe. Um das zu erreichen, muss es eine Lösung unter Berücksichtigung aller Belange geben."
Es ist nicht der einzige kontroverse Punkt: So entscheiden die Stadträte, ob die Verwaltung in die vertiefte Prüfung von einkommensabhängigen Gebühren bei der Kinderbetreuung einsteigt – mit der Option, diese 2024 einzuführen. Der Kinder- und Jugendbeirat hat dafür plädiert. Diskussionen könnte es auch beim Thema Einzelhandel geben. Der Gemeinderat soll eine Priorisierung von Maßnahmen aus den im September verabschiedeten Ergebnissen des Förderprogramms "Innenstadtberater" vornehmen. Handelsvertreter werben dafür, einen "Innenstadtkümmerer" einzustellen. Der zählt aber nicht zu den ersten Maßnahmen, die die Verwaltung vorschlägt. Diese will unter anderem Angebote wie die "Weinheim-Card" oder "Weinheim-Gutscheine" wiederbeleben.