Schafft Hoeneß den Klimawandel?
Trainer Hoeneß muss die Vorbereitung den Minusgraden anpassen - Ein Sieg beim BVB soll den Umschwung einleiten
Von Nikolas Beck
Zuzenhausen. Eiszeit in Hoffenheim. Selten war der Weg zur Arbeit für Sebastian Hoeneß so ungemütlich wie am Donnerstag-Vormittag. "Als ich heute hierhergefahren bin, hatte es minus 12 Grad", berichtet der Trainer der TSG Hoffenheim, der die Vorbereitung auf die Partie am Samstag bei Borussia Dortmund (15.30 Uhr/Sky) den klimatischen Gegebenheiten anpassen muss. "Man trainiert einen Tick später am Tag, weil auch die Rasenheizung mit den aktuellen Temperaturen zu kämpfen hat", erklärte der 38-Jährige. Darüber hinaus gelte es, längere Standzeiten zu vermeiden. Gerade beim Üben von Standardsituationen benötige es daher ein bisschen mehr Kreativität als üblich.
Frostig, um es mal vorsichtig auszudrücken, ist bekanntlich auch das Verhältnis zwischen den Klubs, die sich nun gegenüberstehen. Dass die im schwarz-gelben Westfalenland ungeliebten Hoffenheimer nun erneut im menschenleeren Stimmungstempel antreten, statt gegen knapp 80.000 Borussen anzukämpfen, freut Hoeneß trotzdem nicht. "Gerade in Dortmund herrscht eine besondere Atmosphäre, solange alles sportlich und fair bleibt, gibt es doch nichts Schöneres, als Fans im Stadion zu haben."
Die Dauerkritik einiger BVB-Fans am Konstrukt der TSG und an Mehrheitseigner Dietmar Hopp, die teilweise ein gerichtliches Nachspiel hatte, könne Hoeneß nicht nachvollziehen. Vielmehr stelle der Dorfklub, immerhin bereits seit 2008 in der Bundesliga, "eine Bereicherung in vielerlei Hinsicht dar", so Hoeneß: "Hier ging es immer um Fußball, darum, mit jungen Spielern nah an der Region etwas zu entwickeln, mit einem Gesellschafter, der hier eng verwurzelt ist." Kurzum: "Ich denke, dass wir eher für ein sehr positives Beispiel stehen."
Sportlich allerdings wurden in dieser Spielzeit – zumindest in der Liga – nur ganz selten positive Schlagzeilen geschrieben. Für den BVB gilt das gleichermaßen: Klammert man den FC Schalke aus, duellieren sich wahrscheinlich die beiden Mannschaften, die den eigenen Ansprüchen bislang am weitesten hinterherhinken. Auch die Dortmunder sind gehörig unter Zugzwang. Der Vizemeister steht nur auf Rang sechs, hat bereits vier Punkte Rückstand auf Platz vier. Ein Verpassen der Champions League wäre für den BVB eine mittelschwere Katastrophe. Dennoch sieht Hoeneß überhaupt keinen Grund, den Revierklub zu unterschätzen. Im Gegenteil: "Wenn man sie lässt, sind sie in der Lage, unfassbar zu spielen", schwärmt der TSG-Coach von der individuellen Klasse und der spielerischen Komponente des BVB.
Die Borussia-Baustellen sind freilich auch Hoeneß nicht entgangen: "Sie schaffen es aktuell nicht, ihre Leistung über längere Strecken auf den Platz zu bekommen und die Effektivität reicht nicht, um die Punkte zu holen, die sie gerne hätten." Fast hätte man meinen können, Hoeneß spreche über die eigenen Schützlinge. Auch sein Team benötigt bekanntlich zu oft zu viele Chancen für einen Treffer – und schafft es bislang immer nur phasenweise zu überzeugen.
Die Dortmunder, die sich mit "Hoffe" traditionell eher schwertun, seien trotz allem "definitiv in den Top drei der Liga anzusiedeln." Daher will Hoeneß die eigenen Probleme auch nicht mit jenen Vergleichen, die zunächst Lucien Favre und inzwischen Edin Terzic Kopfzerbrechen bereitet haben: "Die Gründe sind differenzierter zu betrachten."
Gemeinsam haben beide dagegen, dass sie beinahe zum Siegen verdammt sind. Auch Hoffenheim, auf Rang zwölf nur noch fünf Punkte von einem Relegationsplatz entfernt, benötigt dringend einen Erfolg, um den "Klimaumschwung" einzuleiten. Ansonsten wird es rund ums Trainingszentrum in Zuzenhausen noch ungemütlicher.
Unabhängig von den Temperaturen.