Sebastian Hoeneß noch im Bayern-Outfit, doch das Logo seines neuen Arbeitgebers lässt schon grüßen. Foto: Imago
Von Nikolas Beck
Heidelberg. Am Vormittag des 9. Juni war alles ganz schnell gegangen. Die ersten Bewerbungen erreichten die TSG Hoffenheim bereits eine Viertelstunde nachdem die Trennung von Alfred Schreuder bekannt geworden war. Zwei Wochen später waren es schon ein paar Dutzend Interessenten, die sich bei Alexander Rosen gemeldet hatten. Und doch ließ sich der TSG-Sportdirektor anderthalb Monate Zeit bei der Suche. Wann sich Sebastian Hoeneß unter die Kandidaten mischte, ist nicht bekannt. Am Montag jedenfalls bestätigte "Hoffe", was sich bereits in der vergangenen Woche abgezeichnet hatte: Im 38 Jahre alten Hoeneß hat die TSG ihren neuen Cheftrainer gefunden und mit einem Vertrag bis 2023 ausgestattet.
"Wir stehen schon seit längerer Zeit in Kontakt, da uns seine Arbeit imponiert und seine Auffassung von Fußball hervorragend zur Philosophie und Strategie der TSG passt", sagt Rosen.
Der neue Coach konkretisiert: "Offensiv, mutig, flexibel und immer aktiv" sei seine Idee von Fußball. Und die hat er offenbar schon früh entwickelt. "Das erste Wort, das er als Kind gesagt hat, war: Ball", plauderte sein Vater gestern aus.
Hoeneß ist der Sohn des ehemaligen Nationalspielers Dieter Hoeneß und Neffe des Bayern-Machers Uli. "Natürlich holt er sich ab und zu Rat", berichtet der Vater, der einräumt: "Er hat mit dem Namen eine zusätzliche Hürde, die er überwinden muss." Dies kenne sein Sprössling aber bereits seit 38 Jahren, "insofern ist das nichts Neues für ihn. Damit muss er leben, trotzdem geht er seinen eigenen Weg und er macht das sehr, sehr gut."
So groß die Strahlkraft des Nachnamens, so gering ist der Erfahrungsschatz. Erst im vergangenen Sommer hatte Hoeneß mit der Reserve von Bayern München eine Männermannschaft übernommen. Auf Anhieb führte er den Aufsteiger zur Drittligameisterschaft.
Ob dies nun vor allem an einem außergewöhnlich guten Kader der Münchner lag oder am herausragenden Coaching? Darüber zu spekulieren hat ein bisschen was von der Frage nach der Henne und dem Ei. Für Alexander Rosen steht jedenfalls fest: "Sebastian hat eindrucksvoll bewiesen, junge Spieler zu einer leistungsstarken Einheit formen und individuell weiterentwickeln zu können." Die Auszeichnung zum "Trainer des Jahres" in Liga drei gab’s obendrauf.
Aus dem offensiven Mittelfeld-Lenker, der 2006/2007 achtmal das TSG-Trikot in Regional- und Oberliga trug, ist als Trainer ein Offensivdenker geworden. 76 Tore erzielten Top-Stürmer Kwasi Wriedt (24) und Kollegen. Weniger meisterlich waren dagegen die 60 Gegentreffer, die Bayerns Talente kassierten. Allerdings: In der zweiten Halbserie war es im Schnitt nur noch einer pro Partie. "Er hat einen offensiven Ansatz gewählt, der nicht nur attraktiv, sondern auch außerordentlich erfolgreich war", weiß Rosen. Bei vielen Themen sei man "absolut deckungsgleich". Außerdem freue sich der TSG-Sportdirektor "auf die Zusammenarbeit mit einem richtig starken Typen, der wunderbar zu unserem Trainer- und Funktionsteam passt".
Apropos: Hoeneß bringt als Co-Trainer David Krecidlo (36) mit, der seit 2017 sein Assistent ist. Auch die bisherigen Co-Trainer Matthias Kaltenbach, Michael Rechner und Timo Gross bleiben an Bord. Marcel Rapp (U19) und Kai Herdling (U17), die mitgeholfen hatten, "Hoffe" im Schlussspurt auf Rang sechs zu führen, gehen wieder ihren Aufgaben in der TSG-Talentschmiede nach.
"Die Arbeit bei der TSG Hoffenheim ist eine große Herausforderung, auf die ich mich enorm freue", sagt Hoeneß. Und die beginnt für ihn mit Leistungstests am 2. August im Trainingszentrum in Zuzenhausen.