1899 Hoffenheim

Dem goldenen Herbst folgt ein karger Winter

Auch nach der vierten Heimpleite der Saison will man in Hoffenheim nicht von einer Krise reden

15.12.2019 UPDATE: 16.12.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 31 Sekunden
Nicht zu fassen: Christoph Baumgartner und die TSG Hoffenheim warten seit vier Spielen auf einen Sieg. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Sinsheim. Alfred Schreuder legte die Stirn in Falten, widersprach vehement einem Fragesteller und vergaß im Eifer des Gefechts die obligatorische Gratulation an seinen Trainerkollegen. Sichtlich verstimmt saß der Niederländer auf dem Podium, als er während der Pressekonferenz am späten Freitagabend die 2:4-Niederlage gegen Augsburg erklären sollte.

Denn wie schon gegen RB Leipzig in der Vorwoche hatte der Hoffenheimer Trainer auch gegen den FCA viel Gutes ausgemacht, er sprach sogar von "einem unserer besten Heimspiele der Saison", von großer Dominanz, wies auf die beeindruckende Ballbesitz- und Chancenverteilung zugunsten seiner Elf hin – und damit hatte der Niederländer nicht einmal Unrecht. Alleine: Fußball ist und bleibt ein Ergebnissport. Und unterm Strich standen wieder null Punkte.

Hoffenheims vierte Heimpleite der Saison war bereits das vierte sieglose Spiel in Serie (drei Niederlagen, ein Remis). Dem goldenen Herbst folgte ein bislang äußerst karger Winter. Von den Rängen hagelte es einmal mehr Pfiffe für den Dorfklub. "Wir wollen euch kämpfen sehen", wurde gar skandiert. Steckt die TSG kurz vor Weihnachten in einer handfesten Krise?

Alexander Rosen widerspricht. Eine vermeintlich aufkommende Unruhe im TSG-Umfeld lächelt Hoffenheims Manager im Gespräch mit der RNZ am Sonntagvormittag einfach weg. "Die Frage ist ja, wie es intern aussieht – und da ist es bei uns wie fast immer: ruhig und fokussiert", sagt Rosen und verweist auf die nackten Zahlen: 21 Punkte nach 15 Spielen, vier Zähler Rückstand auf die Europapokal-Plätze, neun Vorsprung auf die Abstiegsränge. Rosen: "Wir stehen aktuell auf einem stabilen Mittelfeldplatz in Schlagdistanz nach oben – das entspricht ziemlich genau dem Gezeigten bisher."

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Es ist der doppelte Fluch der guten Tat, der dem Dorfklub gerade zu schaffen macht. Rang vier 2017 und drei 2018 hatten eine (zu) hohe Erwartungshaltung zur Folge, die sechs Pflichtspielsiege hintereinander den Irrglauben geschürt, den großen Umbruch und personellen Aderlass im Sommer bereits gemeistert zu haben. "Zuletzt fehlte die oftmals spielentscheidende, letzte Konsequenz in beiden Strafräumen", analysiert Rosen, der gegen Augsburg "eine sehr engagierte Mannschaft" gesehen habe.

Schreuder hofft auf Verstärkung

Im Angriff den Ball über die Linie drücken, in der Verteidigung die individuellen Fehler abstellen – es könnte so einfach sein. "Wir waren die bessere Mannschaft, haben super Fußball gespielt, den Ball gut laufen lassen", schüttelte Sebastian Rudy in den Arena-Katakomben den Kopf, "aber eben vier Fehler gemacht, vier Tore bekommen und unsere Vielzahl von Chancen nicht genutzt – darauf kommt es am Ende an."

Während sich Schreuder in der Defensive den Luxus leistete, die beiden wiedergenesenen Stamm-Verteidiger Benjamin Hübner und Kevin Vogt auf der Bank zu lassen, sieht der 47-Jährige an vorderster Front Handlungsbedarf. "Da vorne brauchen wir noch ein bisschen Qualität", hofft der "Hoffe"-Coach auf "ein, zwei neue Spieler" im Wintertransferfenster. "Das ist mein Fazit bis jetzt: Wir kommen oft in gute Positionen, treffen dann aber keine guten Entscheidungen."

Fehlt also vor allem einer wie Ishak Belfodil, Alfred Schreuder? "Oder Joelinton ...", antwortete der TSG-Trainer mit einem Augenzwinkern, das ein bisschen was von der berühmten guten Miene zum bösen Spiel hatte. Denn dass der Algerier Belfodil, in der vergangenen Saison 16 Mal erfolgreich, aufgrund seiner Kreuzbandverletzung doch operiert werden musste und voraussichtlich erst zur neuen Spielzeit wieder zur Verfügung steht, war im Juli noch nicht absehbar, als man das 40-Millionen-Angebot aus Newcastle für den Brasilianer Joelinton annahm. "Wir haben konkrete Ideen im Kopf, um eventuell auf den langfristigen Ausfall von Ishak zu reagieren", bestätigt Rosen der RNZ, dass man sich mit Verstärkungen für die Offensive beschäftigt: "Wenn Qualität, Charakter und Preis stimmen, sind wir handlungsfähig."

Gegen Augsburg war es ausgerechnet Robert Skov, der einen Treffer selbst erzielte, das zweite Tor von Jürgen Locadia vorbereitete und generell die meiste Gefahr ausstrahlte. Den Neuzugang, als Rechtsaußen und mit der Empfehlung von 30 Toren in 34 Spielen aus Kopenhagen geholt, hat Schreuder aber inzwischen zum Linksverteidiger umfunktioniert. Kann etwas, das im Oktober als Schachzug gefeiert wurde, im Dezember eine Fehlentscheidung sein? Fakt ist: Mit Siegen am morgigen Dienstag bei Aufsteiger Union Berlin und am Freitag daheim gegen Dortmund hätte Alfred Schreuder auch dafür wieder bessere Argumente.

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