Sinsheim-Hoffenheim

Der Fußball-Botschafter aus dem Kraichgau

Michael "Charly" Mildenberger hat die TSG 1899 Hoffenheim als Inklusions-Experte aus der Fanszene in Russland repräsentiert

28.02.2019 UPDATE: 01.03.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Michael "Charly" Mildenberger vor der Kulisse der russischen Hauptstadt; im Hintergrund das Spartak-Stadion. Foto: privat

Von Hans-Joachim Of

Sinsheim-Hoffenheim. Michael Mildenberger, den die meisten in der Fanszene der TSG 1899 Hoffenheim nur als als "Charly" kennen, staunte nicht schlecht: Kurz vor Weihnachten klingelte sein Telefon und er bekam das Angebot, bei einem Kongress des russischen Fußballverbands einen Vortrag zu halten. Im ersten Moment dachte er an einen "Aprilscherz im Dezember".

Die überraschende Anfrage sei über die von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und der Aktion Mensch geförderte Beratungsstelle "Kick in!" gekommen, die mit internationalen und vor allem inklusiven Fußball-Projekten in Kontakt steht. Kurz zuvor hatte die DFL-Stiftung ihren aktuellen Tätigkeitsbericht veröffentlicht, in dem Mildenberger und das Hoffenheimer "Team Barrierefrei" ausführlich als "beispielhafte Fanbetreuung mit Herz" vorgestellt wurde. Da lag es auf der Hand, ihn als Experten für den in Moskau stattfindenden Kongress vorzuschlagen. Ausrichter war das "Centre for Access to Football in Europe" (CAFE), eine Abteilung der UEFA, die sich um internationale Belange rund um Fußball-Fans mit Behinderungen aller Art kümmert: "Dort möchte man die Klubs und deren Mitarbeiter zu den Themen Inklusion und Barrierefreiheit sensibilisieren und die Stadien barrierefreier gestalten", erläutert Mildenberger, der jetzt mit zahlreichen Eindrücken aus Moskau in die Heimat zurück kehrte.

CAFE-Projektleiter Jochen Kemmer und seine russische Kollegin Elena Popava vom bekannten Verein ZSKA Moskau hatten in der Vergangenheit bereits vom integrativen Fanklub der TSG 1899 gehört und freuten sich über die Zusage von dessen Vorsitzenden, nach Moskau zu fliegen und seinen dortigen Mitstreitern Rede und Antwort zu stehen: "Gemeinsam mit Jochen Kemmer habe ich eine Präsentation auf Englisch gestaltet, in der die Erfahrungen aus zehn Jahren Fanklub, Behinderten-Fanbetreuung und Inklusionsfußball vorgestellt wurden", berichtet Mildenberger.

Im Pressezentrum des Spartak-Stadions, das im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 globale Bekanntheit erlangt hat, seien dann Vertreter aus den ersten drei russischen Fußball-Ligen eingetroffen, um sich zwei Tage lang fachlich und konstruktiv auszutauschen. "Vor allem die durch die Fußball-WM veränderten Strukturen galt es zu evaluieren und die Weiterentwicklung gemeinsam zu koordinieren", schildert der Kraichgauer: Praktische Elemente waren Simulationen zum Thema Blindenreportage - wie sie auch in der Arena in Sinsheim praktiziert werden - sowie die Ordnerschulung für Fans mit besonderem Betreuungsbedarf. Vorträge über inklusive Aktionen von Alekasandr Sergeev vom Verein Spartak Moskau und Alina Novozhilova von Zenith Sankt Petersburg bildeten den theoretischen Teil. Mit Spannung sei die Präsentation des aus Deutschland angereisten Kollegen erwartet worden, der mit seinem Bericht über die TSG 1899 Hoffenheim bei den rund 50 Tagesgästen sowie einem Dolmetscher für manches Erstaunen sorgte.

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Stationen wie der rasante Aufstieg der TSG in die Bundesliga, die Herbstmeisterschaft 2008, die erstmalige Champions League-Teilnahme des Klubs aus der 3000-Seelen-Gemeinde Hoffenheim sowie die Organisationsstruktur der Behinderten-Fanbetreuung ernteten ebenso Applaus wie die mitgebrachten Autogrammkarten aus Graspapier, die das neue Nachhaltigkeitskonzept von "Pre Zero", dem neuen Namensgeber der Arena in Sinsheim, aufzeigten. Anerkennung erhielt Charly Mildenberger auch für sein Engagement im Behindertenfußball und in Inklusionsprojekten sowie die kürzlich gewonnene Wahl seines Fanklub-Kollegen und zweiten Vorsitzenden Philipp Nunninger zum "Sporthelden 2018". Vor allem der Integrative Fanklub war beim anschließenden TV-Interview ein großes Gesprächsthema.

"Der Tausch diverser Schals und Fan-Utensilien könnte eine russische Fanfreundschaft nach sich ziehen", freut sich Charly Mildenberger, der von einem nachhaltigen Erlebnis spricht. Und wer weiß: Vielleicht verschlägt es den 1899-Fanklub bei einem nächsten europäischen Wettbewerb einmal in östliche Gefilde und man wird irgendwo in dem riesigen Land mit den typischen blau-weißen Schals der TSG 1899 Hoffenheim empfangen.

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