1899 Hoffenheim

Ein Spiegelbild der Saison

Beim 1:1 gegen Mainz werden erneut zu viele Chancen liegen gelassen und  einmal entscheidend gepatzt

23.12.2018 UPDATE: 24.12.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden
Mittendrin im Getümmel: Doch Hoffenheims Ishak Belfodil (m.) muss mit ansehen, wie der Ball nur den Pfosten des Mainzer Tores streift. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Wenn die treuen Anhänger der TSG 1899 Hoffenheim zu diesem Weihnachtsfest zwei Wünsche frei hätten, dann wohl diese: Eine bessere Chancenverwertung und weniger krasse Abwehrfehler. Was "Hoffe" zu einer Topmannschaft im bisherigen Saisonverlauf fehlt, ist und bleibt eine vernünftige Balance. So gesehen spiegelte sich beim 1:1 (1:1) am Sonntagabend zwischen der Kraichgau-Elf und dem FSV Mainz 05 alles wider, was sowohl im Ligabetrieb als auch im Bonusgeschäft der Champions League in steter Regelmäßigkeit zu registrieren war. "Ein Abbild unserer Vorrunde - viel Investition, wenig Ertrag", resümierte TSG-Cheftrainer Julian Nagelsmann die vergangenen knapp vier Monate treffend.

TSG-Trainer Julian Nagelsmann brüllte sich gestern Abend am Spielfeldrand die Seele aus dem Leib, doch für einen Sieg reichte es wieder nicht. Foto: APF

Dem 31-jährigen Fußballlehrer stand der Frust ins Gesicht geschrieben. Nicht genug, dass der Oberbayer einen Kratzer auf der rechten Wange abbekommen hatte, der unterdessen nichts mit dem letzten Bundesliga-Spiel des Jahres 2018 zu tun haben sollte. Nagelsmann tobte vielmehr mit Sohnemännchen Maximilian auf dem heimischen Sofa herum. "Wir haben Bergrettung gespielt", berichtete er. Wesentlich schmerzhafter für Hoffenheim dürften die zahlreichen kleinen und größeren Schrammen sein, die den Dorfverein in insgesamt 25 Pflichteinsätzen in der Bundesliga, Königsklasse und im DFB-Pokal begleiten.

"Demütig betrachtet, fehlen uns neun Punkte", analysierte Nagelsmann messerscharf die absolvierten 17 Spieltage im deutschen Oberhaus, "weniger demütig betrachtet, sind es sogar zwölf oder 13 Punkte." Theoretisch könnte die Mannschaft also auf Rang drei überwintern, hinter dem überragenden BVB und den zwischenzeitlich heftig ins Trudeln geratenen Kovac-Bayern …

Die Realität ist freilich eine andere. Die "Nagelsmänner" stehen wie in der vorherigen Spielzeit nach der Hälfte auf Rang sieben im Tableau, haben ein Pünktchen weniger auf dem Konto und treten ergebnistechnisch auf der Stelle. Ist das Glas demnach halb voll oder eher halb leer? Dies wiederum ist eine Frage des Betrachtungswinkels. Einerseits sind die Hoffenheimer seit zehn Ligapartien ungeschlagen, andererseits haben sie mit dem Remis gegen die Rheinhessen das sechste Unterschieden hintereinander erzielt, was gleichzeitig einen fragwürdigen Vereinsrekord bedeutet.

Auch interessant
Nach zahlreichen Chancen: Hoffe beschenkt seine Fans nicht (plus Fotogalerie)
1899 Hoffenheim: "Die spielen doch immer unentschieden"
1899 Hoffenheim: Vertrag mit Nationalspieler Schulz bis 2021 verlängert
1899 Hoffenheim: Sturmflut an der Weser überstanden
Hintergrund

Einzelkritik

Baumann: Kaum gefordert und doch geschlagen. Kein Spiel für einen Keeper.

Posch: Gefühlvoller Heber auf Zuber vor Demirbays 1:0. Unglücklich beim 1:1.

Vogt: Aufmerksam beim

[+] Lesen Sie mehr

Einzelkritik

Baumann: Kaum gefordert und doch geschlagen. Kein Spiel für einen Keeper.

Posch: Gefühlvoller Heber auf Zuber vor Demirbays 1:0. Unglücklich beim 1:1.

Vogt: Aufmerksam beim Comeback. Den Freistoß vor Matetas Ausgleich muss er aber besser klären.

Hübner: Ruhig und besinnlich kennt Hübner auf dem Rasen auch vor Weihnachten nicht. Verlor keinen Zweikampf. Stand vor dem Gegentreffer aber Vogt im Weg.

Brenet: War früher mal Stürmer. Engagiert, vor allem nach vorne.

Schulz: Brachte nicht ganz so viel Dampf auf den Rasen. Dem Nationalspieler wird die Pause gut tun.

Grillitsch: Ordnende Hand.

Demirbay: Spielmacher mit Torgefahr. Schöne Drehung beim 1:0. Später Pech, dass Brosinski seinen Versuch klärte.

Grifo: Nagelsmann zog bereits eine Hinrundenbilanz für den Italiener: Nicht rosig. Sein Auftritt passte ins Bild. Im Zentrum nach der Pause besser.

Zuber: Zuber und die Latte: Wieder mal Pech bei seinem Hammer ans Aluminium. Starkes Spiel in offensiver Rolle.

Belfodil: Sturmspitze mit guten Ansätzen, aber zu wenig Durchschlagskraft.

Szalai: Sollte den Siegtreffer erzwingen, das misslang.

Kaderabek: Übernahm seine angestammte rechte Seite von Brenet.

Nelson: Wieder mal Joker, konnte sich aber nicht mehr in Szene setzen. nb

[-] Weniger anzeigen

Die Stimmungslage fiel am Tag vor Heiligabend und der zweiwöchigen Winterpause eher bescheiden aus. "Es ist halt nervig, dass wir wieder nicht gewonnen haben", sagte Innenverteidiger Stefan Posch trocken, "es wäre viel mehr drin gewesen als wir jetzt haben. Damit können wir nicht zufrieden sein." Drastischer drückte sich Mittelfeldregisseur Kerem Demirbay aus. Der Edeltechniker ungewohnt rustikal in seinem Statement, das tief blicken lässt: "Es ist Wahnsinn, was wir investieren. Wir müssen uns belohnen. Unentschieden - das geht mir ehrlicherweise auch auf den Sack."

Dabei begann "Hoffe" in der Rhein-Neckar-Arena verheißungsvoll. Trotz sieben Veränderungen in der Anfangsformation gegenüber dem glücklichen 1:1 bei Werder Bremen dominierten die Hausherren eindeutig das Geschehen. Die 1:0-Führung vom Demirbay (11.) entsprang einer wunderbaren Kombination, ausgehend von "Ösi" Posch über den Schweizer Steven Zuber, der intelligent für den TSG-Zehner auflegte.

Fatalerweise kassierte 1899 nahezu postwendend den Ausgleich. Eine verunglückte Kopfballabwehr von Kapitän Kevin Vogt verwertete der junge Franzose Jean-Philippe Mateta (16.) wild entschlossen zum 1:1. Während es in der ersten Halbzeit hoch und runter ging und das Publikum ein tatsächlich höchst unterhaltsames, abwechslungsreiches Spiel von beiden Teams geboten bekam, wurde es nach dem Kabinengang kontrollierte. Und noch eindeutiger, da sich ausschließlich die "Nagelsmänner" Gelegenheiten erspielten. "Hoffenheim besaß ein klares Übergewicht", räumte FSV-Trainer Sandro Schwarz ein, "wir mussten leidenschaftlich verteidigen."

Vier Aluminiumtreffer - Zuber (28.), Hübner (36.), Belfodil (70.) und Grifo (90.+2) - verbuchte die TSG, summa summarum 28 Torschüsse und 67 Prozent Ballbesitz reichten nicht, um die Mainzer zum Jahresausklang zu bezwingen. "Das Toreschießen", konstatierte Nagelsmann und nahm damit sein komplettes Kollektiv vor dem offiziellen Trainingsstart am siebten Januar im Hinblick auf die Rückrunde in die Verantwortung, "dürfen gerne alle - mit Ausnahme von Torwart Oliver Baumann - übernehmen."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.