"Parkour" ist für Jens Rößler auch eine Lebensphilosophie

Jens Rößler gehörte zu den Ersten: Seit gut acht Jahren betreibt der 27-Jährige "Parkour"

18.03.2015 UPDATE: 19.03.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden

Jens Rößler. Foto: Rothe

Von Sebastian Riemer

Jens Rößler war einer der Ersten, die "Parkour" in die Region brachten. Das war vor acht Jahren, kurz nach seinem Abi. Inzwischen promoviert der 27-Jährige am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Beim Parkour ist er geblieben - und es ist für ihn weit mehr als ein Hobby. Bei der Heidelberger Parkour-Gruppe "Flying Monkeys" ist er Trainer.

Hintergrund

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Heidelberg: Neben Boxberg und Emmertsgrund eignen sich auch Plätze in Bergheim, Handschuhsheim oder Kirchheim zum Trainieren. In Bergheim gibt es am Alten Hallenbad Mauern und Geländer, die nach Ladenschluss angesteuert werden sollten. In Kirchheim bietet sich der Hof der Geschwister-Scholl-Schule an. In Handschuhsheim findet im Langgewann die wöchentliche "Hell Night"-Krafttraining der "Flying Monkeys" statt.

In der Region: In Mannheim eignet sich das Areal rund um die Reiss-Engelhorn-Museen. "Dort steht etwa ein Brunnen, der nicht mehr bewässert ist", sagt Jens. Auch die Mensa der Universität am Mannheimer Schloss eignet sich.

Trainingszeiten der "Flying Monkeys" in Heidelberg:
Montags, 20-22 Uhr: Sporthalle, Internationale Gesamtschule
Dienstags, 19-21 Uhr: Schwetzinger Terrasse, Bahnstadt
Donnerstags, 18-20 Uhr: "Hellnight" im Langgewann
Freitags, 16-18 Uhr: Haus der Jugend, Römerstraße 87
Samstags, 13-17 Uhr: Wilckensschule, Voßstraße 9 (ab 15 Uhr für Ältere)

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Jens, wie kamst Du zum Parkour?

Im Sommer 2006 habe ich etwas darüber im Fernsehen gesehen. Dann habe ich mich hier umgehört und es gab in der ganzen Region genau eine Person, die Parkour gemacht hat: Katharina, die heute auch bei den "Flying Monkeys" dabei ist. Ich probierte es und war fasziniert.

Was magst Du an dem Sport?

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Ich kann mir mein Training komplett frei einteilen. Und das Prinzip ist so schön simpel: Es gibt ein Hindernis, ich muss es überwinden. Eine Herausforderung, für die ich eine Lösung finden muss. Habe ich sie gefunden, ist das jedes Mal aufs Neue ein toller Erfolgsmoment.

Was braucht man für Parkour?

Eigentlich nichts, keine Hilfsmittel, das macht den Reiz aus.

Gibt es Gelände, die sich besser eignen als andere?

Die Antwort auf diese Frage ändert sich mit der Zeit. Für Anfänger ist es hilfreich, wenn man Mauern oder Geländer hat, wie man sie auf Schulhöfen oft findet. Aber je weiter man ist, desto weniger braucht man. Ich kann eine Stunde lang an einer Bordsteinkante trainieren.

Was machst Du dann da eine Stunde lang an der Bordsteinkante?

Ich springe von der Straße auf die Bordsteinkante und versuche präzise zu landen. Ich springe von der Kante auf die Straße mit einer Rolle. Ich springe mit halber und mit ganzer Drehung auf die Kante. Ich versuche, auf den Händen zu landen. Solche Sachen.

Wo kann man in Heidelberg besonders gut Parkour machen?

Im Emmertsgrund und auf dem Boxberg. Da die beiden Stadtteile in den 60ern und 70ern am Reißbrett geplant wurden, stehen da heute viele Mauern, die keinen richtigen Zweck mehr haben. Das ist für uns Traceure ein Paradies.

Wie oft trainierst Du?

Wenn es klappt, fünf Mal die Woche. Bin ich alleine unterwegs, trainiere ich ein oder zwei Stunden. Aber im Team mit anderen geht man von Ort zu Ort, tauscht sich aus, gibt Tipps - da kann das auch mal vier bis fünf Stunden gehen.

Geht Ihr auch in andere Städte zum Trainieren?

Ja, das gehört zum Lifestyle der Community dazu. Das ist anders als bei Fußballern: Platz ist Platz. Aber für uns ist jede Stadt eine neue Spielwiese. Der berühmteste Trainingsort in Deutschland ist die "Rote Stadt" im Olympiadorf in München. Und einmal im Jahr fahren wir für drei Tage zum Zelten in einen Wald bei Paris: nach Fontainebleau. Das ist ein Gebiet ähnlich dem Felsenmeer im Odenwald - nur größer. Perfekt für Parkour.

Was ist der Unterschied zwischen Parkour und Freerunning?

Freerunning ist die Kunst der Fortbewegung, da gibt es etwa Salti und Drehungen. Beim Parkour geht es quasi um die Flucht. Die Aufgabe ist, so schnell wie möglich wegzukommen. Und dafür ist es wichtig, so effizient wie möglich Hindernisse überwinden zu können.

Messt Ihr euch in Wettbewerben?

"Lifestyle-Firmen" wie Red Bull sehen da das große Geld und machen so was. Aber das widerspricht eigentlich dem Parkour-Gedanken. Denn richtig oder falsch gibt es nicht. Jeder spielt in seiner eigenen Liga - und überwindet das Hindernis auf seine eigene Weise.

Das Hindernis ist das Problem und Du musst - und wirst - eine Lösung finden. Ist das für Dich auch so etwas wie eine Lebensphilosophie?

Parkour hat auf jeden Fall viele Nebeneffekte: Die ständigen Erfolgserlebnisse sind super fürs Selbstbewusstsein. Und man lernt, ganz anders mit Hindernissen im Leben umzugehen. Man bekommt automatisch eine bestimmte Mentalität. Etwa so: "Hier ist ein Problem und ich weiß, wenn ich daran arbeite, kann ich es aus dem Weg räumen." Zudem gibt Parkour einem eine gewisse innere Ruhe, denn man weiß: Sollte etwas passieren, bin ich bereit dafür.

Welchen Tipp würdest Du Anfängern geben?

Sucht euch eine Mauer oder ein Geländer und fangt an. Im Prinzip könnt ihr nichts falsch machen. Bei unseren Trainings geben wir am Anfang wenig vor. Jeder muss selbst experimentieren - und dann geben wir Tipps.

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