Heino Falcke sprach über „Das erste Bild eines Schwarzen Lochs“. Foto: Philipp Rothe
Von Heribert Vogt
Heidelberg. Da ist etwas ganz Großes im Universum im Gange, und man weiß eigentlich nicht was. Aber eines – fernen – Tages wird wohl auch Heidelberg darin verschwinden, wie der Astronom Heino Falcke bei seiner Akademievorlesung "Das erste Bild eines Schwarzen Lochs" in der voll besetzten Alten Aula am Ende ausführte. Der gebürtige Kölner ist Professor für Radioastronomie an der Radboud Universität in Nimwegen (Niederlande) und Vorsitzender des Wissenschaftsrates der Event Horizon Telescope Collaboration. Sie veröffentlichte am 10. April 2019 die erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs.
Akademiepräsident Thomas Holstein führte in das Thema ein: "Selten hat ein Bild der Wissenschaft in so kurzer Zeit eine solche Popularität, geradezu Weltruhm erreicht wie das Bild von dem Schwarzen Loch im Zentrum einer massereichen Galaxie im nahen Virgo-Galaxienhaufen. Dieses Schwarze Loch liegt 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt und hat eine Masse, die 6,5 Milliarden Mal größer ist als die Masse unserer Sonne. Mit diesem Bild scheint das Unmögliche möglich geworden zu sein: das heißt das Bild einer Struktur, aus der theoretisch kein Licht mehr entweichen kann."
Schwarze Löcher sind extreme Massenkonzentrationen mit einer so starken Anziehungskraft, dass nicht einmal Licht sie verlassen kann. Umgeben sind sie durch einen Ereignishorizont, eine Art virtuelle Einwegmembran. Durch diese ultimative Grenze können Materie, Licht und Informationen hinein, aber nie wieder herauskommen. Das ist Bestandteil der Relativitätstheorie, widerspricht jedoch den grundlegenden Prinzipien der Quantenphysik.
Heino Falcke stellte zunächst Sagittarius A, eine Quelle von Radiowellen, im Zentrum unserer Milchstraße vor, die in den 1970er Jahren entdeckt wurde. Es handelt sich um das zentrale Schwarze Loch unserer Galaxie, lediglich 26 500 Lichtjahre von der Erde entfernt. Es muss extrem viel Masse haben, nämlich 4,1 Millionen Mal die Masse der Sonne.
Schwarze Löcher entstehen etwa nach einer Supernova-Explosion. Dabei wird die Materie im Zentrum extrem zusammengedrückt. Und dieser Kollaps kann nicht aufhören, weil es keine bekannte Kraft im Universum gibt, die ihm widerstehen kann. Die rätselhafte Schwerkraft, die hier wirkt, ist stärker als jede andere Kraft, sodass ein Schwarzes Loch entsteht. Im Zentrum der Milchstraße sind jedoch Millionen Sterne konzentriert. Die auf sie folgenden Schwarzen Löcher können zu einem immer größer werdenden Schwarzen Loch verschmelzen, das sehr viel frisst.
Wenn etwa Licht in ein Schwarzes Loch fliegt, müsste es, um wieder herauszukommen, schneller als Licht fliegen, was unmöglich ist. Falcke: "Wir können nicht sehen, was darin geschieht, denn es kommen keine Informationen mehr nach draußen. Da existiert wirklich etwas im Weltall, aber es gibt keine Möglichkeit, das Innere davon jemals zu messen. Es ist fundamental abgeschnitten vom Rest des Universums."
Dennoch will man Schwarze Löcher und ihren Ereignishorizont sehen. Das Licht bewegt sich dort auf einer Kreisbahn. Und weil das Schwarze Loch von allen Seiten angestrahlt wird, kann man seinen "Schatten" erblicken. Bei der eingangs erwähnten gigantischen Radioquelle Virgo A im Zentralgebiet der Riesengalaxie M87 konnte dies gelingen. Dieses Schwarze Loch ist tausendmal weiter weg als das in unserer Milchstraße und tausendmal größer. Die Entfernung verglich Falcke mit der "Größe eines Senfkorns in New York, das man von hier aus anschaut".
Dieses Projekt, an dem 347 Wissenschaftler beteiligt waren, erfordert ein Teleskop in der Größe der Erde. Für die Abbildung wurden acht am Boden stehende Radio-Teleskope zu einer großen, den Globus umspannenden Anlage zusammengeschaltet, darunter zwei, bei denen die Europäische Südsternwarte in Chile ein wichtiger Partner war. Weitere Standorte waren in Mexiko, Arizona, Spanien und am Südpol. Gemessen hat man Schwingungen der jeweiligen Bilder, die dann zusammengesetzt wurden. Das erste Bild eines Schwarzen Lochs haben dann viereinhalb Milliarden Menschen gesehen, so Falcke.
Seither laufen Überprüfungen sowie Simulationen, es liegen auch schon Bestätigungen vor. Und in Zukunft sollen weitere Teleskope zugeschaltet werden, um die Verteilung der Standorte auf der Erde zu verbessern. Dazu soll auch der Gamsberg in Namibia beitragen, der sich im Besitz des Heidelberger Max-Planck-Instituts für Astronomie befindet. Es könnte dann aber auch einmal heißen: "Die Erde ist nicht genug". So könnten drei um die Erde kreisende Teleskope nahezu perfekte Bilder liefern, sodass auch alternative Theorien möglich werden. In einer noch langen Zukunft werden wohl Generationen von Doktoranden mit der Beobachtung der Schwarzen Löcher beschäftigt sein – spätestens bis uns eines zu nahe kommt.