Von Matthias Kros
Plankstadt. Max Spielmann hat vor zwei Jahren den Chefposten bei der Welde-Brauerei in Plankstadt übernommen. Für das Unternehmen sieht er in der Region noch viel Potenzial, auch beim Ausbau des Gastronomie-Geschäfts.
Herr Spielmann, die deutsche Brauwirtschaft fürchtet aufgrund der Corona-Pandemie um den Fortbestand zahlreicher Brauereien und fordert Hilfe vom Staat. Schließen Sie sich an?
Auf jeden Fall. Brauereien sind in mehrfacher Hinsicht von der Krise betroffen. Wir spüren nicht nur einen Einbruch unseres direkten Bierverkaufs, sondern sind ja auch eng mit dem Gastronomie verbunden. Brauereien zählen seit jeher zu den wichtigsten Finanzierern des Gastgewerbes.
Wie stark hat Welde die Krise getroffen?
In den Monaten des Lockdowns mit der geschlossenen Gastronomie hatten wir Absatzrückgänge von 30 bis 40 Prozent, beim Umsatz sah es ähnlich aus.
Im Handel wird aber doch mehr Bier gekauft. Lassen sich die Rückgänge in der Gastronomie nicht ausgleichen?
Das könnte man meinen. Und ja, der Absatz unseres Flaschenbiers ging wirklich nach oben. Das Problem ist aber, dass sich Flaschenbier ganz anders auf die Ertragsstruktur einer Brauerei auswirkt als Fassbier. Ein 30-Liter-Fass nehmen wir einmal in die Hand und füllen Bier ein. Umgerechnet sind das 90 Bierflaschen, die alle einzeln befüllt werden müssen. Hinzu kommen die höheren Materialkosten. Ich kann ein Minus im Fassbiergeschäft, dass ja zeitweise bei 100 Prozent lag, nicht so einfach kompensieren.
Wie haben Sie bei Welde reagiert?
Wir haben in bestimmten Bereichen Kurzarbeit, denn es gibt einfach weniger Arbeit. Die Gastronomie muss ja nicht beliefert werden. Außerdem haben wir die Prozesse vorübergehend angepasst und füllen nicht mehr jeden Tag ab.
Wie lang geht das noch gut?
Unser Problem ist die fehlende Planungssicherheit. Wir können nur auf Sicht fahren. Die Zeiträume zwischen den Maßnahmen werden immer kürzer. Wer weiß, was als Nächstes kommt? Andererseits schlagen wir uns bei Welde noch ganz gut, weil wir schon vor der Corona-Krise die Zusammenarbeit mit lokalen Getränkefachhändlern verstärkt haben. Außerdem können wir auf die ungebrochene Unterstützung der ganzen Belegschaft zählen.
Wie könnte die Hilfe für Brauerein aussehen?
Wir würden uns in Anlehnung an die Novemberhilfen auch Unterstützung für die Zulieferer der Gastronomie wünschen, die dann ebenfalls 75 Prozent des Umsatzes erstattet bekämen, den sie mit der Gastronomie machen.
Vieles verlagert sich gerade ins Digitale. Geht das auch bei einer Brauerei?
Natürlich haben auch wir uns Gedanken gemacht, wie wir den Kontakt zu unserem Endkunden halten können und bieten mittlerweile ein- bis zweimal im Monat digitale Bierproben an. Das wollen wir ausweiten und ab 2021 zum Beispiel um Bier- und Käse-Verkostungen ergänzen. Wir denken auch über virtuelle Brauereiführungen nach und verstärken unsere Social-Media-Präsenz. Das ist schon etwas positives.
Sie haben vor zwei Jahren die Führung der Brauerei von ihrem Vater übernommen. Teilen Sie sich die Aufgaben?
Mein Vater begleitet immer noch bestimmte Projekte, die er sich aussucht und wo auch sein Know-how sehr gefragt ist. Ich habe das operative Geschäft übernommen.
Klappt das in einem Vater-Sohn-Gespann?
Ich kann mich glücklich schätzen, einen Vater zu haben, der 40 Jahre Berufserfahrung hat. Natürlich müssen wir die Strukturen an neue Situation anpassen. Wir diskutieren die Dinge und sind manchmal auch unterschiedlicher Auffassung. Bisher haben wir aber immer Kompromisse gefunden.
Konnten Sie sich von Anfang an vorstellen, die Brauerei zu übernehmen?
Unsere Eltern haben meinem Bruder und mir immer die Möglichkeit gegeben zu machen, worauf wir Lust haben. Als mein Vater 60 Jahre alt wurde, hat er uns die Frage nach seiner Nachfolge gestellt. Wir fanden es damals noch zu früh. Beim Studium habe ich aber Lust an der Getränkebranche bekommen.
Stand auch ein Verkauf im Raum?
Nein, das stand bisher nicht zur Debatte. Vielleicht, wenn wir gesagt hätten, wir wollen nicht. So weit kam es ja nicht.
Worauf legen Sie besonderen Wert?
Für mich ist ganz wichtig, unserer Verantwortung in der Region gerecht werden. Ich will die Brauerei in eine nächste Generation führen. Es gibt verschiedene Rezepte, wie man dahin kommt.
Zum Beispiel?
Wir bauen uns gerade ein Gastronomie-Standbein auf. Den ersten Schritt haben wir mit unserem Brauhaus in Schwetzingen im vergangenen Jahr gewagt und den nächsten gehen wir 2021 mit der Eröffnung des "Grünen Baums" auf dem Schwetzinger Schlossplatz. Da sind wir noch in der Umbauphase.
Werden weitere folgen?
Das hängt davon ab, wie sich die bestehenden Objekte entwickeln.
Und der Biermarkt? Wird Welde bald auch außerhalb der Region getrunken?
Ich glaube, wir müssen gar nicht so weit schauen. Es gibt viel Potenzial in unserem Kernmarkt, also etwa 50 Kilometer um die Brauerei herum. Die Menschen legen ja wieder viel mehr Wert auf Produkte aus ihrer Region. Wir werden sicher auch exportieren, wenn es uns lohnend erscheint, aber das hat momentan keine Priorität.
Welde zählt im Supermarkt zu den teureren Marken. Bleiben Sie dabei?
Teuer würde ich nicht sagen, unser Bier ist seinem Preis wert. Wir achten sehr stark auf die Qualität unserer Zutaten und darauf, dass sie aus der Region stammen. Und wir geben dem Bier Zeit und lassen es mindestens fünf bis acht Wochen reifen.
Dann passt doch der Trend zu den aufwendigen Craft-Bieren in ihr Konzept.
Da ist die Probierzeit eigentlich schon wieder vorbei. Das war so vor zwei bis drei Jahren. Heute erleben wir eher eine Rückbesinnung auf deutsche Bierspezialitäten wie Helles, Rot-Biere oder Winterbiere.
Und Alkoholfreie...
Stimmt, das wurde früher vielleicht etwas stiefmütterlich betrachtet. Heute sehen es auch eingefleischte Brauer nicht mehr als Bier zweiter Klasse an. Auch wir überlegen, wie wir die alkoholfreien Sortimente weiter ausbauen können. Uns gehen die Ideen nicht aus.