Von Barbara Klauß
Walldorf. Etliche Veränderungen gab es in den zurückliegenden Jahren im SAP-Vorstand, nun dreht sich das Personalkarussell erneut: Der Softwarehersteller erweitert seinen bisher sechsköpfigen Vorstand und richtet ein neues Ressort mit dem Schwerpunkt Marketing ein, den die 47-jährige Julia White Anfang März übernimmt. Zudem verlässt die Irin Adaire Fox-Martin (57), bislang für die weltweiten Kundenbeziehungen zuständig, das Unternehmen zum Monatsende – auf eigenen Wunsch, wie SAP am Freitag mitgeteilt hat. Ihr folgt Anfang Februar der 47-jährige Australier Scott Russell, der 2010 von IBM zu SAP wechselte.
"Mit gemischten Gefühlen muss ich Euch mitteilen, dass Adaire Fox-Martin die persönliche Entscheidung getroffen hat, SAP zu verlassen", schrieb SAP-Chef Christian Klein am Freitag in einer Mail an die Mitarbeiter. "Du warst eine inspirierende und einfühlsame Führungskraft – Danke", erklärte er auch im Kurznachrichtendienst Twitter an Fox-Martin gerichtet. Viele Kollegen drückten dort ihr Bedauern aus. "Wir werden dich vermissen, Adaire", hieß es etwa.
Die Ernennung von White nannte Klein im "Handelsblatt" einen "sehr wichtigen Puzzlestein in der neuen Strategie". Die US-Amerikanerin habe mit ihrem Vorstandsbereich die Aufgabe, das Portfolio des Softwareherstellers gegenüber den Unternehmen besser darzustellen, besonders die Cloud-Lösungen: "Es geht darum, die Brücke von den Produkten zu Kunden zu schlagen, und deren Feedback wieder in die Entwicklung zu geben."
Seit seinem Amtsantritt im Oktober 2019 hatte Klein immer wieder betont, die Kundenzufriedenheit steigern zu wollen. Von SAP-Anwendern hatte es deutliche Kritik am SAP-Angebot gegeben, etwa wegen mangelnder Integration der verschiedenen Lösungen.
Julia White kommt wie die neue SAP-Personalchefin Sabine Bendiek, die ihren Posten am 1. Januar angetreten hat, von Microsoft und hat dort zuletzt das Produktmarketing für die Cloudsparte Azure geleitet. Der neue Vertriebschef Russell bringt mehr als 20 Jahre Erfahrung in diesem Bereich mit und soll die Vertriebs- und Servicestrategie von SAP weiterentwickeln und dabei den Kundenerfolg in den Vordergrund stellen.
Mit dem neuen Umbau gehen die zuletzt zahlreichen Veränderungen im SAP-Vorstand weiter. Ende 2019 hatte der langjährige Chef Bill McDermott den Konzern überraschend verlassen, danach gingen die langjährige Führungskraft Michael Kleinemeier und Personalchef Stefan Ries. Christian Kleins Co-Chefin Jennifer Morgan blieb nur ein halbes Jahr auf dem Posten. Zuletzt war Fox-Martin die einzige Nicht-Deutsche im Vorstand und bis zu Bendieks Start die einzige Frau.
Der Umbau des Vorstandes trifft SAP in schwierigen Zeiten. Die Corona-Pandemie und interne Umstrukturierungen machen dem Softwarekonzern zu schaffen. Im vergangenen Herbst musste das Management die Finanzziele für 2020 zum wiederholten Male kassieren und löste damit einen Kurssturz an der Börse aus.

Das abgelaufene Geschäftsjahr hat SAP dank eines ordentlichen Schlussquartals dennoch besser beendet als erwartet. Das geht aus dem vorläufigen Ergebnis für das vierte Quartal und das Gesamtjahr hervor, das der Dax-Konzern am Freitagabend überraschend veröffentlicht hat. Demnach gab es im vierten Quartal eine Verbesserung gegenüber dem Vorquartal, obwohl die Corona-Krise andauerte und in manchen Regionen das öffentliche und wirtschaftliche Leben erneut eingeschränkt wurde. Dazu beigetragen habe vor allem die Nachfrage nach Cloud-Lösungen, also Mietsoftware, die übers Internet zur Verfügung gestellt wird. Hier konnte SAP laut Mitteilung "einen eindrucksvollen Schlusspunkt für das Jahr" setzen. Dagegen ging der Verkauf von Softwarelizenzen deutlich zurück.
SAP geht davon aus, dass die Corona-Pandemie auch 2021 das Geschäft belasten wird. Zwar erwartet das Management, dass die Krise mit dem weltweiten Anlaufen der Impfprogramme langsam abklingen und sich die Nachfrage im zweiten Halbjahr 2021 allmählich verbessern wird. Dennoch rechnet Europas größter Softwarehersteller beim um Sonder- und Währungseffekte bereinigten Betriebsergebnis mit einem Minus – im Extremfall um bis zu 6 Prozent, mindestens aber um 1 Prozent. Eine Zielsetzungen zur weiteren Umsatzentwicklung oder zum Nettoergebnis 2021 gibt es zunächst nicht. Endgültige Zahlen zum Geschäftsjahr will SAP am 29. Januar vorlegen.
Scott Russell. Fotos: SAP